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Ich starrte den Doktor ungläubig an. Was hatte er da gerade gesagt? Ich sollte ihn duzen?
Er schien äußerst amüsiert. Das lag vielleicht an meinem Gesichtsausdruck, der bestimmt nur allzu komisch war in diesem Moment. Dann sagte er: "Selbstverständlich gilt das nur für Privates. In der Universität wäre es mir lieber, wenn wir das Persönliche unterließen. Wir wollen ja nicht, dass irgendwelche Gerüchte hochkochen, oder?" Wieder zwinkerte er mir zu und grinste. Langsam nickte ich. Meine Stimme war für den Moment verloren. Ich entrang meiner Kehle ein leises Krächzen: "Aber dann... müssen Sie... also du... mich auch duzen." Ich bemerkte, dass er mir immer noch die Hand hinhielt. Er schien zu überlegen. Schließlich nickte er, betonte allerdings: "Ich nenne Sie beim Vornamen. Allerdings werde ich dennoch das 'Sie' verwenden." "Aber Doktor... ähm... Hannibal" "Nein! Es ist eine Frage der Höflichkeit und des Respekts! Ich respektiere Sie zu sehr, Irene, als dass ich Sie duze." Ich seufzte. Liebe kochte in mir hoch, brachte meine Wangen zum Glühen. Ein so höflicher und respektvoller Mann! Womit hatte ich das nur verdient?
Nun endlich streckte ich meine Hand aus und ergriff die seine. Und in genau diesem Augenblick traf mich ein winziger Stromschlag. In Hannibals Augen funkelte etwas, das eisige Blau schien eine Nuance dunkler geworden zu sein. Es jagte mir einen Schauer über den Rücken. Auf der einen Seite machte mir das irgendwie ganz leicht Angst. Doch auf der anderen Seite liebte ich ihn bereits zu sehr, als dass ich Angst vor ihm hatte. Wieso sollte ich auch Angst vor ihm haben? Ich meine gut, er flößt einem doch ziemlichen Respekt ein, wenn er so anmutig vor einem steht und mit dem fixierenden Blick völlig in seinen Bann zieht. Doch sein Lächeln - Dieses Lächeln wirkt auf mich wie die Rettung. Das winzige Licht, der Funken Hoffnung in meinem abgrundtiefen Graben des Schmerzes, voller Finsternis und Angst. Vielleicht wirkt es nicht so nach außen, jedoch kann ich mein Innerstes sehr gut mit diesem dunklen Graben vergleichen. Ein Graben, gezogen durch den Verlust meines Vaters und der darauf folgenden Einsamkeit. Doch nun, wo ich Hannibal kannte, da ging es mir besser. Viel besser. Plötzlich erschrak ich. Konnte es sein? Entwickelte sich da bei mir etwa ein Vaterkomplex? Möglich wäre es. Doch ich wollte es nicht wahr haben! Daher verwarf ich diesen Gedanken.
Hannibal musterte mich. Er schien mich analysieren zu wollen. Ich versuchte, meine Gedanken von gerade zu verstecken und fragte unschuldig: "Ist irgendetwas... Hannibal?" Ich tat mich sichtlich schwer damit, ihn zu duzen und beim Vornamen anzusprechen. Es fühlte sich irgendwie total falsch an! Wahrscheinlich musste ich mich einfach nur daran gewöhnen. Der Doktor stützte sich mit dem Ellbogen am Schreibtisch ab und presste sich den Zeigefinger an die Lippen, wirkte nachdenklich und auf gewisse Art und Weise... verträumt. Ich muss gestehen - Das sah bei ihm irgendwie niedlich aus! Was hätte ich dafür gegeben, zu erfahren, was er in diesem Moment dachte! Aber ich traute mich nicht, zu fragen. Stattdessen fragte er: "Irene... Woran denken Sie gerade?" Ich schmunzelte: "Dasselbe habe ich mich bei... dir auch gefragt. Himmel, ich glaube, ich werde immer ein schlechtes Gewissen haben, wenn ich... dich... duzen soll." Nun schmunzelte auch er: "Ich denke, dass Sie sich daran gewöhnen werden, Irene." Plötzlich fuhr er sich mit dem Handrücken über die Stirn und murmelte: "Empfinde nur ich es als heiß heute oder ist dem tatsächlich so?" Ich nickte: "Es ist wirklich heiß. Das denkst nicht nur du." Er schien kurz zu überlegen. Dann verkündete er: "Also, bei einer solchen Hitze kann man nicht lernen! Bekanntlich soll man das auch nicht in der Mittagshitze!" Ich sah ihn fragend an. Was genau wollte er mir jetzt damit mitteilen? Ich konnte nicht umhin, zu fragen: "Hannibal... was genau willst du damit jetzt ausdrücken?" Er lehnte sich wieder lässig zurück: "Ich denke, eine Abkühlung würde uns beiden wirklich gut tun. Vor allem Ihnen, wo Sie sich vor einigen Minuten erst wieder Ihrer Vergangenheit stellen mussten... was mir übrigens immer noch sehr Leid tut!" "Das muss dir nicht Leid tun! Es war ja schließlich keine böse Absicht von dir. Oder doch?" Er schüttelte den Kopf: "Nein, Irene, das war es bestimmt nicht." Dennoch war ich verwirrt. Abkühlung? Was meinte er jetzt damit?
Ich kam nicht mehr dazu, zu fragen, denn plötzlich erhob er sich, tigerte um den Schreibtisch herum und wies mich an, ihm zu folgen: "Kommen Sie mal mit, Irene. Ich bin mir sicher, das Folgende wird Ihnen gefallen. Ich hoffe es zumindest." Er schlenderte zurück in den Eingangsbereich. Von dort führte links von der großen Eingangstür ein kleiner Flur ab. Dort befand sich das Badezimmer, wie mir der Doktor letztes Mal mitgeteilt hatte. Aber was hatte Hannibal vor? Er ging den Flur hinab, ich folgte ihm unschlüssig. Dort angekommen fand ich zwei Türen vor. Er befahl mir sanft, zu warten, öffnete eine der Türen und verschwand kurz darin, um daraufhin mit zwei Handtüchern zurückzukehren. Während ich wartete, fragte ich mich, was sich hinter der anderen Tür befand. So viele Möglichkeiten ergaben sich! Da hätte alles mögliche drin sein können!
Hannibal schloss hinter sich die Tür zum Badezimmer und angelte einen kleinen Schlüssel aus seiner Hosentasche. Er sah mich grinsend an und hielt kurz inne, machte eine bedeutungsvolle Pause. Ich legte den Kopf schief. Dann öffnete er langsam die geheimnisvolle Tür: "Ich hoffe, es gefällt Ihnen, Irene. Da lege ich sehr viel Wert drauf!" Dann trat er ein und hielt die Tür auf. Was ich erblickte, raubte mir kurz den Atem...
Vor mir lag ein riesiger, in den Boden eingelassener Pool. Ich schätzte eine Länge von knapp zehn Metern und eine Breite von sechs Metern. Das Wasser war kristallklar, auf dem Grund erkannte ich Fliesen im griechischen Stil. Es sah wunderschön aus! Durch ein riesiges Fenster sah man auf den Garten hinter dem Haus. Auch dieser war von äußerster Ästhetik gezeichnet. Licht fiel in diesen Raum und spiegelte sich im Wasser wieder, worauf die Decke zu schimmern schien. An der gegenüberliegenden Wand zu den Panoramafenster standen fünf Liegestühle. Dort hatte Hannibal bereits die Handtücher gelagert und begann nun sein Hemd aufzuknöpfen. Dabei sah er mich fragend an: "Wie gefällt es Ihnen hier, Irene?" Staunend sah ich mich um. Dann glitt mein Blick zu ihm - und blieb an seinem athletischen Körper haften. Ich rang mir ein knappes Nicken ab. Dann hauchte ich: "Schön." Damit meinte ich nicht nur den Raum! Hannibal hatte sich das Hemd abgestreift und stand nun für den Moment mit nacktem Oberkörper vor mir. Ein leises Seufzen kroch aus meinem nun trockenen Hals und in meinem Unterleib zogen sich ganz plötzlich die Muskeln zusammen. Hannibal ließ die Muskeln spielen, als er langsam zu mir schlenderte und mir sagte: "Bleiben Sie kurz hier, ich bin sofort wieder da..." Damit huschte er an mir vorbei und verließ den Raum. Ich musste erst einmal Luft holen. Er hatte einen wirklich gut gebauten Körper! Ich fand einfach keinen Makel an ihm!
Ich ließ meinen Blick erneut über den riesigen Pool schweifen. Langsam kam mir eine Idee, was er mit "Abkühlen" gemeint hatte: Er wollte schwimmen gehen. Aber er hatte auch ein "wir" benutzt. Daraus folgerte ich eine indirekte Einladung, ihm dabei Gesellschaft zu leisten. Nun hatte ich allerdings ein gravierendes Problem - ich war hierauf nicht vorbereitet gewesen und hatte keine Badesachen mit. Es ist ja auch alles andere als normal, dass ein Dozent seine Studentin zu sich nach Hause einlädt! Und dann auch noch schwimmen? Langsam kam mir der Gedanke, dass Hannibal im Allgemeinen nicht ganz "normal" erschien. Er war komplett anders als andere Männer! Er schien mir eine andere Moralvorstellung zu haben und verhielt sich dementsprechend auch anders. Doch gerade das machte ihn für mich so faszinierend! Er war nicht der typische 0-8-15-Typ, der sich der Masse anpasste! Nein, es wirkte eher, dass sich die Masse in seinem direkten Umfeld ihm anpasste! Doch wie er das schaffte, das würde mir wohl erst einmal noch verborgen bleiben.
Ich bemerkte nicht, dass er wieder in den Raum gekommen war. Als ich seine Stimme hörte, zuckte ich zusammen: "Also Irene - Sie stehen ja immer noch hier!" Ich fuhr jäh herum: "Wie du mir gesagt hast! Du hast gesagt, ich solle hier warten und das habe ich getan!" Er grinste: "Sie scheinen ja doch zu gehorchen, wenn man Ihnen etwas sagt." Ich zuckte mit den Schultern: "Naja... dein Haus, deine Regeln." "Meine Regeln, soso...", murmelte er. Er blieb neben mir stehen und es raubte mir erneut den Atem. Er stand in Badeshorts da. Die Muskeln in meinem Unterleib zogen sich erneut zusammen. Hannibal sah einfach so gut aus!
Er fragte mich: "Wie steht es mit Ihnen, Irene? Kommen Sie mit?" Er nickte mit dem Kopf in Richtung Pool. Peinlich berührt hauchte ich: "Ich habe keine Badesachen mit..." Er grinste: "Also mich stört das nicht." "Aber mich stört das." Er bemerkte: "Irene... Adam und Eva waren bestimmt auch mal schwimmen und hatten keine Badesachen dabei." Ich runzelte die Stirn: "Vergleichst du uns jetzt allen Ernstes mit Adam und Eva? Man kann doch keine Äpfel mit Birnen vergleichen! Adam und Eva - das war etwas völlig anderes!" "Es geht ums Prinzip. Ich werde Ihnen schon nicht weh tun." Ich sträubte mich immer noch. Er seufzte leise: "Na gut, Sie haben es nicht anders gewollt..." Bevor ich etwas dagegen unternehmen konnte, hatte der Doktor mich auch schon in seine kräftigen Arme gezogen und trug mich nun zum Wasser. Ich schrie: "LASS DAS SEIN! WAGE ES JA NICHT!" Er grinste. Ich schrie weiter: "LASS MICH SOFORT RUNTER!" Er nickte: "Wie Sie wünschen." Und mit einem Platschen fiel ich ins Wasser. Erschrocken richtete ich mich auf und schrie vor Wut: "HANNIBAL!!! Was sollte das denn?!" Er stand am Rande: "Nun ja... Meine Regeln." Ich funkelte ihn wütend an. Dann sah ich an mir herunter: "Das macht nichts, Irene. Ich werde Ihre Sachen nachher draußen zum Trocknen an die Wäscheleine hängen. Solange bekommen Sie dann Sachen von mir. Geht das für Sie in Ordnung?" "Habe ich denn eine andere Wahl?", knurrte ich verärgert. Er grinste: "Nein, haben Sie nicht. Meine Regeln..." Er tigerte zur Treppe und glitt anmutig ins Wasser. Sofort war mein Zorn verraucht. Lässig glitt er durch das Wasser, schwamm auf mich zu und richtete sich direkt vor mir wieder auf. Dann sah er zu mir herunter und lächelte: "Verzeihung.", murmelte er. Ich konnte ihm nicht mehr länger böse sein. Ich lächelte ebenfalls. Nun murmelte er: "Lassen Sie mich Ihnen ein wenig helfen. Als kleine Wiedergutmachung... Nehmen Sie bitte die Arme hoch." Er hatte die Stimme gesenkt. Damit paralysierte er mich. Ich gehorchte und hob die Arme. Er sah mir tief in die Augen zog mir langsam das T-Shirt über den Kopf, achtete dabei mit äußerster Vorsicht auf meine Reaktionen. Doch ich ließ es zu! Seine Finger berührten nur teilweise meine Haut. Dennoch bekam ich eine Gänsehaut. Er sah mir immer noch in die Augen, als er das Shirt achtlos an den Rand des Pools warf und dem keine Beachtung mehr schenkte. Stattdessen legte er ganz vorsichtig seine Hand an meine Wange: "Irene... Sie sind mir sofort aufgefallen. Sie wirkten anders als die anderen, nicht so langweilig. Und scheinbar gehe ich Recht dieser Annahme." Ich hauchte ein leises: "Dito, Hannibal." Ein sanftes Lächeln zierte sein Gesicht. Er schien auf irgendetwas zu warten. Instinktiv nickte ich kurz und knapp - bis er sein Haupt schließlich zu mir hinab beugte und seine Lippen sanft und bedacht auf meine legte...

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