Wir sassen zusammen gekuschelt auf dem Sofa und sahen uns den Weihnachtsfilm Polarexpress an. Ich hatte darauf bestanden und schliesslich hatte er eingewilligt. Anscheinend gefiel ihm aber der Film doch, denn seine Augen fixierten den Bildschirm, so dass er keine Sekunde verpasste. Ich hatte meinen Kopf an seine Schulter gelegt und meine rechte Hand auf seinem Bauch platziert. Da ich den Film schon an die Hundertmal gesehen hatte, hörte ich nur mit halben Ohr zu und lauschte mit dem anderem seinem Herzschlag, den ich schwach hörte und seinem langsamen Atemzügen.
Ich kuschelte mich etwas fester an seine Seite und zog die Wolldecke bis unter mein Kinn. Im Moment fühlte ich mich so wohl, das ich am liebsten für immer so da gesessen hätte, mit seinem Arm um meine Schulter und wie seine Finger die ganze Zeit an meinem Oberarm auf und ab fuhren.
Meine Augen schlossen sich von ganz alleine und ich gab mich meinen Gedanken hin.
Eine Weile plätscherten sie so dahin und ich war kurz vorm Einschlafen, doch dann wanderten sie zu den Geschenken die ich bekommen hatte und da war er wieder. Der Gedanke, den ich schon den ganzen Tag über verdrängte.
Mein Zuhause. Mein richtiges Zuhause. Es war in greifbarer Nähe.
Verdammt.
Ich biss mir auf die Lippen und sah zu Zayn auf. Seine Augen klebten immer noch auf dem Bildschirm. Seine langen Wimpern umrahmten seine braunen Bambi Augen, bei denen ich immer das Gefühl hatte, das sie bis tief in mein inneres sehen konnten.
Das schwarze Haar, das unordentlich in alle Richtungen abstand. Die stoppeln die seine Wangen bedeckten und natürlich seine sinnlichen Lippen.
Dieses wunderschöne Gesicht würde ich niemals vergessen, das wusste ich. Ich konnte ihn nicht verlassen, ich hielt es ja nicht einmal einen Tag lang ohne ihn aus.
Natürlich von die Schweiz nicht so weit entfernt von England. Man konnte leicht an einem Wochenende rüber fliegen.
Doch verdammt, das ging nicht jedes Wochenende. Schliesslich war ich nicht reich oder so.
Ich wollte hier nicht weg. Ich würde alles vermissen. Ich würde ihn vermissen. Ich würde meine Freunde vermissen. Ich würde die UNI vermissen. Ich würde England vermissen. Ich würde Zayn so sehr vermissen.
Das alles konnte ich doch nicht einfach zurück lassen, doch andererseits wartete in der Schweiz mein altes Leben auf mich. Wo ich nicht vergewaltigt wurde. Nicht gezwungen wurde, Dinge zu tun die ich nicht wollte. Wo ich meinen Peinigern nicht jeden Tag begegnen musste. Wo ich nicht Angst haben musste wieder angefallen zu werden. Meine alten Freunde. Den Rest meiner Familie. Meine alte Arbeit, wenn ich nicht weiter Studieren wollte.
Dort schien mir alles besser. Nur etwas gab es dort nicht. Einen Freund der jeden Tag da war. An den ich mich ankuscheln konnte. Der mich tröstete wenn ich traurig war. Dem ich alles anvertrauen konnte. Der ich verstand wie niemand anderes konnte und der mich liebte…
Mir war nach Heulen zumute.
Ich wusste nicht was ich tun sollte.
Meine Eltern konnten mich nicht zwingen mit zu kommen, wenn ich das nicht wollte. Schliesslich war ich schon volljährig. Doch was würde ich machen wenn ich hier blieb? Ich war mir sicher dass ich bei Zayn wohnen konnte, schliesslich tat ich das ja jetzt schon. Doch ich würde kein Geld haben, das hiess ich musste arbeiten gehen und wie sollte ich das anstellen, wenn ich den ganzen Tag an der UNI war? Klar ich konnte am Wochenende arbeiten gehen, doch das würde niemals reichen. Und wenn ich nicht mehr zur UNI ging? Was könnte ich arbeiten? Vielleicht in einem Starbucks?
Oh Gott…
Das war definitiv die schwerste Entscheidung in meinem Leben.
Wenn ich es Zayn sagen würde, wäre er am Boden zerstört und würde dann wahrscheinlich alles tun und sagen, damit ich hier blieb. Da war ich mir sicher.
Alle würden das sagen. Alle meine Freunde an der UNI. Elyar würde das sagen.
Und wenn ich es meinen Freundinnen in der Schweiz erzählte? Sie würden wollen dass ich zurückkomme. Genauso wie der Rest meiner Familie und natürlich auch meine Eltern.
Wieso musste mein Dad auch diesen Job bekommen? Jetzt da sich alles beruhigt hatte und ich endlich glücklich war mit Zayn und er mir gesagt hatte das er mich liebte, machte er alles kaputt.
Verzweifelt sah ich wieder zu ihm auf. Noch immer sah er wie gebannt auf den Bildschirm. Da sass er und hatte keine Ahnung was in mir Vorging oder was vielleicht bald auf ihn zukommen würde.
Warum musste man im Leben immer solche schweren Entscheidungen treffen?
Ich legte meinen Kopf wieder auf seine Schulter und ich spürte wir den griff um meine Schulter noch verstärkte und seine andere Hand zu meiner glitt, die immer noch auf seinem Bauch lag. Er schob seine Finger zwischen meine und als ich aufsah schenkte er mir ein überglückliches lächeln. Ich versuchte es zu erwidern, doch bevor ich die Chance dazu bekam, sah er schon wieder nach vorne.
Ich musste grinsen. Dieser Film nahm wirklich seine ganze Konzentration ein.
Irgendwann musste ich es ihm sagen, das war klar aber noch nicht jetzt. Jetzt wo alles gut war und wir in unserer eigenen kleinen Welt lebten, wo alles gut war und niemand unser Glück störte.
Ein tiefes Seufzen entwich meinen Lippen und ich liess meinen Blick ebenfalls wieder zum Film wandern. Es war gerade die Stelle an der der Junge immer wieder sagte: Ich glaube, ich glaube!
Ja ich glaubte auch. Ich glaubte an uns. Ich glaubte auch, dass wir das überstehen würden, wenn ich wieder zurückging. Doch es würde schmerzen so sehr.„An was denkst du?“ fragte mich Zayn, als wir in seinem Bett lagen.
Ich zeichnete wahllos Muster auf seine nackte Brust und lauschte wie immer seinem Herzschlag unter meinem Ohr.
„Wie sehr ich dich liebe“ sagte ich und hob den Kopf etwas um ihn an zu sehen.
Ein liebevolles lächeln bildete sich auf seinen Lippen.
„Ich liebe dich auch“ murmelte er und machte damit weiter Muster auf meinen Rücken zu zeichnen.
„Zayn?“ fragte ich nach einer Weile in der Stille herrschte.
„Hm?“
„Darf ich dir eine Frage stellen?“
„Ja klar.“
„Hast du schon einmal daran gedacht von hier weg zu ziehen?“
„Wieso die Frage?“
„Neugier. Also?“ antworte ich schnell. Eigentlich wollte ich mich nur etwas schlau machen und herausfinden, wie er vielleicht darüber dachte.
„Ja schon“ sagte er.
„Wieso?“
„Keine Ahnung. Wahrscheinlich wegen meine Dad. Dann müsste ich ihn nie wieder sehen. Und auch weil ich nicht für immer hier bleiben möchte.“
Ich nickte leicht.
„Aber jetzt habe ich dazu ja keinen Grund mehr. Wenn er da ist, bleibe ich einfach bei dir und das Problem ist gelöst“ meinte er und drückte mir einen Kuss auf mein Haar.
Ich biss mir auf die Lippen.
„Und was wäre, wenn ich nicht mehr da wäre?“ fragte ich vorsichtig. Hoffentlich klang das jetzt nicht zu offensichtlich.
„Dann würde ich dir hinterher kommen“ sagte er einfach, als wäre es da offensichtlichste der Welt.
Hatte ich es doch gewusst.
„Und wenn das nicht möglich wäre?“ fragte ich wieder vorsichtig.
Er wach etwas zurück damit er mir in die Augen sehen konnte.
„Wieso sollte das nicht möglich sein?“ Er sah mich mit einer gehoben Augenbraue, fragend an.
Wieder biss ich mir auf die Unterlippe.
„Keine Ahnung. Wenn ich zu weit weg wäre oder wieder in der Schweiz“ Aufmerksam beobachtete ich seine Mimik.
„Kein Ort ist zu weit weg und da du nicht mehr in die Schweiz zurückgehst, ist das gar kein Thema“ meinte er und lehnte sich wieder zurück.
„Woher weisst du das?“
„Weil ich das nicht zulasse. Ich würde dich an mein Bett fesseln“ meinte er und ich wusste das er es als Scherz meinte, doch tief in mir erkannte ich die Wahrheit. Er würde mich niemals gehen lassen.
„Dann ist ja gut, dass es nie dazu kommt“ murmelte ich gegen seine Haut.
Doch würde es wirklich nie dazu kommen?
DU LIEST GERADE
Troublemaker
FanfictionZoey ist nicht gerade begeistert, als ihre Eltern beschlissen nach England zu ziehen und das mitten in ihre Aubildung. Es hilft auch nicht ihre Stummung zu heben, das ihr Neuer Nachbar anscheinend ein richtiges Arschloch ist. In der Schule wird sie...