"Doktor... Dr. Lecter? Was... Was machen Sie... denn hier?" "Mal schauen, wie es meiner kleinen Privatpatientin geht." Er zwinkerte mir zu. Ich merkte, dass meine Knie mehr und mehr taub und weich wurden. Dennoch stand ich. Wie von selbst fand mein wieder leicht verklärter Blick den Weg zu seinen Lippen. Und dabei spürte ich, wie etwas in mir hochkochte. Etwas heißes, sehr heißes. In meiner Magengegend begann es zu kribbeln - Ein herrliches Gefühl! Und dass er nun hier wirklich vor mir stand bewies mir, dass ihm noch nichts passiert war! Ein Glück! Doch dann meldete sich wieder meine Vernunft: "Irene! Sieh ihm gefälligst in die Augen!" Und ausnahmsweise gehorchte ich ohne Protest: "Und was ist der wirkliche Grund, weswegen Sie hier sind, Doktor?" "Ich hatte gestern in meiner Hektik einige Unterlagen hier liegen lassen." Gestern? Er war gestern auch hier gewesen? Und ich nicht?! Constanze hatte mir gar nichts gesagt! Ich musste sie gleich noch dringend danach fragen. Da vernahm ich wieder diese fiese Stimme in mir: "So leicht gibst du dich ihm also hin? Nach all den Jahren? Das ist aber schwach, Irene!" Ich versuchte, mich auf Lecter zu konzentrieren, der mich grinsend musterte: "Alles in Ordnung, Dr. Lecter? Was ist so lustig?" Er neigte ganz leicht den Kopf. Dadurch wurden meine Knie noch etwas weicher. Er antwortete: "Sie sehen leicht gestresst aus, Miss Pawlow. Halte ich Sie von irgendetwas Wichtigem ab?" "Aber... Aber nein! Natürlich nicht! Das muss ich eigentlich... Sie fragen!" "Nun, ich habe keine Eile. Wenn Sie auch keine haben, wovon ich gerade ausgehe, könnten wir doch ein Stück zusammen gehen? Wo müssen Sie jetzt hin?" "In... in die Bibliothek... Ich muss... den Stoff nachholen." "Ich merke schon: Sie sind sehr fleißig! Solche Studenten mag ich!" Er sah mich fragend an: "Darf ich Sie dahin begleiten?" Ich schluckte. Sollte er mich begleiten? In mir schrie etwas auf: "JA!! IRENE, SAG JA!!!" So antwortete ich leise: "Ja, Doktor." Er lächelte und wir gingen zur Bibliothek. Währenddessen begann er: "Also, um unsere eben angeschnittene Konversation wieder aufzugreifen: Ich möchte nicht aufdringlich wirken, aber mich würde brennend interessieren, welcher Beruf Ihnen in naher Zukunft vorschwebt..." Diese Wortwahl! Ich wäre am liebsten geschmolzen, so warm und weich umhüllte mich seine Stimme. Warm und weich wie die beste Decke...
Ich antwortete leise: "Ich studiere Medizin, weil ich... Psychiaterin werden möchte..." Er blieb stehen und sah mich lange an. Er hatte wieder den intensiven prüfenden Blick aufgesetzt und murmelte schließlich: "Psychiaterin also... Wie ich?" Ich nickte. Mein nächster Satz trieb mir die heftigste Röte in die Wangen: "Sie... Sie sind mein... Vorbild, ... Dr. Lecter." Wir gingen weiter. Ich riskierte einen Seitenblick - und traf auf Wärme in seinen Augen: "Ich fühle mich geschmeichelt und geehrt, Miss Pawlow." Ich nickte kurz. Das sollte er auch! Immerhin war er seit meinem Vater der erste Mann, der meine volle Aufmerksamkeit bekam! Trotz seines Alters und seines Standes als mein Dozent. Es wurde mir total egal.
Er riss mich aus den Gedanken: "Da wären wir, Miss Pawlow: Die Bibliothek." "Schon?" Von mir aus hätte der Weg noch viel länger sein können. Nun, das wusste ich, musste ich ihn wieder gehen lassen. Doch mein Bedarf, ihn zu sehen, schien nicht gedeckt. Im Gegenteil - Er schien von Sekunde zu Sekunde mehr zu werden. Ich spürte seine Hand auf meiner Schulter: "Miss Pawlow? Ich habe das ungute Gefühl, dass Sie mit den Gedanken komplett woanders sind. Ich möchte wirklich nicht aufdringlich sein, aber ich wüsste zu gern, worüber Sie sich die ganze Zeit den Kopf zerbrechen." Ich denke darüber nach, wie toll du bist! Wie unfassbar gut du aussiehst, wie vorzüglich dein Geruch ist und wie sanft du zu mir bist, obwohl ich es nicht verdiene! Das dachte ich binnen von Sekunden während er eine Antwort erwartete. Krampfhaft suchte ich nach einer glaubhaften Ausrede: "Naja... Also... Ich denke über... meine Vorlesungen nach. Und über den Stoff, den ich nachholen muss." "Verstehe. Ich hätte eine Idee..." Ich sah ihn fragend an: "Ich höre?" "Wissen Sie, ich könnte ganz schnell in Erfahrung bringen, was die Dozenten in der letzten Tagen für Themen angeschnitten haben. Und wenn Sie am Wochenende etwas Zeit hätten... könnten wir besagte Themen Stück für Stück gemeinsam erarbeiten. Was halten Sie davon?" Mein Herz setzte kurz aus. Ich spürte das Adrenalin in meinem Körper hochkommen und starrte ihn sprachlos an. Am Wochenende mit Dr. Lecter lernen? Mit ihm... ALLEIN SEIN?!? Ein Flehen in mir: "Ja, ja, JA!!! SAG BLOß JA!!!" Ich blinzelte: "Das klingt... hervorragend, Dr. Lecter." "Freut mich, dass die Idee so gut bei Ihnen ankommt. Sagen Sie: Was halten Sie von Samstag Nachmittag?" "Das passt." "Wunderbar. Dann würde ich sagen: Bis Samstag, Miss Pawlow." "Bis dann, Dr. Lecter." Er wandte sich zum Gehen: "Ach halt. Sie wissen ja gar nicht, wo ich wohne... Ähm... Wann haben Sie Mittagspause?" "In circa einer Stunde." "Gut. Dann hole ich Sie pünktlich hier ab." Ich blinzelte. Womit hatte ich all das hier nur verdient? Ich nickte ihm zu, er lächelte zum Abschied und ging davon. Davon musste ich umgehend Constanze berichten...

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University Lovestory
FanfictionIrene Pawlow studiert Medizin an einer Universität in Baltimore. Eines Tages trifft sie dort auf Dr. Hannibal Lecter als ihren Gastdozenten - mit fatalen Folgen.