Die Entscheidung des Feuerkelches

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Da der nächste Tag ein Samstag war, wollte ich wie gewohnt erst sehr spät aufstehen, doch mein Plan, wurde von Hermine durchkreuzt, die seit dem zweiten Schuljahr nicht mehr den Fehler gemacht hatte, mich an den Wochenenden so früh aufzuwecken. Demnach musste etwas Wichtiges passiert sein, denn sie rüttelte unsanft an meiner Schulter und sagte laut in mein Ohr: "Rachel, es ist Zeit aufzustehen!"
Ich grunzte nur und zog mir die Decke bis zum Kinn hoch.
Das Schütteln wurde energischer. "Komm schon! Cedric steht vor dem Gemeinschaftsraum und hat mich gefragt, ob du runterkommen kannst", sagte sie drängend.
Ich schlug die Augen auf und setzte mich abrupt auf, wobei mein Kopf mit dem von Hermine zusammenstieß. "Autsch!", ließ sie hören und rieb sich den Schädel.
"Oh, tut mir Leid!", sagte ich sofort und schlug die Decke zurück. Während ich ein paar Sachen aus meinem Koffer zog, die ich anziehen könnte, fragte ich Hermine, woher sie wüsste, dass Cedric vor dem Porträt stehen würde. Sie saß auf ihrem Bett und sah mir dabei zu, wie ich versuchte mich in der Unordnung meiner Habseligkeiten zurechtzufinden. Dann antwortete sie: "Es ist zehn Uhr; ich war schon frühstücken, in der Bibliothek –"

Bevor ich etwas sagen konnte, von wegen, wie konnte man am Wochenende in die Bibliothek gehen, unterbrach sie sich selbst und starrte etwas auf dem Boden an. Ich warf ihr einen Blick zu und fragte misstrauisch: "Was ist los? Was sieht du so an?"
Hermine deutete mit ihrem Finger auf etwas und ich ging um mein Bett herum, um zu sehen, was sie denn meinte. Vor ihr auf dem Holzboden lag ein ordentlich gefalteter Brief, der, wie ich erkannte, als ich mich bückte, um den Brief aufzuheben, an mich adressiert war. Es war zwar eine ordentliche Schrift, doch ich wusste sofort, dass es die Schrift eines Jungen war.
"Von wem ist der?" Hermine sah mich an und nach ein paar Momenten voll Schweigen und einem Schulterzucken meinerseits, grinste sie. "Oh, ich weiß! Rachel hat einen heimlichen Verehrer!"
"Was! Nein!", meinte ich und wurde rot, was mich ziemlich ärgerte. Ich besah mir den Brief noch einmal genauer, aber das Geheimnis musste noch warten – Cedric wartete auf mich.

"Hallo", begrüßte Cedric mich, als ich durch das Porträtloch kletterte. Er stand ein wenig abseits und stieß sich von der Wand ab, sobald er mich entdeckte.
"Hey", lächelte ich und machte ein paar Fünftklässlern Platz, die Cedric einen eigenartigen Blick zuwarfen.
Er grinste. "Schläfst du am Wochenende immer so lange?"
Ich verdrehte lachend die Augen. "Das ist nur eine Nebenwirkung von dem Lachtrank, den Fred und George mir gestern untergeschoben haben."
"Ja, davon habe ich gehört", sagte er und sein Grinsen wurde noch eine Spur breiter. "Man hört in letzter Zeit viel von dir."
"Ach ja?" Ich zog meine Augenbrauen nach oben und blickte Cedric forschend an.
Er schluckte, wollte jetzt offenbar das Thema wechseln und machte eine Handbewegung in die Richtung des Tores, das zu den Ländereien von Hogwarts führte. "Es regnet zwar, aber ich habe noch ein paar Freunden versprochen, dass ich sie draußen treffe."
"Oh", machte ich. "Du kannst ruhig gehen, ich könnte noch schnell etwas essen, falls das Frühstück noch da ist."

Cedric schmunzelte. "Eigentlich wollte ich gerade fragen, ob du mich begleiten willst."
"Oh", machte ich wieder, dann setzte ich schnell ein Grinsen auf und nickte. "Sicher."

Ich fand, dass Cedric sich elende Kumpels ausgesucht hatte, aber etwas Besseres würde man wohl nicht in Hufflepuff finden. Der Regen störte mich nicht und am Ende war ich vollständig durchnässt, doch ich freute mich nicht darüber, dass Cedrics Freunde beschlossen, dass es jetzt Zeit für ihn war, seinen Namen in den Feuerkelch zu schmeißen. Während die Siebtklässler eine kleine Gruppe vor uns bildeten, gingen Cedric und ich am Schluss und ich fragte ihn: "Seit wann wusstest du, dass du beim Trimagischen Turnier mitmachen willst?"
Er zögerte kurz. "Seit Dumbledore es angekündigt hat."
Ich wusste nicht so genau, was ich daraufhin sagen sollte und aus diesem Grund warf ich ihm einfach nur einen Blick von der Seite her zu.

Es konnte nicht viel später als ein Uhr mittags sein und die meisten Schüler hatten sich in der Großen Halle versammelt, um den Volljährigen zuzusehen, wie sie ihren Namen in den Feuerkelch warfen. Ich betrat die Große Halle zusammen mit Cedric und seinen Freunden, noch immer pitschnass, doch als ich meinen Bruder und Ron entdeckte, verabschiedete ich mich schnell von Cedric  und eilte zu ihnen hinüber.
"Hey", sagte ich und sah mich nach Hermine um, aber sie war nicht da. Vermutlich wieder mal in der Bibliothek.
"Da bist du ja", sagte Harry und fügte hinzu: "Wo warst du den ganzen Morgen?"
Ich zuckte mit den Schultern. "Ich hab ziemlich lange geschlafen und war mit Cedric und so unterwegs", meinte ich betont lässig.
Cedric und so?", fragte Ron nach.
Ich drehte mich zu ihm um. Harry hatte sich verkrampft; ihm schien das gar nicht zu passen, aber er wusste, dass ich ihn ärgern wollte, also versucht er sich nichts anmerken zu lassen.
„Ja", antwortete ich schließlich. „Ich hab die Namen vergessen – oh, seht mal, er wirft seinen Namen in den Feuerkelch!"

Bis zum bitteren Ende [Draco Malfoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt