„Kann ich mit dir reden, Marie?", Frau Rehweg schaute mich fragend an. Ihr klebten ihre kurzen braunen Haare an der Stirn und ihre Sachen waren Schweiß durchtränkt. Machten wir Sport oder sie?
Ich nickte nur leicht und versuchte darauf zu achten, dass sie mich nicht berührte. Es widerte mich an, wenn Leute mich anfassten. Dabei war es egal ob es Fremde oder Bekannte sind. Die einzigen, die mich anfassen konnten ohne, dass ich mich ekelte waren mein Vater und Paul. Sie waren die einzigen, die ich wirklich mochte. Frau Rehweg lächelte mich schräg, aber dennoch nett an, nahm ihre Pfeife, die um ihren Hals an einem pinken Schlüsselband hing und pfiff so stark hinein, sodass ihre Wangen rot anliefen.
„Stellt euch dort vorne auf und durchquert nacheinander den Parkkur, los!", sie pfiff noch einmal und die Anderen stellte sich an der Matte an. Die ersten fingen schon an eine Vorwärts rolle zu machen, als Frau Rehweg mich vorsichtig zur Seite schob. Ich zog meinen Arm eng an meinem Körper und schaute den anderen zu. Jan winkte mir, als er merke, dass ich ihn beobachtete, ein übergroßes Grinsen breitete sich in seinem Gesicht aus und als er die Vorwärts-rolle machen sollte, plumpste er nur auf seinen Hintern. Ich musste mir ein Lächeln verkneifen. Ich konnte auch keine Vorwärts rolle.
„Setzt dich doch Marie", sie nahm die Trinkflaschen von den anderen herunter und stellte sie auf den Boden, bevor sie sich setzte. Ich blieb vor ihr stehen. Ich wollte mich nicht setzen, ich wollte stehen. So fühlte ich mich sicherer. Frau Rehweg schaute mich nur fragend an, bevor sie seufzte und ihre Beine über einander schlug.
„Geht es dir gut, Marie? Wie ist die Schule so? Anstrengend?", sie schaute mir geradewegs in die Augen, ich starrte zurück. Ich wusste auf was dieses Gespräch hinaus laufen würde.
„Ganz okay." Das war das einzige was ich zu diesen Fragen sagte.
„Wirklich? Na dann ist ja gut."
Peinlich berührt kappte sie den Augenkontakt und schaute hinter mich auf die anderen Kinder. Sie johlten und lachten, rollten sich oder machten Radschläge. Und ich musste hier stehen und Frau Rehweg zuhören.
„Wir turnen bald. Auch mit dem Barren werden wir ein paar Übungen machen und..."
Ich schloss meine Augen, ich wusste was jetzt kommen würde. Mein Arm würde eine Behinderung sein. Tut mir leid Marie, du kannst nicht weiter an Sportunterricht teilnehmen. Toll, danke, wirklich nett.
„...und am besten wäre es, wenn du vielleicht versuchen würdest mit zumachen, aber ich würde natürlich verstehen, wenn du nicht möchtest oder es nicht kannst. Es wird keines Wegs deine Sportnote beeinflussen."
Sie lächelte mich entschuldigend an, strich sich eine lose Strähne hinter das Ohr und wartete angespannt darauf, was ich jetzt sagen würde. Mein Mund war trocken und meine Gedanken überschlugen sich, mussten erstmals realisieren was sie da überhaupt gerade eben gesagt hatte. Frau Rehweg gab mir die Möglichkeit zu entscheiden. Ich durfte mitmachen, wenn ich wollte.
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'Bin Ich hübsch, Mama?'
Teen FictionIch bin als Monster geboren worden, werde als Monster weiter leben und auch als eines Sterben. Zwischendurch versuche Ich ein Mensch zu werden.