Die Warnung

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Die Kutschen hielten klirrend an der Steintreppe, die zu den Eichenportalen hinaufführte, und ich stieg als Erste aus. Noch einmal wendete ich meinen Blick zu den Geschöpfen zwischen den Deichseln zu, denn halbherzig hatte ich mir gewünscht, sie wären verschwunden, doch natürlich war dem nicht so.
Ich seufzte und schloss mich meinen Freunden an, die über die steinerne Treppe hoch ins Schloss eilten. Die Eingangshalle stand in loderndem Fackellicht und war erfüllt von schnatternden Schülern, die sich zur Großen Halle drängten.
Allmählich füllten sich die vier langen Haustische und Hermine, Ron, Harry und ich hatten Schwierigkeiten einen Platz zu finden. Ich sah hoch zur verzauberten Decke, um den Blicken meiner Mitschüler zu entgehen, die auf meinen Bruder und mich zeigten und dann ihrem Nachbarn etwas ins Ohr flüsterten. Was hatte ich auch anderes erwartet...
Hermine zog mich mit zur Mitte des Tisches, wo schon Parvati und Lavender, zusammen mit dem Fast Kopflosen Nick, saßen und uns lebhaft begrüßten, woraus ich schloss, dass sie ein paar Sekunden zuvor, noch über mich geredet hatten.
Harry spähte zum Lehrertisch hinauf, anscheinend in der Hoffnung Hagrid zu finden, doch erfolglos. "Er ist nicht da."
"Wo kann er denn sein?", fragte ich.
"Na ja, vielleicht ist er noch nicht zurück", meinte Ron.
Verständnislos sah ich ihn an.
"Ihr wisst schon – sein Auftrag – was er den Sommer über für Dumbledore erledigen sollte", erklärte er und zuckte dann ratlos mit den Schultern.
"Jaah, das wird es sein", sagte Harry.
Hermine, die nun auch zum Lehrertisch sah, machte sich zum ersten Mal in der Unterhaltung bemerkbar: "Wer ist das denn?"
Ich folgte ihrem Blick und erkannte, dass sie die neue Lehrerin meinte. Sie sprach gerade zu Dumbledore, der einen dunkelvioletten Umhang trug. "Das Grauen in Rosa", murmelte ich, denn dies beschrieb die alte Jungfer perfekt. Sie war untersetzt, mit kurzen, mausgrauen Locken, in die sie einen fürchterlichen rosa Haarreif mit Schleife gesteckt hatte, passend zu der flaumig rosa Strickjacke, die sie trug. Sie wandte den Kopf, um aus ihrem Kelch zu trinken, da erkannte ich, dass sie ein fahles, krötenartiges Gesicht mit hervorquellenden Triefaugen hatte.
Neben mir fluchte Harry. "Das ist diese Umbridge!"
"Wer?", fragten Hermine und ich gleichzeitig.
"Die war bei meiner Anhörung dabei; sie arbeitet für Fudge!"
"Hübsche Strickjacke", grinste Ron.
"Sie arbeitet für Fudge!", wiederholte Hermine stirnrunzelnd. "Was um Himmels Willen hat sie dann hier zu suchen?"
Wir zuckten mit den Schultern, doch als ich erneut Umbridge musterte, lief es mir kalt den Rücken runter.
Sobald die Flügeltüren aufgingen und die Erstklässler unter der Führung von Professor McGonagall herein kamen, erstarb das Stimmengewirr in der Großen Halle. Jeder wartete gespannt auf das neue Lied des Sprechenden Huts. Der Riss nahe der Hutkrempe öffnete sich weit wie ein Mund und der Sprechende Hut begann zu singen:

In alter Zeit, als ich noch neu,
Hogwarts am Anfang stand,
Die Gründer unsrer noblen Schule
noch einte ein enges Band.
Sie hatten ein gemeinsam' Ziel
Sie hatten ein Bestreben:
Die beste Zauberschule der Welt,
Und Wissen weitergeben.
»Zusammen wollen wir bau'n und lehr'n!«
Das nahmen die Freunde sich vor.
Und niemals hätten die vier geahnt,
Dass ihre Freundschaft sich verlor.
Gab es so gute Freunde noch
Wie Slytherin und Gryffindor?
Es sei denn jenes zweite Paar
Aus Hufflepuff und Ravenclaw?
Weshalb ging dann dies alles schief,
Hielt diese Freundschaft nicht?
Nun, ich war dort und ich erzähl
Die traurige Geschicht'.
Sagt Slytherin: »Wir lehr'n nur die
Mit reinstem Blut der Ahnen.«
Sagt Ravenclaw: »Wir aber lehr'n,
Wo Klugheit ist in Bahnen.«
Sagt Gryffindor: »Wir lehr'n all die,
Die Mut im Namen haben.«
Sagt Hufflepuff: »Ich nehm sie all'
Ohne Ansehen ihrer Gaben.«
Am Anfang gab es wenig Streit
Nur Unterschiede viele,
Denn jeder der vier Gründer hatte
Ein Haus für seine Ziele.
Sie holten sich, wer da gefiel;
So Slytherin nahm auf,
Wer Zauberer reinen Blutes war
Und listig obendrauf.
Und nur wer hellsten Kopfes war,
Der kam zu Ravenclaw.
Die Mutigsten und Kühnsten doch
Zum tapferen Gryffindor.
Den Rest nahm auf die Hufflepuff,
Tat allen kund ihr Wissen,
So standen die Häuser und die Gründer denn
In Freundschaft, nicht zerrissen.
In Hogwarts herrschte Frieden nun
In manchen glücklichen Jahren,
Doch bald kam hässliche Zwietracht auf,
Aus Schwächen und Fehlern entfahren.
Die Häuser, die vier Säulen gleich
Einst unsre Schule getragen,
Sie sahen sich jetzt als Feinde an,
Wollten herrschen in diesen Tagen.
Nun sah es so aus, als sollte der Schule
Ein frühes Ende sein.
Durch allzu viele Duelle und Kämpfe
Und Stiche der Freunde allein.
Und schließlich brach ein Morgen an,
Da Slytherin ging hinfort.
Und obwohl der Kampf nun verloschen war,
Gab's keinen Frieden dort.
Und nie, seit unsere Gründer vier
Gestutzt auf dreie waren,
Hat Eintracht unter den Häusern geherrscht,
Die sie doch sollten bewahren.
Nun hört gut zu dem Sprechenden Hut,
Ihr wisst, was euch beschieden:
Ich verteil euch auf die Häuser hier,
Wie's mir bestimmt ist hienieden.
Ja, nun lauscht nur meinem Liede gut,
Dies Jahr wird ich weitergehen:
Zu trennen euch bin ich verdammt,
Doch könnt man's als Fehler sehen.
Zwar muss ich meine Pflicht erfüllen
Und jeden Jahrgang teilen.
Doch wird nicht bald durch diese Tat
Das Ende uns ereilen?
Oh, seht das Verderben und deutet die Zeichen,
Die aus der Geschichte erstehen.
Denn unsere Schule ist in Gefahr,
Sie mag durch äußere Feinde vergehen.
Wir müssen uns stets in Hogwarts vereinen
Oder werden zerfallen von innen.
Ich hab's euch gesagt, ich habe gewarnt ...
Lasst die Auswahl nun beginnen.

Bis zum bitteren Ende [Draco Malfoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt