Ich lehnte meinen Kopf gegen die kalte Tür und seufzte. Irgendwann musste er doch mal wiederkommen!
Was hatte mich eigentlich dazu getrieben, Nachts vor Hannibals Tür zu sitzen und auf ihn zu warten? Wir waren zwar zusammen, ja, aber was brachte mir das eigentlich? Darauf wusste ich nur eine Antwort: Meine Sehnsucht nach ihm trieb mich zu Dingen, die ich normalerweise nie tun würde. Ich hätte es auch eigentlich nicht nötig gehabt, hier zu sitzen, aber ich wollte ihn unbedingt noch einmal sehen...
Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte ich seine Stimme: "Irene, was machst du denn? Warum bist du so spät noch wach? Und was machst du hier vor der Haustür?" Dann lag ich auch schon in seinen Armen und seufzte an seinen Hals: "Ich habe dich vermisst, Hannibal. Ich wollte zu dir, aber du warst nicht da. Also beschloss ich, zu warten, bis du wiederkommst." Ich spürte seine Nase in meinem Haar und schloss die Augen: "Sehr gewagt... Aber eine wirklich niedliche Geste." Ich konnte das Lächeln in seiner Stimme hören und musste ebenfalls lächeln: "Ich liebe dich, Hannibal." "Ich weiß, Irene.", flüsterte er und trug mich in das Haus. "Ich weiß..." Dann schlief ich ein..."Constanze, was genau ist jetzt eigentlich hier los?" Die komplette Fakultät schien in Aufruhr und Panik verfallen zu sein und hatte sich lautstark als Menge im Foyer versammelt. Ich sah fragend Constanze an, die ebenfalls etwas blasser im Gesicht wurde, während sie berichtete: "Es geht um Steven McLaren..." Ich verdrehte bereits die Augen, da klopfte sie mir mit gerunzelter Stirn gegen den Oberarm: "Er wurde heute morgen sturzbetrunken in einem Gebüsch beim naheliegenden Kinderspielplatz gefunden. Bei ihm fand man eine leere Flasche Amylnitrit, ein Messer mit seinem Blut daran und in seine Arme war der Satz 'ich bin ein Lügner!' geritzt. Die Schnitte sollen sehr tief gewesen sein und er wird folglich Narben tragen... Er selbst kann sich allerdings an nichts mehr erinnern." Ich blinzelte. Amylnitrit wurde doch hauptsächlich gegen Angina pectoris verwendet! Soweit ich wusste, litt Steven allerdings nicht an Angina pectoris. Warum war es dann in Stevens Besitz gewesen? Wie war er überhaupt daran gelangt? Ich schüttelte den Kopf. Damit brauchte ich mich nicht auseinandersetzen, schließlich war es nicht mein Problem!
Die anderen Studenten sahen immer wieder zu mir. Aber warum? Ich fragte: "Was starrt ihr mich alle so an?" Eine Studentin, die ich nicht näher beim Namen kannte, kam auf hohen Hacken auf mich zugestakst: "Gib' doch zu, dass du Steven das angetan hast! Du konntest ihn doch nie wirklich ausstehen!" An sämtlichen Ecken begannen die Leute zu tuscheln und mir fragende Blicke zuzuwerfen. Ich stöhnte innerlich gequält auf: "Ich habe damit rein gar nichts zu tun!", rief ich. Ich wollte gerade noch weiter protestieren, da baute sich plötzlich Hannibal neben mir auf und sprach in ruhigem Ton: "Es gibt keinerlei Beweise gegen Miss Pawlow. Die Beweise sprechen deutlich für eine Eigenverschuldung von Mr. McLaren." Auch wenn sein Ton ruhig war - In seinen Augen las ich pure Verachtung und Zorn. Einer der Studenten fragte aus der Menge: "Es gibt Gerüchte über Sie und Miss Pawlow, Dr. Lecter! Könnten Sie etwas dazu sagen?" Nun schien er richtig wütend: "Das hat rein gar nichts mit dem Thema zu tun! Und Sie haben jetzt bestimmt Vorlesungen! Also würde ich vorschlagen, Sie beruhigen sich jetzt alle schleunigst wieder und konzentrieren sich auf Ihr Studium..." Ich streifte seinen Arm, während er sich umdrehte und sich zum Gehen wandte. Als er seinen Blick auf mich richtete, funkelten seine Augen immer noch. Ich deutete unauffällig nach draußen und formte mit den Lippen: "Komm mit..." Er nickte: "Warte im Wald. Ich komme da gleich hin, ich muss erst noch etwas mit dem Dekan besprechen..." Ich lief zu Constanze: "Conni, ich muss kurz weg..." "Wohin denn?" "Ich muss mit Hannibal sprechen. Hast du ihn gerade gesehen?" Sie nickte: "Sein Gesichtsausdruck sprach ausnahmsweise einmal Bände. Na gut, dann lauf zu ihm. Ich halte hier die Stellung..." Ich nahm sie kurz in den Arm: "Oh, danke, Conni! Du bist ein Schatz!" So drängte ich mich durch die Menge auf den Innenhof und lief dann so schnell es ging in den Wald...Ich lehnte an dem Baum, an dem sich auch Hannibal gelehnt hatte und wartete stumm auf ihn. Ich hoffte, er wäre nicht mehr so sauer, wenn er käme. Tatsächlich kam er einige Minuten später, welche sich jedoch wieder wie eine Ewigkeit angefühlt hatten. Ich lief ihm entgegen, warf mich in seine Arme und zog ihn an mich: "Hey, wie geht es dir?" Er sprach ruhig, wirkte aber dennoch aufgebracht: "Diese ständige Gerüchteküche! Das ist doch schrecklich!" Ich nahm sein Gesicht in meine Hände: "Wir können nichts daran ändern. Wir müssen es einfach ignorieren..." Er küsste mich, dann widersprach er: "Nein, wir können etwas daran ändern... Ich habe gerade mit Dekan McLaren gesprochen - und meine Kündigung eingereicht." Ich starrte ihn fassungslos an...

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University Lovestory
FanfictionIrene Pawlow studiert Medizin an einer Universität in Baltimore. Eines Tages trifft sie dort auf Dr. Hannibal Lecter als ihren Gastdozenten - mit fatalen Folgen.