28.

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Mein Grinsen wurde immer breiter und ich nickte schließlich. Nun war es ausnahmsweise einmal Constanze, die kreidebleich wurde: "Du veralberst mich!" Ich schüttelte den Kopf: "Dazu habe ich keinen Grund. Du kannst es mir ruhig glauben, Conni - Ich habe eine Beziehung mit ihm." Nun lächelte auch sie: "Mensch, das freut mich! Vor allem, weil es meine These bestätigt, dass es auch für dich noch einen guten Mann gibt." Ich verdrehte die Augen: "Ja, ich geb' es ja zu! Du hattest recht. Bist du zufrieden?" "Bist du es denn?" Die Antwort fiel mir nicht schwer: "Auf jeden Fall!" "Dann bin ich es auch. Aber ehrlich gesagt bin ich auch etwas neidisch. Er scheint ja einen wirklich guten Eindruck zu machen." Plötzlich funkelten ihre Augen und auch ihr Grinsen wurde immer breiter: "Irene..." Ich war leicht verwirrt: "Was ist denn los, Constanze?" "Du hast doch bestimmt von Samstag auf Sonntag bei ihm übernachtet, stimmts?" Ich sah in eine andere Richtung: "Vielleicht.", murmelte ich und wurde rot. Constanzes Finger trommelten auf dem Papier und ihre Augen formten sich zu Schlitzen: "Wo hast du denn geschlafen, wenn ich mal so fragen darf?" Als wäre es die normalste Sache der Welt antwortete ich: "In seinem Bett. Bei ihm." Nun zog Constanze eine Augenbraue hoch und ich wusste, worauf sie anspielte: "Ist das dein Ernst, Conni?" Sie nickte langsam und grinste. Ich seufzte, dann nahm ich ihre Hand: "Okay, erwischt." "Hattet ihr etwa...?" "Ja. Es... war meine Schuld." Sie lachte und nahm mich in die Arme: "Meinen Glückwunsch! Aber so musst du nicht denken! Hauptsache, du hast dich nicht gezwungen gefühlt." "Oh nein! Auf keinen Fall! Ich fand es ehrlich gesagt... sogar ganz schön." Constanze nickte: "Hab ich es dir doch gesagt! Du wartest auf den Richtigen und dann funktioniert das auch. Ich wusste zwar nicht, dass es Dr. Lecter sein würde..." Ich unterbrach sie scharf zischend: "Conni! Erwähne nicht seinen Namen, bitte! Es darf keiner erfahren!" Sie murmelte: "Verzeihung... Oh mann, Irene. Da hast du die Liebesgeschichte, die du dir so sehr gewünscht hast." Ja, da hatte Constanze recht. Zumindest für den Moment. Ich konnte ja nicht ahnen, dass da noch etwas auf mich wartete, dem ich zu jener Zeit nicht gewachsen war.
Constanze sah auf die Uhr: "Na dann, auf zu deinem Geliebten! Und jetzt kannst du es nicht einmal mehr leugnen!" "Ist ja schon gut. Benimm dich doch bitte etwas weniger auffällig." Lachend machten wir uns auf den Weg zum Hörsaal...

Der Saal war wie immer brechend voll. Das lag, so vermutete ich leicht grinsend, bestimmt an Hannibal. Er plante seine Vorlesungen genauestens durch, trennte unwichtiges von wichtigem aber vor allem - Er bezog seine Studenten immer mit ein!
In diesem Saal gab es für mich nur ein Problem. Dieses trug den Namen Steven McLaren. Und natürlich musste er mich auch gleich wieder ansprechen: "Ey, Pawlow! Ich finde es echt schade, dass du am Wochenende nicht da warst. Es war mal wieder zu gut!" Ich drehte mich zu dem selbstverliebten Mann mit dem mindestens hundert Meter großen Ego um und erwiderte desinteressiert: "Und, Steven? Hast du einem unschuldigen Mädchen wieder das Herz gebrochen?" Er leckte sich kurz die Lippen: "Klar. Bist du neidisch?" Ich schüttelte den Kopf. Dann hörte ich eine Stimme und mein Herz schlug schneller: "Meine Damen und Herren, würden Sie bitte Platz nehmen? Das wäre zu freundlich, vielen Dank."
Ich drehte mich wieder nach vorne und endlich sah ich ihn. Hannibal hatte seine Tasche abgelegt und angelte einen Zettel daraus. Ich kannte diesen Zettel. Er hatte sich darauf Notizen gemacht, während ich gelernt hatte. Hannibal ließ seinen Blick prüfend über die vielen Sitzplätze gleiten. Dann fiel sein Blick auf mich und er zwinkerte mir zu. Automatisch hatte ich das Gefühl, wieder in seinen Armen zu liegen und ein breites Lächeln zierte mein Gesicht. Auch Hannibal lächelte kurz. Ich denke, er wusste, an was ich dachte. Dann trat er vor und begrüßte uns alle: "Guten Morgen, liebe Studentinnen und Studenten. Ich hoffe, Sie haben sich in Ihrem Wochenende alle gut erholt und sind nun fit für eine weitere Woche voller Bildung und harter Arbeit." Ich konnte nichts anderes tun, als ihn anzusehen und zu lächeln. Die ganze Vorlesung über. Wann immer sich unsere Blicke trafen, wandte ich kurz den meinen ab und wurde rot. Ich bewunderte ihn dafür, dass er es so gut verbergen konnte. Ich konnte es nicht: "Irene... vorsichtig.", erinnerte mich Constanze leise. Ich nickte verträumt. Hannibal war ein wirklich guter Lehrer! Die perfekte Mischung aus Strenge und Humor. Das musste ich ihm unbedingt noch einmal sagen!
Ehe ich es mich versah, war die Vorlesung auch schon wieder zu Ende. Und wieder einmal hatte ich überhaupt nichts mitbekommen. Die anderen Studenten verließen bereits den Saal, da rief mich Hannibal: "Miss Pawlow, kommen Sie doch bitte noch einmal hierher nach vorne, zu mir. Ich hätte da noch so eine Frage an Sie..." Constanze nickte mir zu: "Geh du nur, ich warte dann im Foyer auf dich." Und schnell verschwand auch sie. Ich ging nach vorne: "... Dr. Lecter, das war eine wirklich gelungene Vorlesung!" Er zog belustigt die Augenbrauen hoch: "So? Sie wirkten nicht sonderlich anwesend. Sie wirkten eher etwas, sagen wir, abgelenkt." Und wieder wurde ich rot. Ich senkte die Stimme: "Wie kann ich anders bei einer solchen Präsenz..." Er sah sich kurz um, dann umfasste er mit seiner rechten Hand zärtlich mein Kinn. Ich sah mich hektisch um, doch er flüsterte ruhig: "Keine Sorge, das sieht schon keiner..." Und er beugte sich zu mir hinab und küsste mich sanft. Dann flüsterte er: "Ich habe dich vermisst." "Ich war doch gestern erst bei dir.", erwiderte ich. Er grinste: "Aber nicht gestern Nacht." Ich schloss kurz die Augen. Er hatte mir auch gefehlt. Seine direkte Nähe zu spüren, war einfach wundervoll! Plötzlich sehnte ich mich wieder nach ihm, ich schlang die Arme um seinen sehnigen Stiernacken und zog ihn an mich: "Irene, vorsichtig...", murmelte er, doch da trafen sich bereits wieder unsere Lippen. Ich wusste selbst, dass ich vorsichtig sein musste. Aber ich hatte gerade überhaupt keine Kontrolle mehr über mich. Er löste sich von mir: "Irene... du solltest jetzt besser gehen." Ich verstand erst nicht, warum, doch dann fiel mein Blick kurz auf seine Hose und ich verstand: "Darf ich heute Abend zu dir, Hannibal?" Er nickte eifrig: "Ich würde mich freuen. Und jetzt, lauf. Miss Martensen wartet bestimmt schon auf dich." Ich drückte ihm noch einen Kuss auf die Wange: "Ich liebe dich. Bis später." Er nickte mir zu, ich griff nach meiner Tasche und stolperte aus dem Saal. Draußen wurde ich bereits erwartet. Aber die Stimme verhieß nichts Gutes: "Pawlow, da bist du ja. Ich dachte schon, du kommst nicht mehr. Ich wollte noch mein Gespräch mit dir von eben beenden..." An der Wand lehnte Steven McLaren - Und sein Blick verhieß ebenfalls nichts Gutes...

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