17. Kapitel

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"Du musst mir versprechen, dass du nie im Hotel auftauchst."
Maurice drehte sich zu ihr. Mara stand im Inneren der Wohnung; sie trug sein T-Shirt und eine ausgeleierte Jogginghose, die sie letztens bei ihm vergessen hatte.
"Wieso?", fragte er neugierig.
Sie trat zu ihm auf die Terrasse, beide Arme um sich geschlungen. "Dann haben wir beide kein entspanntes Leben mehr", behauptete sie. "Die kennen FIA und ich hab null Bock, um Backstagepässe oder die Weitergabe intimer Details angebettelt zu werden. Außerdem trau ich ihnen zu, dass sie mein Handy klauen, um an deine Nummer zu kommen."
"Scheinen mir irgendwie nicht ganz koscher, die Damen", lächelte er und zog sie an seine Seite.
Mara verdrehte die Augen. Was hatte er auch davon anfangen müssen? Jetzt gingen ihr Wilma und Frida erst recht nicht mehr aus dem Kopf. Sie mochte keine von beiden.
Genervt griff sie nach seiner Kippe.
Es belastete sie mehr, als er angenommen hatte. "Glotz nicht so romantisch", murmelte sie. Er gab ihr einen Kuss auf die Wange. "Versprochen. Und jetzt gib das wieder her."
Sie zog noch einmal, bevor sie ihm den winzigen Stummel reichte. Maurice rauchte auf und überließ Mara ihren Gedanken, bis er sich langweilte und sie schließlich rumknutschten.

Sein Handy unterbrach den Moment:


Tarik E.: Zwischen mir und Kim ist es endgültig aus. Kann ich vorbeikommen?
Maurice D.: Es ist mitten in der Nacht, Alter.
Tarik E.: Du bist wach.
Maxim D.: Ja, weil meine Freundin wach ist und wir gerade bei meinen Eltern gegessen haben. Ist deine Entscheidung, ob du dir das wirklich antun willst.
Tarik E.: Egal, bleib wach.
Tarik E.: Ich bin in einer Viertelstunde da.
Maurice D.: Bis gleich.


"Tarik kommt her, ist das okay?"
Mara streckte sich. "Er ist ja eh schon unterwegs", gähnte sie. "Ich geh schlafen."
"Sorry", entschuldigte er sich wenige Minuten später. Er wollte sich wenigstens eine Hose überziehen, wenn sein Kumpel vorbeischaute.
"Hm", grummelte Mara und versteckte sich unter der Decke. Er küsste sie, stellte fest, dass sie nach Zahnpasta schmeckte und flüsterte ihr zu: "Schlaf weiter."

Maurice ließ Tarik mit einem breiten Grinsen rein. Der grimmig Dreinschauende rauschte an ihm vorbei ins Wohnzimmer. Maurice holte zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank und setzte sich zu seinem Freund.
"Ich wusste, dass wir kurz vorm Ende standen, aber sie hat diesen anderen Typen gefickt." Tarik nahm einen großen Schluck und starrte auf den Boden.
"Das ist bitter, tut mir leid, Mann."
"Ja, mir auch", erwiderte er sarkastisch. "Erzähl von dir; ich dachte wirklich, sie wäre bloß ein One Night Stand."
"Sie ist achtzehn", platzte er heraus.
"Ehrlich?! ... Trotzdem bist du mit ihr zusammen?"
"Das ist die intelligenteste Frau, die ich seit Luisa getroffen hab. Abgesehen davon ist sie wunderschön ... Sie hat mir ein Lied geschrieben, Tarik."
"Ist sie gut im Bett?"
Maurice lachte auf. "Ganz nett."
Tarik musterte ihn. Es war offensichtlich, dass er mehr als nur ganz nett im Sinn hatte, wenn er über den Sex mit ihr sprach und das versetzte ihn selbst in die Neider-Position. "Achtzehn ... Geht sie noch zur Schule?", fragte er. Er hatte es ja gleich gewusst. Sie war jung, wirkte hin und wieder fast kindlich. Wären da nicht ihre zwei kaum zu übersehenden Argumente.
"Sie macht ihre Ausbildung." Maurice hätte weggelassen, dass sie erst anfing, aber Tarik kannte ihn zu gut. "Wie lange schon?", wollte er wissen.
Maurice erwiderte nichts, sondern grinste nur ertappt, ohne ihn anzuschauen.
"Das hält doch kein Jahr", rutschte es Tarik raus.
Mit einer Mischung aus Kränkung und Belustigung sah Maurice ihn an. "Komm mit", bat er und führte ihn ins Schlafzimmer.
Mara schlief seelenruhig. Maurice legte einen Finger auf die Lippen, um seinem Freund zu symbolisieren, er habe sich still zu verhalten.
Er gestikulierte ihn zu sich, sodass sie nun beide vor ihrem Gesicht standen. "Wenn sie in ihren Träumereien versinkt sind ihre Lippen leicht geöffnet", hauchte Maurice so leise wie möglich. "Ist sie ungeschminkt sind ihre Wimpern nur noch mittelmäßig lang, aber genauso geschwungen. Ihre Haare liegen nie perfekt, es stehen immer einzelne Strähnen ab, aber nur auf der linken Seite. Ihre Augen werden im Sonnenschein golden und wenn sie die Wahl zwischen Chips und Salat hat, wählt sie die Chips ..."
Tarik hörte ihm gar nicht mehr zu. Er erkannte Maurice' T-Shirt an ihr. Es verwunderte ihn. Normalerweise ging es Maurice ziemlich gegen den Strich, wenn die Weiber seine Klamotten anzogen.
"Sie hasst es, wenn man an ihren Haaren zieht -"
"Halt mal dein Maul", unterbrach ihn Tarik.
Maurice nahm sich seine Worte zu Herzen. Er schaute jetzt Tarik an, der wiederum Mara anstarrte.
"Sie ist Meine", erinnerte ihn Maxim grinsend.
Der andere schlug ihn. Nicht hart, es war kaum mehr als ein freundlicher Klopfer auf den Rücken.
"Schon klar", murmelte Tarik und musste an Kim denken. Er hätte wissen müssen, was sie wirklich meinte, als sie von einer Pause sprach. Plötzlich wollte er sich nur noch ins Koma saufen.
Maurice war glücklich, die Kleine in seinem Bett war glücklich; kurzum: Hier gab es keinen Platz für Tarik, jedenfalls nicht in dieser manisch depressiven Verfassung.

Maurice winkte Tarik zurück in den Flur. "Tut mir echt leid", entschuldigte er sich grundlos.
Sein Kumpel schüttelte nur den Kopf wie ein begossener Pudel. "Du hast mich gewarnt, mach dir keine Vorwürfe."
Maurice nickte. Er konnte ihm nun mal nicht helfen. Nicht in dem euphorischen Zustand, in dem er sich befand. Alles wegen ihr, dachte er.
"Bring sie mal mit ins Studio", schlug Tarik noch vor, bevor er ging.
Maurice hielt das nicht für die allerbeste Idee. Mara war ihm heilig und außerdem kannten seine Jungs sie doch schon. Er wollte sich nicht eingestehen, dass er den Maurice, der sich über FIA definierte, gerne vor ihr geheim halten würde, obwohl es lächerlich war. Schließlich war Mara ursprünglich nur x-beliebiges Fangirl gewesen und kannte den Maurice der Öffentlichkeit vermutlich besser als den privaten/der Gegenwart/der realen Welt, wie auch immer.
Er legte sich zu ihr, zog sie in seine Arme, entlockte ihr einen genervten Laut, lächelte, schlief traumlos neben ihr ein.

Blau wie wirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt