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,, Oh mein Gott. Lilly!"

Ich hüpfte wie von der Tarantel gestochen aus dem Bett und rannte Richtung Küche.

,, Ist alles in Ordnung?", fragte ich aufgeregt und erkannte Chase' Gesicht, welches sich zu einem breiten Grinsen verzog.

,, Jaja, alles bestens, komm mal her."

Ich ließ erleichtert meine Schultern hängen und versuchte über seine Schulter zu gucken, was jedoch nicht ganz so gut klappte, da er vor lauter Freude die Zeitung in seinen Händen herumschwenkte.

,, Zappel nicht so, ich kann ja gar nichts sehen.", meinte ich lachend und drückte sachte seinen Arm nach unten.

,, Hier! Da ist eine Wohnung. Die steht zum Verkauf, wir müssen sie uns anschauen. Die ist der hammer!"

Ich biss mir verlegen auf die Lippen und suchte nach dem Preis.

,, Die ist bestimmt wahnsinnig teuer, Chase.", meinte ich um ihn darauf hinzuweisen.

,, Ja klar, sagt die Millionärin neben mir.", meinte er und verdrehte die Augen.

,, Jetzt komm schon Lilly. Du wolltest ja immer eine Wohnung und jetzt wäre hier eine wirklich "günstige"  im Vergleich zu den anderen und das auch noch hier in unserer Stadt. Besser geht es wohl kaum."

,, Ja,du hast ja recht."

,, Eben. Außerdem habe ich schon mit dem Verkäufer gesprochen. Wir können sie heute um 14:00 Uhr besichtigen."

,, Wie jetzt?" Ich verschränkte die Arme vor der Brust.

,, Du hast schon einen Termin ausgemacht ohne mich vorher zu fragen?"

Chase nickte.

,, Ach und wann wäre es dir in den Sinn gekommen, mir das zu sagen?"

,, Was regst du dich denn jetzt so auf? Ich habe es dir doch gerade gesagt."

,, Ja, aber du hättest vorher mit mir darüber reden können! Und das vor halb zwei!", meinte ich und zeigte auf die Uhr über den Türrahmen.

,, Verstehst du jetzt warum ich wütend wurde?", meinte ich und schüttelte den Kopf.

,, Oh Gott, wir müssen sofort los!", rief er und schnappte sich die Autoschlüssel.

,, Ich habe die Zeit völlig aus den Augen verloren."

,, Okay, aber nicht bevor ich mich umgezogen habe!", meinte ich

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,, Du hast mich nicht ernsthaft im Pyjama ins Auto gesetzt! Chase was fällt dir denn ein?", meinte ich und blickte auf meine graue Hose runter.

,, Ach, das ist doch halb so schlimm.", meinte er und konzentrierte sich weiter auf den Verkehr.

,, Der Vermieter denkt bestimmt ich wäre so ein Junkie, der nur Probleme mit sich bringt."

,, Hey, sag nichts gegen Junkies. Und außerdem ist es ein Verkäufer", meinte Chase und bremste ruckartig.

,, Hast du vielleicht eine Jacke oder so, sodass ich mir etwas überziehen kann und nicht wie der aller letzte Idiot aussehe?", fragte ich und blickte nach hinten.

,, Ja, nimm meine Jacke. Die schwarze."

Ich griff nach hinten und holte sie hervor.

,, Wo genau befindet sich die Wohnung denn?", fragte ich um einen weiteren Konflikt aus dem Weg zu gehen.

,, Upper West Side.", gab er knapp von sich. ,, Wir sind bald da."

Ich holte meine Sonnenbrille hervor und griff nach meinem Handy. Nik hatte mir heute nämlich eine Nachricht geschickt, da er mein Verhalten von gestern gar nicht duldete und mich gerne sprechen würde. Bis jetzt hatte ich noch nicht darauf geantwortet, aber ich wusste spätestens nach seiner "Ich-habe-gesehen-dass-du-meine-Nachricht-gelesen-hast." SMS, dass ich mich melden musste. Und zwar so bald wie möglich.

,, Hast du eigentlich noch was von Val oder deiner Mutter gehört?", fragte Chase und sah kurz zu mir.

,, Ne und das ist mir eigentlich auch relativ egal.", meinte ich und zuckte mit den Achseln.

Allerdings stimmte diese Aussage ganz und gar nicht und das hatte auch Chase gemerkt, denn er blickte kurz zu mir und schüttelte den Kopf.

,, Na gut! Val ist mir mehr oder weniger egal. Meine Mutter - ich weiß nicht..."

Ich legte das Handy beiseite und blickte durch das Fenster auf die Straße.

,, Ich war mein ganzes Leben lang in diesem Heim, hatte keinen Kontakt zu Verwandten und wusste nie woher ich kam. Ich habe mir so oft gewünscht, dass jemand ins Heim kommen würde und mit mir reden würde. Die anderen Kinder kannten mehr oder weniger ihre Geschichte, Verwandte besuchten sie manchmal oder sie bekamen Karten von ihnen. Und ich hatte niemanden, der mir was schickte oder mir erklärte was passiert war. Ich war immer dieses eine Mädchen, dass wie ein Nichts behandelt wurde, da es so aussah, als würde ich nicht existieren. Niemand vermisste mich, sonst hätte sich bestimmt jemand gemeldet. Und dann triffst du diese eine Person, die dir alles erklären kann, deine Mutter die dir das Leben geschenkt hat und von der du trotzdem weggegeben wurdest und du willst einfach nur alles wissen. Alles was damals passiert ist. Und du bekommst die Antworten, aber sie lügt dich dennoch an - dabei verheimlicht sie dir auch noch, dass sie eine Mörderin ist und deinen Vater umgebracht hat. Ich meine, wie verrückt ist das denn bitte? In solchen Momenten denke ich oft zurück und würde am liebsten einfach normal weiterleben wie davor. Ohne Probleme, Lügen oder gar der Wahrheit. Ich würde einfach lieber nichts davon wissen, im Ungewissen leben."

Chase hielte an und drehte sich zu mir.

,, Würdest du das wirklich?", fragte er.

,, Nein.", meinte ich. ,, Ich würde es nicht wollen, da mir genau diese Menschen, die ich in dieser kurzen Zeit kennengelernt habe - dich, Mary, Nik und die anderen - einfach fehlen würden. Ich wäre immer noch gleich leer, alles wäre immer noch gleich unerträglich und schlimm. Und auch wenn es im Moment gar nicht leicht ist, habe ich dennoch ein kleines bisschen Hoffnung, welches ihr mir gebt. Und deshalb bin ich euch so unendlich dankbar dafür."

Ich griff nach seiner Hand und drückte sie.

,, Ich will nur dass du weißt, dass ich - egal ob wir uns streiten oder sonst was zwischen uns ist - immer bei mir haben will und dich trotzdem mag. Ich will dich, Nik, Mary und die anderen einfach nicht verlieren! Ihr habt so vieles für mich getan, vor allem du Chase. Du hast mir geholfen, sooft es ging, warst immer an meiner Seite, standst zu mir. Und ich habe es verbockt, weil ich zu dumm war. Ich habe keine Ahnung wie ich dich verdient habe, aber ich bin überglücklich."

Ich lächelte ihn schüchtern an, während sich auf seinem Gesicht ein strahlendes Lächeln ausbreitete.

,, Und ich.", fing er an und kam näher. ,, Ich werde dich immer lieben, egal was passiert.", hauchte er leise, bevor seine Lippen auf meinen trafen.

Plötzlich MillionärinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt