Am nächsten Morgen...
Mit einem pochenden Gefühl am Kopf öffnete ich mühselig meine Augen. Die Augenlider fühlten sich wie Blei an, total schwer. Durch das Fenster schien schon wieder die Sonne, durch die Helligkeit kniff ich die Augen wieder zusammen, bis sie sich an das Licht gewöhnt hatten. Mein Kopf fühlte sich leer an, am Hinterkopf spürte ich etwas brennen. Vorsichtig betastete ich die betroffene Stelle mit der Hand und erfühlte eine Naht. Was war passiert?! Ich wusste nur noch, dass irgendjemand meinen Kopf gegen eine Wand geschlagen hatte, dann war mir schwarz vor Augen geworden.
Ich hievte meinen Körper aus dem Bett. Mein Blick fiel auf den Nachttisch. Dort lag eine weiße Rose. Wie kam die denn dahin?! Träumte ich vielleicht noch? Das war seltsam!
Ich rieb mir die Schläfen, als ich plötzlich ein Klirren hörte. Sofort vergaß ich diese Rose, alle meine Sinne waren wach und ich vergaß sogar den pulsierenden Schmerz an meinem Hinterkopf für den Moment. Vorsichtig schlich ich nach unten. In der Küche roch es nach frischem Kaffee. Seltsam! Ich konnte mich nicht erinnern, welchen aufgesetzt zu haben! Wer war das?!
Für einen Moment verharrte ich vor der Tür zur Küche, dann stieß ich diese auf. Ich kam mir vor wie einer dieser Polizisten aus dem Fernsehen. Doch diese Überlegungen gehörten nicht hierher! Jetzt war absolute Vorsicht geboten! Doch als ich mich umsah, erwartete mich etwas komplett anderes...
Auf der Arbeitsplatte stand eine Blumenvase mit frischen weißen Rosen. Moment mal! Eine Rose hatte ich doch schon vorhin auf meinem Nachttisch gefunden! Und die stammten allesamt bestimmt nicht von mir! Da MUSSTE einfach noch jemand Fremdes in meinem Haus gewesen sein! Aber warum? Bei mir gab es doch nichts zu holen! Oder doch?
Während ich so darüber nachdachte, fiel mein immer noch leicht verklärter Blick auf einen Zettel dicht neben der Vase. Mit gerunzelter Stirn und Interesse trat ich vorsichtig näher heran. Wunderschöne, mit einem Füller gezeichnete Buchstaben zierten teils geschwungen und teils verschnörkelt das weiße, makellose Papier. Neugierig begann ich zu lesen..."Sehr geehrte Miss Pawlow,
Ich hoffe doch sehr, dass ich Sie nicht geweckt habe. Falls doch möchte ich mich hiermit dafür entschuldigen. Ebenso für mein unbefugtes Eindringen in Ihr privates Reich. Aber ich hatte keine Wahl!Ich weiß nicht, ob Sie sich an die vergangene Nacht erinnern können. Falls ja, so hoffe ich, finden Sie Trost in den Blumen. Denken Sie an Ihre Definition zu denen!
Ich habe mir erlaubt, Ihre Wunde am Kopf ordnungsgemäß zu untersuchen und zu behandeln. Sie scheinen nichts davon mitbekommen zu haben und falls doch - So muss ich auch hier wieder um Verzeihung bitten.Angemerkt sei noch, entschuldigen Sie bitte meine Aufdringlichkeit und Dreistigkeit, ist mir bei einem prüfenden Blick in den Kühlschrank aufgefallen, dass Sie sich scheinbar nicht sonderlich gut ernähren. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich respektiere Ihre Ansichten! Dennoch denke ich, Sie sollten mehr zu sich nehmen.
Ich war so dreist und habe mir erlaubt, Ihren Kühlschrank aufzufüllen. Ich weiß, es schickt sich nicht sonderlich, doch mir liegt viel an Ihnen, Miss Pawlow! Daher würde es mir eine große Freude bereiten, wenn Sie diese kleine "Hilfestellung" annehmen. Anweisung des Doktors...Zusammengefasst möchte ich Sie also noch einmal dringlichst um Verzeihung bitten. Ich werde mir Ihre Wunde bei unserem Treffen am kommenden Samstag noch einmal genauer ansehen. Selbstverständlich nur, wenn Sie es gestatten.
Mit freundlichen Grüßen und besten Genesungswünschen,Hannibal Lecter, M.D.
PS.: Der frische Kaffee ist für Sie. Leider konnte ich Ihnen keine Gesellschaft dazu leisten, was ich wirklich gern getan hätte. Aber ich bin relativ sicher, dass wir das irgendwann einmal nachholen können...
Ta-Ta,
H."Ich hielt den Zettel in den Händen und musste schlucken. Dr. Lecter hatte mich behandelt? Er war hier in meinem Haus gewesen? Und ich hatte NICHTS davon mitbekommen?!?
Unweigerlich drückte ich den Zettel an meine Brust. Als ich die Nase daran hielt, konnte ich noch einen sehr dünnen Hauch seines Geruchs ausmachen. Diesen Zettel würde ich in Ehren halten! Das war das mindeste, was ich tun konnte!
Als mein Blick erneut auf die Rosen fiel, da wusste ich: Ich musste mich irgendwie hierfür revanchieren! Aber wie könnte ich das? So gesehen wusste ich eigentlich nichts über den Doktor. Zumindest nichts, was ich dafür hätte gebrauchen können. Wie sollte ich das bloß anstellen? Mir blieb nur, mich mit Constanze darüber zu beraten. Sie würde bestimmt wissen, wie ich mich revanchieren könnte. Fest stand in diesem Moment auf jeden Fall: Von meiner Seite MUSSTE nun etwas geschehen! Das sagte mir meine gute, wenn auch manchmal eher fragwürdige Erziehung. Ein quid pro quo! Und dieses hatte Dr. Lecter mittlerweile mehr als verdient!
Ich sah auf die Uhr und erschrak. Es war bereits elf Uhr?! Wie lange hatte ich denn bitte geschlafen?!? Ich musste zur Universität! Schnell sammelte ich meine Sachen zusammen und zog mich an. Mein Kopf schmerzte immer noch. Doch das hielt mich nicht davon ab, zur Universität zu gehen! Ich war eine Kämpfernatur!
Mich trieb ein Gedanke voran: Der Gedanke, dass ich Dr. Lecter begegnen könnte. Ich malte mir auf dem Weg zur Uni aus, wie er vor mir stand. Ich dankte ihm für seine gestrige Pflege - und er lächelte...Als ich das Foyer der Uni betrat, fand ich gähnende Leere und Einsamkeit vor. Die Studenten befanden sich alle irgendwo in den Fachräumen und Sälen. Es war ja auch keine Pause.
Ich beschloss, erst einmal in die Bibliothek zu gehen. Dort würde ich auf Constanze warten und mit ihr reden. Sie machte sich wahrscheinlich wieder einmal unendlich viele Sorgen. Das würde wahrscheinlich wieder eine heftige Inquisition geben...
Auch die Bibliothek fand ich das komplett leer vor. Dort saß nur eine Person. Und als ich die Tür öffnete und eintrat, erntete ich einen verwunderten Blick. Und dann eine Frage: "Miss Pawlow, was machen Sie denn hier?! Sollten Sie nicht besser zu Hause liegen und sich ausruhen?!" Dr. Lecter verlieh seiner Stimme einen tadelnden Unterton. Aber an eine Antwort konnte ich nicht denken! In diesen Moment wollte ich nur eines - eigene Antworten auf meine Fragen. Und davon hatte ich nun einige...

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University Lovestory
FanfictionIrene Pawlow studiert Medizin an einer Universität in Baltimore. Eines Tages trifft sie dort auf Dr. Hannibal Lecter als ihren Gastdozenten - mit fatalen Folgen.