Kapitel 10 - Monogamie

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Mein Körper beginnt zu zittern und ich spüre den Wolf in mir, der mich zu meiner Verwandlung drängen will und seine Wut an dem schwachen Menschen vor sich rauslassen will. Mein Sichtfeld flimmert leicht und ich spüre auch meine Hände zittern, die ich sogleich verschränke und zur Ablenkung mit den Knöcheln knacke. Vor mir steht Jennifer und ich beschließe innerlich, dass sie den höchsten Platz in meiner Liste der gehassten Personen einnimmt. Den ersten und den letzten Platz, denn normalerweise hasse ich nicht. Doch sie hat Jamie beleidigt und das ist für mich ein gerechtfertigter Grund, um sie zu hassen. Für wen hält sie sich eigentlich?

Ich nehme meine Umgebung schon lange nicht mehr wahr. Bemerke weder, dass sich die Cafeteria mittlerweile geleert hat und einige der noch Anwesenden zu uns blicken, noch, dass ich eigentlich schon lange auf dem Weg zu meinem Klassenzimmer sein sollte. Es fühlt sich an, als würde heißes Wasser durch meine Venen fließen und nicht Blut. Die Wut durchströmt meinen Körper und lässt mich keinen klaren Gedanken fassen. Nur die Worte von Jennifer ertönen in einer endlosen Schleife in meinem Kopf und ich kann sie nicht ausblenden und mit jedem erneuten Durchlauf machen sie mich nur noch wütender. Mein Körper setzt alle Zeichen auf die Verwandlung und mein Wolf will mein menschliches Denken übernehmen und alles zerfetzen, was er vor sich hat. Bis nichts mehr übrig ist von der Person, die es gewagt hat, meine Mate zu beleidigen und das Gefühl hat, dass sie mir irgendetwas bedeutet.

Die Wut verfärbt meinen Blick rot und ich sehe nichts anderes mehr, als die abscheuliche Person vor mir, die nicht zurückweicht und sich nicht entschuldigt. Ich glaube bereits zu spüren, dass sich aus meinen Fingern Krallen bilden und mein menschliches Gebiss einem übernatürlichen Raubtiergebiss weichen will, als sich zarte Arme um meinen Oberkörper schlingen. Die Arme versuchen mich zurückzuziehen und aus der Reichweite von Jennifer zu bringen, um den grösstmöglichen Schaden zu verhindern. Ich versuche mich loszureißen, werde jedoch durch ein zweites, kräftigeres Paar Arme daran gehindert, die sich ebenfalls um mich schlingen und mich schließlich zurückziehen.

Ich kann meinen Blick noch immer nicht von Jennifer nehmen, während ich zurückgezogen werde und kann mich erst nach ein paar Metern von ihr abwenden und mich umdrehen. Ich blicke Melanie und Mike in die Augen, welche mich mit weit aufgerissenen Augen und einem leichten Schnaufen anstarren. „Jack, beruhige dich mal, Mann. Du kannst dich nicht hier, mitten in der Cafeteria verwandeln. Es würden..." Mikes letzte Worte bleiben ihm im Hals stecken, als er mir in die Augen blickt und er unterbricht seine Schimpftirade. Sofort wendet er seinen Blick ab und weicht mir aus, als ich versuche, ihn anzublicken. Knurrend wende ich mich Melanie zu, doch auch sie blickt sofort unterwürfig zu Boden und traut sich nicht mehr, zu mir aufzuschauen.

„Was ist euer verdammtes Problem?", fahre ich sie knurrend an. Die Wut steckt noch immer in meinen Gliedern und ich zittere wegen der unterdrückten Verwandlung leicht. Mike und Melanie werfen sich kurz einen unsicheren Blick zu, beeilen sich jedoch mit einer Antwort, als ich erneut leise knurre. „Deine Augen glühen und lösen in uns den Drang aus, uns zu unterwerfen. Viel stärker als sonst." Mike rückt schließlich mit der Antwort raus, allerdings zurückhaltend und angespannt, ganz im Gegensatz zu seiner sonstigen positiven und optimistischen Art.

Überrascht wegen der Antwort weiche ich ein paar Schritte zurück. Ich verstehe es nicht. So sollte es nicht sein, denn obwohl ich ihnen übergestellt bin, sollte ich sie nicht kontrollieren können. Ich sollte keine solche Macht haben, zumindest noch nicht jetzt. Die Wut in meinem Inneren wird ruhiger. Sie wird nicht weniger oder schwächer, sondern kontrollierter und deswegen mächtiger. Es ist ein komisches und beunruhigendes Gefühl. Doch gleichzeitig mit meiner Wut, werde auch ich selbst ruhiger.

Obwohl ich es nicht sehen kann, bin ich mir sicher, dass auch meine Augen wieder ihren typischen Grauton angenommen haben, denn das unangenehme Brennen, welches ich vorher nicht einmal registriert habe, hat aufgehört. Doch noch immer habe ich keine Erklärung dafür, weshalb sie überhaupt so reagiert haben.

Mate - Schreie ohne VernunftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt