2000 - Teil 1

102 14 0
                                    

„What's all this talk about you dying young?

Gas station parking lots and plastic guns,

You tell me youth's fucked up, the kids are too,

People only grow up when they've got nothing better to do"

- Back To Life - Paradise Fears

Abgewetzte Poster, ein umgekippter Stuhl; mein Zimmer sah total verwüstet aus, dennoch fühlte ich mich sofort wieder wohl. Irgendwie hatte ich diesen kalten, blassen Raum, der mir sowohl unangenehme als auch wunderschöne Erinnerungen geschenkt hatte, vermisst. Leonard kam keuchend hinter mir rein und stellte meinen Koffer neben mir ab. Ich nickte ihn dankbar zu.

„Du willst wirklich hier bleiben, Mariechen?", fragte Tante Maja sanft und strich mir ein Haar aus dem Gesicht. Mein Lockenkopf konnte ich noch immer nicht so bändigen wie ich wollte.

„Ja", sagte ich und überlegte kurz, „Doch, ich glaube, dass ich das Richtige."

 Ich spürte wie Tante Maja ihr Seufzen unterdrückte, entschlossen nickte und sich zur Tür wand.

„Ich rede noch mit deiner Mutter", sagte sie und schob Leonard vor sich aus den Raum. Dann fiel die Tür zu und ich war alleine.

Wie oft war ich hier schon einsam gewesen? Wie oft hatte mich die Stille getröstet, mich von der Realität verbannt? Wie oft habe ich mich hier verletzt, wie oft saß ich einfach nur da und habe ins Leere gestarrt? Wie oft bin ich so wütend geworden, dass ich mein Zimmer verwüstet hatte? Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, es so verlassen zu haben.

Ich nickte resignierend, und fing an das Chaos ein klein wenig aufzuräumen. Mama war wieder hier und auch wenn sie mich nicht gebeten hat wieder hier bei ihr zu wohnen, wollte ich dieses Haus nicht verlassen. Dort am Spiegel, der jetzt eine Staubschicht hatte, stand ich Ostern, als Papa mir meine Haare gemacht und mir eine Schleife gebunden hatte. Dort auf dem ungemachten Bett saß noch immer Hasi und wartete auf mich. Wir waren blutsverwandte. Wir beide hatte nur einen Arm.

Ich setzte mich auf das Bett und die Matratze gab unter mir leicht nach, sodass ich fast einsank. Mit einer Handbewegung griff ich nach dem Stofftier, dass all die Monate auf mich gewartet hatte.

 „Du bist noch hier", lächelte ich. Die stumpfen Augen schauten mich erwartungsvoll an.

„Bist du böse auf mich, weil ich dein Arm abgeschnitten habe?", fragte ich, „Es war nicht fair."

Es war nicht das gleich, fiel mir ein. Ich war so geboren worden. Er hat es durch ein egoistisches Handeln aufgedrückt bekommen. Mein Armstumpf fing wieder an zu kribbeln. Ich atmete schwer: „Wir können Mama auch einfach ignorieren, und trotzdem hier wohnen bleiben nicht?"

Als das Kuscheltier mir keine Antwort gab, warf ich es mit voller Wucht in die Ecke.

♦♦ ♦♦

Wenn du im Gedächtnis eines Menschen bleiben willst, so musst du ihm Erinnerungen schenken, die ihm nie zuvor ein anderer gab. Und das würde ich jetzt tun. Ich war aufgeregt und meine Beine waren wackelig und meine Atem ging hastig und in schnellen Zügen. Dexter, Monicé, Jonas und ich standen hinter einer Tankstelle. Es war schon fast Nachts und rechts neben uns fuhren nur noch wenige Autos im Dunkeln die Bundesstraße entlang. Mir war kalt und ich zog meine Strickjacke fester um meinem Körper. Ich war gespannt was Jonas uns gleich sagen würde. Er hatte kurz vor sieben angerufen und mich und die anderen hier herbestellt, ohne irgendetwas zu verraten. Seine Stimme hatte am Telefon aber sehr aufgeregt geklungen.

'Bin Ich hübsch, Mama?'Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt