Slytherins und andere Probleme

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Am nächsten Morgen begegnete Harry mir mit finsterer Miene. „Was ist los?", fragte ich und wünschte Ron einen guten Morgen. Ehe mein Bruder antworten konnte, ließ Hermine ein entsetztes Schnauben hören. „Die haben sie nicht mehr alle!"
Ich drehte mich ihr zu und folgte ihrem ungläubigen Blick. Am schwarzen Brett im Gryffindor Gemeinschaftsraum hing eine große, neue Mitteilung und verdeckte die anderen:

TONNENWEISE GALLEONEN!
Will das Taschengeld nicht mit deinen Ausgaben Schritt halten?
Willst du ein wenig Gold nebenher verdienen?
Bei Interesse melde dich bei Fred und George Weasley,
Gryffindor-Gemeinschaftsraum,
zwecks einfacher und praktisch schmerzfreier Teilzeitarbeit.
(Leider müssen wir darauf hinweisen, dass sämtliche Teilnehmer auf eigene Gefahr hin praktizieren.)

„Oh, um Himmels Willen", murmelte ich, als Hermine den Aushang herunternahm und sich Ron und mir zuwandte. „Schon klar, wir reden mit ihnen", teilte ich ihr lahm mit und sah mich nach den Zwillingen um.
„Sie sind wahrscheinlich schon beim Frühstück. Kommt", meinte Ron und unter erdrückendem Schweigen liefen wir zur Großen Halle.
„Was ziehst du denn so ein Gesicht, Harry?", fragte ich erneut, in der Hoffnung ein Gespräch in Gang zu bekommen.
„Seamus meint, Harry lügt in dieser Sache mit Du-weißt-schon-wem", erklärte Ron kurz, als Harry nicht antwortete.
Hermine seufzte. „Ja, Lavender glaubt das auch"
Ich schnaubte, sagte aber nichts.
„Dann hattet ihr beide sicher eine nette kleine Unterhaltung mit ihr, ob ich nun ein lügnerischer Schwätzer bin, der Aufmerksamkeit sucht oder nicht?", fuhr uns Harry an.
Eine kurze Pause trat ein, während der Hermine und ich ihn erschrocken ansahen.
„Nein", fauchte ich dann. „Außerdem stehe ich genauso dämlich da wie du, Bruderherz. Falls du es immer noch nicht bemerkt haben solltest, ich war dabei, als Voldemort wieder auferstanden ist."
„Und nur so nebenbei, Harry", fügte Hermine hinzu, „könntest du aufhören, immer wieder auf uns rumzuhacken. Wir sind alle auf deiner Seite."
„Tut mir Leid", murmelte Harry nach einer Weile und vermied es uns anzusehen.
Wir waren an der Großen Halle angekommen und ich entdeckte Fred und George bereits am Tisch der Gryffindors sitzen. Ich verabschiedete mich knapp von Ron und Hermine, meinen Bruder ignorierte ich. Dann setzte ich mich den Zwillingen gegenüber und lud mir von dem Rührei auf. Dazu schenkte ich mir in eine Tasse Tee, in die andere Kürbissaft ein.
„Guten Morgen", sagten Fred und George im Chor.
„Musstet ihr diesen Aushang an das schwarze Brett hängen?", meinte ich zwischen zwei Gabeln Ei. „Hermine ist fast ausgeflippt und hat ihn abgenommen."
„Verdammt, ich hab es dir doch gesagt, Fred!"
„Sie will,  dass Ron und ich mit euch darüber sprechen", erzählte ich und verdrehte die Augen. „Also, falls sie fragen sollte, haben wir das geklärt, und ihr habt es aufgegeben Anwärter zum Ausprobieren zu finden."
„Und an wem sollen wir dann unsere Nasch-und-Schwänz-Leckereien vollführen?", hakte George nach.
„Ich werde da schon was klar machen", sagte ich und lächelte die Zwillinge unschuldig an. Sie grinsten und nickten dann. Sie erzählten mir noch ein bisschen über ihre neuen Erfindungen und die Pläne, die sie hatten, und ich schlug ihnen ein paar Verbesserungsschläge vor, die sie jedoch nur mit einer wegwerfenden Handbewegung abschüttelten.
Sobald Professor McGonagall die neuen Stundenpläne ausgeteilt hatte, sank meine Laune ein wenig. „Wie sieht's aus?", fragte Fred.
Ich seufzte. „Zaubereigeschichte, Doppelstunde Zaubertränke, Wahrsagen und dann Doppelstunde Verteidigung gegen die dunkeln Künste mit dieser Umbridge."
„Schräge Frau, ehrlich", murmelte George. „Die wird Ärger machen, das hab ich im Gefühl."
„Fudge hat sie hierher geschickt. Sie arbeitet für ihn."
„Woher willst du das wissen?", fragte Fred.
„Hermine", gab ich als Antwort und ließ meine Augen über den Lehrertisch gleiten. Hagrid war noch immer nicht da. Ich entdeckte Umbridge (wieder in ihrer grässlichen Strickjacke), die bemerkte, dass ich sie ansah und mir dann süßlich zulächelte. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken.
„Ich hoffe, ihr kriegt eure Nasch-und-Schwänz-Leckereien bald auf die Reihe", sagte ich zu Fred und George, die grinsten.
„Je eher, du uns ein paar Versuchsperson bringst, desto schneller, können wir liefern", erklärte George geschäftlich.
„Gut", meinte ich. „Ich werde all meine Verbindungen gebrauchen."
Fred lachte. „Für dein ZAG-Jahr wirst du all deine Kräfte brauchen."
„Warum das?"
„Anstrengung. Überarbeitung. Stress. Zusammenbrüche. Pass auf, dass du nicht auch diese Furunkel im ganzen Gesicht bekommst, wie Kenneth Tower bei uns letztes Jahr."
„Wie habt ihr zwei es überhaupt durch die ZAG-Prüfungen geschafft?"
„Ach, keine Ahnung. Zusammen haben wir sechs ZAGs geschafft. Krieg das erstmal hin."
Verächtlich zog ich eine Augenbraue hoch. „Das schaff ich bestimmt. In Zaubertränke ist mir ein Ohnegleichen sicher."
„Viel Spaß heute bei Umbridge", verabschiedeten sich die Zwillinge. „Wir sehen uns heute Abend."
Ich hob kurz die Hand, trank meinen Tee auf und schulterte dann meine Tasche. Ich bedeutete Ron, Hermine und Harry, dass ich mich schon auf den Weg zu Zaubereigeschichte machte, damit ich mir den Platz in der letzten Reihe sichern konnte. Schließlich hatte ich auch nicht wirklich vor ein ZAG in Zaubereigeschichte zu schaffen, da konnte ich montags auch ruhig noch ein wenig länger schlafen.
Ich durchquerte die Eingangshalle, ging die Marmortreppe hoch und machte mich dann auf den Weg durch die noch leeren Korridore. Mir folgten die Augen der porträtierten Gestalten an den Wänden, die ihre Gespräche unterbrachen, sobald ich in ihr Blickfeld trat. Ich seufzte und beschleunigte meine Schritte. Das Frühstück lag mir schwer im Magen und mein Kopf begann langsam, aber sicher zu dröhnen. Ich kniff die Augen zusammen und massierte meine Schläfen, als ich mit etwas – oder wohl besser gesagt, mit jemandem – zusammenstieß.
Sofort stolperte ich ein paar Schritte nach hinten, konnte mich allerdings noch abfangen. Aber meine Schultasche glitt mir von der Schulter und der halbe Inhalt verteilte sich auf dem Boden.
„Verdammt", murmelte ich und stierte mein Gegenüber böse an, als ich erkannte, dass es Malfoy war. „Musste das sein?"
„Tut mir leid, ich hab dich ja nicht gesehen", erwiderte er tonlos. Hinter ihm tauchte ein anderer Slytherin auf, der mir bekannt vorkam.
„Ah ja, genau das, was ich am Montagmorgen unbedingt brauche", murmelte ich sarkastisch und kniete mich hin, um Pergament, Federn und Tintenfässer aufzusammeln. „Eine Ladung Slytherins, wie perfekt"
Eigentlich hatte ich geglaubt, dass Malfoy und Zabini weitergehen würden, doch beide begannen mir zu helfen, die Sachen wieder in meine Schultasche zu stopfen. Erschöpft seufzte ich und schulterte meine Tasche wieder. In dem Moment zog ein unangenehmer Schmerz von meiner Narbe aus bis zu meinem Kopf hoch, und ich verzog ungewollt das Gesicht.
„Alles okay?", fragte Malfoy und musterte mich.
Ich nickte, setzte mein mürrisches Gesicht wieder auf und drängte mich an den zwei Slytherins vorbei. Doch sobald ich um die nächste Ecke gebogen war, blieb ich stehen und lehnte mich an die Wand. Ich musste nur einen Moment verschnaufen. Vorsichtig legte ich eine Hand auf die Narbe, doch der Schmerz klang schon wieder ab. Erleichtert atmete ich aus.
Gerade wollte ich weitergehen, als Zabinis Stimme durch den Gang zischte. „Verdammt noch mal, Draco. Du musst das langsam mal hinkriegen."
„Das weiß ich selbst, Blaise!", fauchte Malfoy. Eine kurze Pause trat ein.
„Was hält dich davon ab?", fragte Zabini.
Ich konnte mir vorstellen, dass Draco jetzt mit den Schultern zuckte und seinen besten Freund einen argwöhnischen Blick zuwarf. Jemand seufzte auf.
„Er wird ungeduldig", murmelte Draco und ich musste mich anstrengen, ihn zu verstehen. „Er will, dass ich jetzt schnell vorgehe."
Das reichte mir. Ich verstand nicht, worüber die zwei redeten, und wenn ich so überlegte, wollte ich es auch gar nicht wissen. Eilig trat ich wieder meinen Gang zum Klassenzimmer für Zaubereigeschichte an.

Bis zum bitteren Ende [Draco Malfoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt