35.

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Dwight Johnson stand hämisch grinsend vor uns. Er sah schon genauso dämlich aus wie Steven. Er stopfte sich die Hände in die alten, zerrissenen Jeans und bemerkte: "Das erklärt, warum die liebe Irene einfach keinen an sich heranlässt! Ich meine gut, so ein Typ wie Dr. Lecter hat schon was an sich... Wie läuft es denn so bei euch? Ich hoffe, ich störe nicht..." Er grinste. Ich schüttelte den Kopf: "Dwight, zieh' ab! Warum bist du nicht bei Steven? Was bist du denn für ein Freund?" "Nicht vom Thema ablenken, Süße... Du hast gar nicht meine Frage beantwortet. Na gut, dann wende ich mich an deinen Doktor..." Ich glaube, ich habe Hannibal noch nie so wütend gesehen wie in diesem Moment. Seine blauen Augen funkelten kalt, seine Miene war hart und ich bemerkte, wie sich seine Muskeln anspannten: "Mr. Johnson, ich denke, Sie haben jetzt gewisse Vorlesungen..." Er hob die Hände: "Also stimmen die Gerüchte wohl. Ich wollte nur mal nachsehen. Gut, dann gehe ich. Aber ich denke, Irene hat jetzt auch Vorlesungen, oder nicht?" Ich seufzte: "Ist ja schon gut." Ich wollte gerade gehen, da kam auch schon Constanze angeschossen: "Dwight, mein Hübscher! Wo warst du denn? Ich habe dich überall gesucht!" Dwight zuckte zusammen. Ach ja, Constanze hatte mir davon erzählt. In den letzten Tagen hatte Dwight immer wieder versucht, sich ihr zu nähern. Aber warum ließ sie das gerade jetzt zu? Sie verabscheute doch solche Männer...
Sie stand neben ihm und streifte kurz seinen Oberarm: "Wärst du ein Schatz und holst mir noch schnell einen Kaffee? Du bist doch immer so schnell, habe ich gehört..." Ihre Stimme klang zuckersüß, sie setzte das einmalige, anzügliche Lächeln auf und ich wusste, was sie vorhatte. Damit konnte sie so ziemlich jeden um den Finger wickeln. Ich fand es immer wieder amüsant, wie all die Männer dann immer hellhörig wurden und wie Hunde sofort nach ihrer Pfeife tanzten.
Dwight nickte hastig: "Wenn du das möchtest... Ich laufe eben los. Du kannst ihn dir dann bei mir abholen, ich bin im Foyer..." "Du bist ein Schatz, Dwight. Ich danke dir." Sie zwinkerte ihm noch einmal zu und er stolperte zurück. Endlich flitzte er davon. Ich sah Constanze dankbar an: "Danke, Constanze." Sie grinste nur. Dann richtete sie ihren Blick auf Hannibal, der neben mir stand und das ganze interessiert mitangesehen hatte. Er ließ seinen Blick nun von mir zu Constanze und wieder zurück wandern. Sie ergriff das Wort: "Keine Sorge, Dr. Lecter. Ich bin auf Ihrer Seite. Sie scheinen Irene wirklich gut zu tun. Daher unterstütze ich euch. Aber wehe, Sie tun meiner Irene weh!" "Miss Martensen, ich werde mich bemühen, dies' zu unterlassen.", murmelte Hannibal. Sie nickte: "Ich will es hoffen..." Dann wendete sie sich mir zu: "Entschuldige, wenn ich jetzt so dazwischen gehen musste, aber wir haben jetzt Vorlesungen. Und wenn du nicht willst, dass gleich alle hier stehen und euch betrachten, schlage ich vor, du verabschiedest dich kurz und kommst dann mit mir." Ich nickte, doch dann drückte ich mich noch einmal an Hannibal und küsste ihn: "Bis gleich.", murmelte ich. Er nickte: "Jetzt lauf, sonst kommen gleich wirklich alle. Wir sehen uns gleich im Hörsaal..." Ich lächelte leicht und lief mit Constanze los: "Ihr seid wirklich niedlich, ihr zwei.", bemerkte sie grinsend, als wir außer Hörweite waren. Ich wendete verlegen den Blick ab: "Er ist niedlich..." Dann wurde ich wieder traurig. Constanze fiel das sofort auf. Sie blieb stehen und sah mich genau an: "Irene, was ist denn los? Ist etwas passiert?" Ich zuckte mit den Schultern: "Das wirst du gleich hören." "Oh je...", lautete ihr Kommentar dazu. Mehr sagte sie nicht mehr, denn Dwight kam auf uns zugelaufen: "Hier, holde Maid.", murmelte er und reichte Constanze den Kaffee. Sie setzte wieder ihr Grinsen auf und säuselte: "Ich danke dir. Du bist ein Engel..." Sie beugte sich vor und drückte Dwight einen leichten Kuss auf die Wange. Ich sah genau, wie ihm die Röte ins Gesicht kroch: "Gern geschehen...", murmelte er leise und verschwand. Constanze drehte sich um und verzog das Gesicht: "Warum immer ich?" "Ich danke dir, Constanze. Du hast uns vor ihm gerettet... Aber wenn ich ehrlich bin, saht ihr beide gerade recht niedlich aus..." Ich fing mir sofort eine Kopfnuss: "Du spinnst wohl! Nicht einmal im Traum würde ich etwas mit dem anfangen!" "Aber mit Steven oder was?" Sie seufzte: "Steven ist einfach DER Schwarm aller Studentinnen..." Ich verdrehte die Augen: "Meiner nicht." Sie lachte und nippte an ihrem Kaffee: "Nein, stimmt. Du hast deinen Doktor..." Ich lachte ebenfalls: "Ja." Es war mir nicht mehr unangenehm. Ich konnte offen mit Constanze darüber sprechen. Es war schön, sie als Freundin zu haben.
Plötzlich klopfte sie mir auf die Schulter: "Komm jetzt, sonst wird dein Doktor noch böse auf uns..." Gemeinsam liefen wir in den Hörsaal und warteten auf Hannibal...

"Entschuldigen Sie bitte die Verspätung, meine Damen und Herren, aber heute geht hier alles ein wenig drunter und drüber..."
Da war er, mein geliebter Hannibal. Heute vermutlich zum letzten Mal als mein Dozent. Er stellte seine Tasche wie gewohnt neben das Lesepult. Doch dann widmete er sich nicht wie gewohnt gleich dem Thema. Ich bekam leichte Bauchschmerzen: "Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass dies hier unsere letzte gemeinsame Vorlesung ist. Der junge Steven McLaren wird sich demnächst einer Therapie bei mir unterziehen, daher übernimmt Professor Rudolphus wieder." Er warf einen kurzen Blick auf mich und ich senkte leicht gequält den Blick auf meinen Collegeblock. Ich spürte Constanzes Hand auf meinem Knie und sah sie an. Ihre Augen funkelten und sie schrieb auf ihren Zettel:

Das tut mir leid.

Ich zuckte mit den Schultern und richtete meinen Blick wieder nach vorne. Hannibal straffte kurz seine breiten Schultern: "Nun denn, dann widmen wir uns ein letztes Mal dem wirklich Wichtigen..." Ich hörte nur halb zu. Bei ihm waren die Vorlesungen so gut gewesen! Warum musste er nun Steven therapieren? Gut, damit war unsere Beziehung vielleicht nicht mehr so in Gefahr, aber er würde mir dennoch fehlen! Sehr fehlen! Ich liebte es, wenn er dicht an mir vorbei lief und sein Finger meinen Arm streifte. Oder wenn ich nach der Vorlesung noch einmal nach vorne zu ihm huschte, um ihn für die Stunde zu loben. All das würde dann immer bis zum Nachmittag oder im schlimmsten Fall bis zum Wochenende warten müssen. Würde ich das aushalten? Na ja, ich hatte es vorher auch geschafft. Aber wenn man etwas nicht hatte, konnte man das auch nicht vermissen. Ich dagegen würde es ab jetzt sehr schwer haben, das wusste ich. Und ich sollte recht behalten...

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