"So, wie war es? Ich habe sowohl Samstag als auch Sonntag nichts mehr von dir gehört! Ich will jedes Detail hören!"
Constanze und ich standen im Foyer beim Snackautomaten, unserem Lieblingsplatz. Ich hatte Samstag bei Hannibal übernachtet und dann Sonntag nach dem Frühstück, welches meiner Meinung nach viel zu viel war, mit ihm zu Lernen begonnen. Ich hatte ihm versprochen, nichts von unserer Nacht zu erzählen, daher musste ich mir etwas wirklich glaubhaftes ausdenken, um Constanze zufrieden zu stellen. Ich ging in meinem Kopf den Samstag noch einmal durch und suchte die harmlosen Dinge heraus: "Naja, also... wir haben... gelernt." Constanze runzelte die Stirn: "Du willst mir erzählen, dass ihr zwei Tage am Stück durchgelernt habt? Das glaubst du doch selbst nicht!" Ich seufzte: "Wir haben anschließend noch zusammen zu Abend gegessen." Nun zog sie die Augenbrauen hoch: "Das klingt schon besser. Und weiter?" Nun stöhnte ich leise genervt auf: "Constanze - Muss ich wirklich darüber reden? Ich... ich habe... Dr. Lecter versprochen, mit keinem darüber zu reden." Constanze zog eine Augenbraue hoch: "Schämt er sich denn dafür? Ist ihm sein guter Ruf so wichtig?" "Constanze! Jetzt solltest du dich schämen! So denkt Hannibal nicht!" Sie zuckte zusammen: "Hannibal? Seit ihr etwa schon per Du oder was?" In meiner hochkommenden Rage hatte ich die Beherrschung über meine Worte verloren. Ich wollte ihn doch nicht beim Vornamen nennen! Ich sah verlegen weg, suchte auch hierfür eine gute Ausrede: "Naja - bei dir kann ich ihn doch wohl beim Vornamen nennen, oder? Er muss das ja nicht mitbekommen..." Constanze wirkte nicht wirklich befriedigt: "Von mir aus. Aber gewöhn' dich da nicht dran! Sonst sprichst du ihn nachher tatsächlich mal mit seinem Vornamen an." Ich musste es unterdrücken, zu lachen. Wenn Constanze doch nur wüsste... Zu gern wollte ich es ihr erzählen! Aber ich hatte es Hannibal nun einmal versprochen und ich brach ungern meine Versprechen.
Ich nippte an meiner Wasserflasche, da ging die Eingangstür auf und ich verlor mich sofort in dem eisigen blauen Blick von Hannibal. Wir hatten abgemacht, uns wie in der vergangenen Woche zu verhalten. So wanderte sein Blick über die winzige Menge Studenten in dem Foyer, bis er mich erkannte. Ich sah, wie seine Mundwinkel sich nach oben zogen und er mir mit einem Funkeln in den Augen zunickte. Wie gern wäre ich nun zu ihm gelaufen und hätte ihn umarmt oder sogar geküsst. Aber wie konnte ich das tun, wo doch so viele Leute hier standen.
Je länger ich ihn ansah, desto weicher wurden meine Knie. Er schlenderte dicht bei uns vorbei, um dann doch direkt bei uns zum Stehen zu kommen: "Guten Morgen, meine Damen.", begrüßte er uns grinsend. Meine Stimme klang zittrig: "Guten Morgen, Doktor... Lecter." Constanze nickte nur. Auch sie wirkte ganz leicht eingeschüchtert und respektvoll ihm gegenüber. Aber wer tat das bei Hannibals Präsenz nicht?
Er grinste immer noch: "In knapp einer halben Stunde geht es wieder los mit der Vorlesung. Ich hoffe, Sie haben sich mental darauf vorbereitet." Ich nickte eifrig, bis ich mich innerlich zur Ruhe zwang. Ich benahm mich wie ein verliebter Teenager - einfach nur peinlich und vor allem auffällig. Hannibals Augen blitzten kurz. Ein Zeichen, dass ich mich dringend beruhigen musste. Schließlich sagte er noch: "Nun denn. Genehmigen Sie sich noch einen Kaffee oder etwas zu essen..." Dabei blickte er etwas streng in meine Richtung und ich verstand. Er spielte auf mich und meine Ernährung an. Ich nickte und antwortete gespielt: "Ist ja schon gut." Er nickte kurz und wandte sich zum gehen. Während er an mir vorbei tigerte, strich sein Zeigefinger einmal kurz und kaum merklich über meinen Arm. Ein wohliger Schauer lief mir über den Rücken und ich bekam eine Gänsehaut. Voller Liebe und Sehnsucht sah ich ihm hinterher. Das blieb Constanze nicht verborgen: "Irene, sieh ihn nicht so an! Die anderen starren schon..." Es war mir total egal geworden, was andere über mich dachten. In diesem Moment waren meine Gedanken und mein Herz ganz und gar bei Hannibal. Nirgendwo sonst. Ich bekam vage mit, dass Constanze mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herumfuchtelte: "Hallo? Irene? Hörst du mich überhaupt?" Endlich erwachte ich aus meiner Trance, als Hannibal um die Ecke ging und verschwand. Ich blinzelte und sah Constanze an: "Entschuldige, hast... du etwas gesagt?" Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte den Kopf: "Tststs... Irene, du wirst sehr unvorsichtig! Ich will jetzt sofort wissen, was dieser Dr. Lecter am Wochenende mit meiner hochkonzentrierten, sich von keinem Mann beeindrucken lassenden Irene angestellt hat!" Ich seufzte. Dann schob sie noch hinterher: "Du hast mir versprochen, mir alles zu erzählen!" Ich sah auf den Boden: "Ja, das habe ich. Das weiß ich. Aber du musst verstehen, dass ich es nicht sagen darf." "Mir hast du aber zuerst was versprochen! Dr. Lecter kam später!" Ich stöhnte leicht genervt auf, dann flüchtete ich in die Bibliothek, Constanze im Schlepptau: "Wo willst du jetzt hin?", fragte sie. Ich zischte: "In die Bibliothek. Wenn du es unbedingt wissen willst, dann muss ich es aufschreiben."Wir setzten uns auf unseren Stammplatz in der Ecke. Ich sah mich um, ob sich irgendwer in unserer direkten Nähe befand. Doch es war zum Glück keiner zu sehen, der von unserem Gespräch etwas hätte mitbekommen können.
Ich fuchtelte meinen Collegeblock aus der Tasche und angelte meinen Kugelschreiber. Ich sah Constanze streng an: "Du darfst es wirklich NIEMANDEM erzählen, das musst du mir versprechen!" Sie verharrte kurz, dann nickte sie. So beugte ich mich über das Papier und schrieb:"Ich darf es dir eigentlich nicht sagen, aber ich vertraue dir. Hannibal, also Dr. Lecter und ich haben am Wochenende nicht nur gelernt. Wir sind jetzt..."
Mehr konnte ich nicht schreiben, denn Constanze hatte mich beobachtet und riss mir das Papier aus der Hand: "Ist das dein Ernst?", fragte sie und starrte mich sichtlich geschockt an. Ich zuckte nur noch mit den Schultern und ein breites Lächeln zierte mein Gesicht. Constanze hauchte dabei tonlos: "Du hast eine Beziehung mit Dr. Hannibal Lecter?!?"

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University Lovestory
Fiksi PenggemarIrene Pawlow studiert Medizin an einer Universität in Baltimore. Eines Tages trifft sie dort auf Dr. Hannibal Lecter als ihren Gastdozenten - mit fatalen Folgen.