Da lag sie. Keine zwei Minuten, nachdem sie ihre Augen geschlossen hatte, war Irene auch schon eingeschlafen. Ich lauschte ihren immer tiefer werdenden Atemzügen und überlegte. Was war gerade passiert? Ich musste mich erst einmal sammeln. So befreite ich mich vorsichtig aus Irenes Umarmung, wohl bedacht, sie nicht zu wecken und schlich aus dem Schlafzimmer. Ich griff mir meine Sachen und zog diese schnell über. Dann ging ich die Treppe hinab in die Küche und trank in wenigen Zügen ein Glas Wein. Ich schüttelte den Kopf. Was hatten wir heute nur alles zugelassen? Was hatte ich alles zugelassen: "Du solltest dich wirklich schämen, Hannibal!", schimpfte eine Stimme in mir. "Sie ist doch noch so unerfahren!" Ein Grinsen huschte mir über das Gesicht. Dafür war sie echt gut. Mit jeder weiteren Sekunde, die verstrich, wurde mir mehr und mehr klar, dass meine letzten Worte ihr gegenüber wahr waren. Ich musste feststellen, dass ich sie wirklich liebte. Ich wollte sie gar nicht mehr gehen lassen! Doch ich wusste, dass das nicht funktionieren würde. Nicht, solange ich ihr Dozent war...
Ich sah aus dem Fenster. Die Zeit verstrich und plötzlich hörte ich eine mir bekannte Stimme: "Hannibal, warum bist du weggegangen?" Ich stellte mein Glas auf den Tisch, das ich mittlerweile bereits zum dritten Mal geleert hatte und sah Irene an. Ich lächelte: "Ich wollte dich nicht wecken, mano Vaikaş. Du sahst so erschöpft aus." "Das bin ich auch. Aber dann wachte ich auf und du warst nicht da. Ich dachte, du wärst meiner vielleicht überdrüssig geworden." Ich blinzelte und musste ein Schmunzeln unterdrücken: "Also bitte, das wäre doch ziemlich taktlos von mir! Nein, nein, ich wollte dich einfach nur nicht wecken, aber ich musste nachdenken..."
Irene hob eine Augenbraue und setzte sich zu mir an den Tisch: "Worüber musstest du denn nachdenken, Hannibal?" "Über das, was heute alles geschehen ist." Ihr Ton wechselte einen Hauch weit ins melancholische: "War es denn so falsch?" Ich sah aus dem Fenster: "Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Was denkst du?" Meine Hand fand blind die ihre und mein Daumen strich sanft über die Haut. Irene sah mit gerunzelter Stirn auf die Tischplatte: "Naja, ich denke nicht, dass es ein großer Fehler war, im Gegenteil - Ich bin sogar ziemlich glücklich darüber, was geschehen ist. Doch die Tatsache, dass du mein Dozent bist, sei es auch nur Gastdozent und vorübergehend, macht es etwas schwieriger." Ich richtete meinen Blick auf sie und sie murmelte: "Ich möchte deinen guten Ruf bewahren. Daher werde ich dir in der Öffentlichkeit nicht allzu nahe treten können." "Irene", unterbrach ich sie, doch sie hob nur die Hand: "Lass mich bitte ausreden. Es ist ja nur für diese gewisse Zeit. Wenn Professor Rudolphus wieder übernimmt, dann funktioniert das auch öffentlich... Wenn du das überhaupt möchtest, versteht sich." In diesem Moment wünschte ich mir nichts mehr. Endlich hatte ich jemanden gefunden, der meine Interessen teilte! Vielleicht nicht alle, aber was nicht war, das konnte ja noch werden...
Ich murmelte: "Also in der Universität die totale Gefühlskälte?" Irene schüttelte den Kopf: "Nein. Das normale Verhältnis zwischen Dozent und Student." "Ich verstehe." Damit konnte ich umgehen. Also würde ich mich genauso verhalten, wie ich es schon die ganze Woche getan hatte. Dann würde niemand etwas merken und ich könnte meiner kleinen unwissenden Irene dennoch beistehen. Ein Grinsen huschte über mein Gesicht. Dann riss mich Irenes Stimme aus den Gedanken: "Hannibal? Ich bin so schrecklich müde." Ich sah zu ihr: "Das ist verständlich. Heute ist viel passiert. Das war vermutlich eine Reizüberflutung... Möchtest du vielleicht bei mir übernachten?" Ihre Augen wurden plötzlich ganz groß: "Oh, nein, ich kann doch nicht..." Ich hob die Hand: "Und ob du kannst! Du bist müde. Komm - Ich bringe dich in Bett." Ich stand auf und hob kurzerhand Irene in meine Arme. Dann trug ich sie die Treppe hinauf, während sie sich in meine Arme kuschelte: "Mach es dir gar nicht erst gemütlich! Wir sind schon fast da." "Aber deine Arme sind so schön warm und gemütlich! Ich fühle mich total geborgen, wenn du mich trägst." Innerlich musste ich lachen. Oh Irene, dachte ich dabei. Wenn du nur wüsstest...
Oben angekommen wühlte ich im Schrank nach einem T-Shirt: "Hier, zieh das an." Sie schlüpfte aus dem Hemd in das Shirt. Dann faltete sie alles noch einmal ordentlich, legte es auf den Sessel und kroch erschöpft ins Bett. Ich setzte mich auf die Bettkante und flüsterte: "Ruh' dich jetzt aus. Und mach dir keine Sorgen wegen der Universität - Das sind alles solche Langweiler, die merken das bestimmt nicht." Irene murmelte etwas unverständliches, sie schien nicht sonderlich überzeugt. Aber sie sagte auch nichts mehr dazu. Ich beugte mich vor, hauchte ihr einen Kuss auf das Haar und richtete mich auf. Ich schlich zur Tür: "Hannibal? Macht es dir wirklich keine Umstände, dass ich hier bleibe?" "Aber nicht doch! Jetzt schlafe erstmal. Ich komme später zu dir ins Bett, ich räume noch etwas unten auf." Sie gähnte und ließ sich ins Kissen fallen. Ich schloss leise die Tür und kehrte in die Küche zurück. Wohin sollte mich das noch führen? Was würde Irene noch mit mir machen? Meine eigentliche Frage: Wie weit konnte ich sie an mich heranlassen, ohne sie zu verletzen und zu verscheuchen? Diese Frage stellte ich mir immer wieder, während ich den Abwasch erledigte. Fest stand für mich - Irene war einzigartig und sie nun gehen zu lassen wäre eine Verschwendung gewesen!
Schließlich schlenderte ich zum letzten Mal an diesem Tag die Treppe hinauf. Normalerweise war ich um diese Zeit meist noch draußen unterwegs oder am arbeiten. Aber heute würde ich eine Ausnahme machen. Ich hatte es Irene versprochen und ich war ein Mensch, der seine Versprechen immer hielt. So legte ich mich zu ihr ins Bett, zog die Decke über uns und spürte im nächsten Moment bereits ihren warmen Körper neben mir. Wie lange hatte ich eine solche Wärme nicht mehr spüren dürfen! In meinem Gedankenpalast errichtete ich einen neuen Korridor. Einen Korridor, speziell für Irene Pawlow. Mit diesem Gedanken schlief auch ich ein...
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University Lovestory
FanfictionIrene Pawlow studiert Medizin an einer Universität in Baltimore. Eines Tages trifft sie dort auf Dr. Hannibal Lecter als ihren Gastdozenten - mit fatalen Folgen.