Romeo und das Gift

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Als ich am nächsten Morgen, den zweiten Weihnachtstag, wach wurde, erinnerte ich mich als erstes nicht an den Ball. Doch als ich mich mühselig aufrichtete und Lavender und Parvati sich sofort auf mich stürzten, als wären sie Raubtiere und ich ihr armes Opfer, um den neuesten Tratsch zu erfahren, seufzte ich auf und zog mir wieder die Decke über den Kopf. Der Abend war nicht gut für mich ausgegangen; nachdem ich Cedric die Wahrheit erzählt hatte, er aus dem Krankenflügel gestürmt war und ich Madam Pomfreys Medizin getrunken hatte, war ich langsam in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors zurückgeschlurft, obwohl es noch nicht Mitternacht, und somit Ende des Weihnachtsballs, gewesen war. Hermine hatte ein außerordentliches Gespür dafür entwickelt, wann sie mich fragen sollte, ob bei mir alles in Ordnung war und als sie zu später Stunde in den Schlafsaal kam, und ich noch immer wach in meinem Bett lag, schenkte sie mir nur einen besorgten Blick.

Nachdem Lavender und Parvati es endlich aufgegeben hatten, mir die Geschehnisse des Weihnachtsballes entlocken zu wollen, stand ich ächzend auf und bemerkte, dass Hermine schon weg war. Ich zog mich schnell an, band meine Haare zusammen und lief hinunter in die Große Halle, um zu frühstücken. Allerdings lugte ich erst um jede Ecke, um zu sehen, ob Cedric dahinter stand. Ich wollte ihm so gut wie möglich aus dem Weg gehen. Offenbar war das Glück einmal auf meiner Seite und ich konnte ohne Vorkommnisse bis zum Gryffindor-Tisch gelangen. Die sonst lärmige Große Halle schien an diesem Morgen wie verlassen; zwar trieben sich ein paar Erst- Zweit- und Drittklässler herum, aber die wenigstens älteren Schüler waren schon auf. Jedoch fand ich Fred und George, die ihren Kopf auf die Hände gestützt und die Augen geschlossen hatten. Ein Wunder, dass sie nicht gleich in die Müslischüsseln vor ihnen fielen. Ich setzte mich den Zweien gegenüber und schnipste, um ihre Aufmerksamkeit, die sie im Moment nur dem Schlaf widmeten, auf mich zu lenken.

"Wieso seid ihr schon hier?", erkundigte ich mich, als sie mich müde anblinzelten.

"Auch 'n guten Morgen, Rachel", murmelte George und schloss wieder die Augen.

"Das ist eine gute Frage", sagte Fred verschlafen, behielt seinen Blick aber weiterhin auf mich gerichtet. "Eine wirklich gute Frage. Das wüsste ich nämlich auch gern."

Normalerweise hätte ich gelacht, aber diesen Morgen bekam ich nicht einmal ein mildes Lächeln zustande.

"Du siehst auch nicht gerade ausgeruht aus", meinte George, der sich mittlerweile wieder ein wenig aufrechter hingesetzt hatte und sich einen Löffel seiner Cornflakes in den Mund schob.

"Das hört man doch gern."

Jedoch erwiderte George nur ein "Hunger?" und schob mir die Pfanne mit dem Rührei hin. Ich schüttelte den Kopf und schielte missmutig zum Hufflepuff-Tisch. Kein Cedric. Keine Mindy Applepie. Wie würde es jetzt mit ihm weitergehen? Anschweigen? Rache?

"Wie war dein Abend?", fragte Fred, der anscheinend versuchte ein Gespräch in Gange zu bringen, doch als er meinem Blick begegnete, verstummte er.

"Anscheinend ist da etwas nicht nach Plan gelaufen", raunte er seinem Bruder zu.

"Nein!", fauchte ich. "Ganz und gar nicht!"

"Was ist denn passiert?" George sah mir dabei zu, wie ich aufstand.

"Ich hab Mist gebaut", gab ich bissig zurück. "Ich hab ganz einfach Mist gebaut!"

Er warf mir einen sehr verwirrten Blick hinterher, genauso wie Fred, doch ich lief schon mit schnellen Schritten aus der Großen Halle, den Weg zurück zum Gemeinschaftsraum. Dabei vergaß ich nicht um die Ecken zu spitzen, nach Cedric Ausschau haltend.

Im Gemeinschaftsraum fing mich direkt Hermine ab, die mit keinem einzigen Wort den Weihnachtsball erwähnte, wofür ich ihr im Stillschweigen dankte. Jedoch zog sie mich mit in Richtung Harry und Ron. Sie lungerten auf ihren gewohnten Sesseln rum und dachten noch nicht einmal daran, mit den Hausaufgaben anzufangen.

Bis zum bitteren Ende [Draco Malfoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt