2001 - Teil 1

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„You always were my only tragedy

You were my muse, my everything"

- I Tried – Paradise Fears

Lass mich zufrieden, verdammt, lass mich einfach zufrieden – ich wusste nicht wem diese sich ewige wiederholende Worte galten, doch es musste entweder meiner Mutter sein oder die Stimmen in meinem Kopf; die Dämonen.

„Lalala, ich kann dich nicht hören", lallte meine Mutter und schwankte durch die Küche wie eine betrunkene. Jede andere Tochter hätte darüber gelacht, ich jedoch wusste, dass sie wirklich betrunken war. Sie hatte seit der Entzugsklinik wieder mit dem Trinken und mit dem Rauchen angefangen. Ihre Mentalität war abhängig davon und jedes einzelne Körperteil, jedes einzelne Haar und jede einzelne Pore schienen sich davon zu ernähren. Sie sah unglaublich aus. So schrecklich und furchtbar, dass ich manchmal Angst hatte ich würde genauso enden.

„Halt einfach die Klappe", schrie ich sie an und versuchte so schnell wie möglich meinen Schulrucksack zu packen. Sie kam wieder auf mich zu getorkelt und riss ihre riesigen, glasigen Augen noch weiter auf.

„Bleib bei mir, Mariechen", sie zeigte ihre gelben Zähne, „Oder willst du wieder mit diesen Typen ficken?"

Wütend packte sie meinem Arm und hielt ihn krankhaft fest. Für eine so schwache Frau, hatte sie eine enorme Kraft.

„Los lassen, oder ich lass dich wieder einweisen", ich schaute ihr intensiv in die Augen, „Ich armes kleines Mädchen."

Mutlos ließ sie meinen Arm los und wie auf einem schrägen Trip, die ich schon öfters bei Jonas oder Dexter gesehen habe, schaute sie auf einmal verträumt vor sich in die Luft.

„Das nächste Mal bringst du mir bitte was von dem Zeug mit, ja Schätzchen?"

„Ja,ja...", genervt hievte ich den Rucksack auf meine Schulter und ging nach draußen, wo Jan schon auf mich wartete.

„Bis du bereit?", sagte er überheblich glücklich und entdeckte meine Mutter hinter mir im Flur.

„Alles okay bei ihr?", sagte er auf einmal fürsorglich.

„Ja, sie hat mal wieder viel zu viel intus", sagte ich abweichend und schloss einfach die Tür. Sie war weg. Endlich war ich alleine, obwohl ich es auch wiederum nicht war. Ich fühlte mich, als würden überall Securitys herumlaufe, nur um mich nicht aus den Augen zu lassen. Als ob ich mir etwas tun würde, lachte ich bitter, zuhause alleine in der Nacht haltet mich keiner ab.

Als ob ich mir wehtun würde.

Als ich ob ich nicht darüber nachdenken würde, welchen Sinn dieses Leben überhaupt noch hat.

♦♦ ♦♦

„Hey, Babe, können wir reden?", Jonas weckte mich mit diesen Worten aus meiner Gedankenwelt und sobald ich in seine tiefblauen Augen schaute, verlor ich mich schon wieder darin. Alleine, dass er mich wieder „Babe" nannte, machte mich zum glücklichsten Menschen in der Welt.

„Klar", ich kramte meine Sachen zusammen und er half mir, da ich mit einem Arm nicht so schnell war und er es irgendwie eilig hatte. Wir gingen aus der vollen Cafeteria hinaus, in der geraden fast die ganze Schule zu Mittag aß, und suchten uns ein stillen Ort draußen auf dem Schulhof. Ich stellte meinen Rucksack zu meinem Füßen ab.

„Was gibt's?", fragte ich und spielte mit meinen Haaren. Ihn so vor mich stehen zu sehen, ließ mein Herz ein klein wenig warm werden. Er war einer der einzigen, den ich wirklich wahrhaftig irgendwie brauchte, um atmen zu können, auch wenn es mir nur reichte seine Existenz bewusst zu werden.

'Bin Ich hübsch, Mama?'Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt