Prolog

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Vor drei Jahren hatte sich mein Leben völlig verändert. Zurückblickend könnte man sogar sagen, dass ich ein anderer Mensch war. Mein Name war Rachel Brown, nahe London in einem Waisenhaus aufgewachsen. Ich hatte es nie als Grund genommen, um bemitleidet zu werden, doch als ich erfahren hatte, dass meine Eltern umgebracht worden waren und meine Vergangenheit voller Geheimnisse und Mysterien war, hatte sich mein Selbstbild drastisch verändert. Denn an meinem elften Geburtstag hatte ich erfahren, dass ich eine Hexe war – dafür bestimmt auf eine Schule für Hexerei und Zauberei zu gehen, Hogwarts. Euphorisch darüber, dass ich nicht gewöhnlich war, dass ich etwas Besonderes an mir hatte, startete ich mein erstes Schuljahr. Während der nächsten Monate erfuhr ich – teils durch meine eigene Neugier, teils durch den Schulleiter Professor Dumbledore – dass ich einen Bruder hatte, einen Zwilling, wir jedoch nach unserem ersten Lebensjahr durch eine Tragödie auseinandergerissen wurden. Die Ermordung unserer Eltern durch den dunklen Zauberer Voldemort hatte unser ganzes Leben verändert und bestimmte es seitdem. Während mein Bruder, Harry, bei der Schwester unserer Mutter und ihrem Ehemann, sowie ihrem Sohn, aufgewachsen war, war ich in einem Waisenhaus groß geworden. Obwohl ich häufig eine Erklärung von Dumbledore verlangte, sagte er immer und immer wieder, dass ich noch zu jung sei, um die Wahrheit zu erfahren. Eine solch junge und unschuldige Seele wie die meine sollte noch nicht mit einer solchen Last beschwert werden. Ich persönlich glaubte, dass diese Ausrede ziemlicher Schwachsinn war und versuchte seitdem auf eigene Faust mehr über meine Herkunft und Vergangenheit herauszufinden. Es dauerte lange bis Harry und ich uns aneinander gewöhnt hatten. Des Öfteren prallten wir mit unserem Starrsinn und Unüberlegtheit aneinander, aber keiner von uns sah gerne seine eigenen Fehler ein und entschuldigte sich.
Obwohl Hogwarts sich wie ein Zuhause für mich anfühlte, wurde ich oft genug daran erinnert, dass dem nicht unbedingt so war. Viele meiner Klassenkameraden machten sich keine Mühe sich mit mir anzufreunden, sondern tuschelten hinter hervorgehaltener Hand über die totgeglaubte Tochter der Potters. Was mir in der Nacht von Halloween im Jahr 1981 das Leben gerettet hatte, wusste ich nicht, wollte es aber unbedingt herausfinden. Etwas nicht zu wissen bereitete mir Magenschmerzen. Ich hatte gern Kontrolle und es machte mir nicht viel aus, zu lügen, zu sabotieren oder auch mal zu erpressen. Mir war klar, dass ich somit wohl gut in das Haus der Slytherins passte, und trotzdem hatte mich der Sprechende Hut zu meinem Bruder und seinen vielen Anhängern und Bewunderern nach Gryffindor gesteckt – das Haut der Mutigen und Tapferen. Wie ich da hineinpasste, wusste ich nicht so richtig.
Während Harry schnell einige gute Freunde fand, hing ich stets ein wenig zurück und blieb lieber im Hintergrund. Die einzige, die auch nur ein wenig Interesse daran zeigte, mit mir befreundet zu sein, war Hermine Granger, was hauptsächlich aber auch daran lag, dass sie selbst keine anderen Freunde hatte. Obwohl ich am Anfang nicht wirklich mit ihrer Art und der Besserwisserei zurecht kam, freundete ich mich schnell mit ihr an. Die Zwillinge Fred und George Weasley nahmen mich innerhalb des zweiten Schuljahres unter ihre Fittiche. Es war keine Seltenheit, dass ich mit ihnen bei irgendeinem Streich erwischt wurde, jedoch musste man auch sagen, dass wir meistens auch einfach zu klug waren, uns erwischen zu lassen. Bescheidenheit gehörte dabei wohl nicht gerade zu meinen Stärken. Allgemein hatte ich nicht viele Stärken, außer vielleicht mein ausgeprägter Sinn für verbale Selbstverteidigung, aber bei einer Kindheit im Waisenhaus konnte man sich kaum darüber wundern.
Die Jahre vergingen. Ich war nie wirklich ein Teil des berühmten Gryffindor-Trios, aber groß daran stören tat ich mich nicht. Zwar hatte ich viel mit meinem Bruder, Hermine und Ron Weasley zu tun, aber ich war nie bei ihren großen Abenteuern dabei. Das plötzliche Auftauchen unseres Paten Sirius Black stieß mich in ein Loch der Verwirrung und Nachforschungen, die mich nur dazu verleiteten, ihm nicht zu vertrauen. Das ließ Harry und mich noch weiter auseinanderdriften.
Über die Jahre war aus Rachel Brown, Rachel Potter geworden, eine schwierige, einsame Hexe. Ich hatte das Gefühl, ich führte einen ständigen Kampf. Ein Kampf so mutig und gut zu sein wie mein Bruder, denn das war es, was jeder zu erwarten schien, ein Kampf mit meiner Vergangenheit, mit der Ungewissheit, die sich durch mein ganzes bisheriges Leben zog. Dies war meine Geschichte.

Bis zum bitteren Ende [Draco Malfoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt