Punkt 5 der Tagesordnung

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„Sollte ihr Tod Flecken auf meinem Anzug hinterlassen, stelle ich Ihnen trotzdem eine Rechnung."                                                          - Elijah Hunter

„Wie meinen sie das, sie haben nicht mal eine Jacke dabei?" Meine kleine Assistentin sah ein bisschen verlegen auf ihre Füße runter und räusperte sich. „Ich war nicht darauf vorbereitet, dass wir nach Russland fliegen, ohne vorher noch einmal nach Hause zu kommen. Ich weiß dafür gibt es keine Entschuldigung, weil es ja mein Job ist, auf alles vorbereitet zu sein, aber... Wenn sie mir nur zehn Minuten geben würden, damit ich mir schnell einen Mantel kaufen kann..."

„Sie tun ja gerade so, als würde ich sie deswegen entlassen." Brummelte ich ungehalten. Nicht weil sie unvorbereitet war, sondern weil sie so eine große Sache daraus machte und tat, als würde ich ihr den Kopf abreißen, nur weil sie nicht richtig gepackt hatte. Ich zückte mein Portemonnaie und holte ein paar Kreditkarten hervor. Welche war nochmal für Spesen? Die schwarze? Nein, das war die Private. Irgendeine von den Platinfarbenen. Nur welche? Die Visa?

Ach und wenn schon. Ich streckte ihr einfach irgendeine hin. „Hier, nehmen sie. Besorgen sie sich was, in dem sie nicht nach zehn Minuten erfrieren. Und wenn sie schon dabei sind, kaufen sie sich gleich ein Kleid. Auf Firmenkosten, selbstverständlich."

„Ein Kleid?" Fragte sie verständnislos und nahm zögernd die Karte entgegen. Anscheinend würde sie sich, ganz im Gegensatz zu meinem Schwager, unwohl dabei fühlen, auf firmenkosten Shoppen zu gehen.

„Ja, sie wissen schon... Irgendwas Schickes, mit Ausschnitt. Wir gehen mit diesen Russen essen und da sie die Firma repräsentieren, sollten sie so aussehen, wie wir uns darstellen wollen. Jung und sexy."

Als sie ein paar Sekunden immer noch unschlüssig dastand, hob ich den Blick von meinem Laptop und warf ihr einen bösen Blick zu. „Sie haben anderthalb Stunden, Miss Cannon. Und wenn sie bis dahin diese Anweisungen nicht befolgt haben, dann entlasse ich sie wirklich."

Sie nickte, als hätte sie sich das bereits denken können und ging dann samt Kreditkarte davon. Sie brauchte exakt eine Stunde, bevor sie mit mehreren Einkaufstüten zurück ins Hotel kam und mir zufrieden die Kreditkarte wieder gab. Das war wirklich schnell... Und das waren auch verdammt viele Tüten. Anscheinend shoppte sie doch gern auf Firmenkosten.

Aber als ich sie am nächsten Abend sah, in diesem sexy Cocktailkleidchen, dass sie sich gekauft hatte, da entschloss ich mich, dass ich ihre Spesenabrechnung so durchwinken würde, ohne mich zu beschweren. Phantastisch. Einfach umwerfend. Vor allem weil sie diesen schüchternen Blick drauf hatte. Den einer Frau, die nicht so recht wusste, ob sie auch tatsächlich so gut aussah, wie sie sich fühlte. Und Felicitas sah perfekt aus, um ehrlich zu sein.

Das fanden anscheinend auch unsere russischen Geschäftspartner, denn anstatt über Geschäfte zu sprechen, oder irgendwelche Verhandlungen anzustreben, flirteten sie mit Felicitas und drängten sie dazu einen Wodka nach dem anderen zu trinken. Ich hatte schon nach dem dritten angefangen, lieber die Pflanze, die hinter mir stand zu gießen, als mich selbst und sah - wie auch die anderen Männer am Tisch - nur noch voller Erstaunen zu, wie meine Miss Cannon nicht nur einfach Schritt hielt im Saufen, sondern dabei auch noch eine gute Figur machte.

Naja, bis ungefähr drei Stunden später, als ich das Treffen für beendet erklärt und uns einen Wagen gerufen hatte. Wir warteten draußen vor dem Restaurant, weil ich hoffte, dass ihr die frische Luft gut tun würde. Naja, gut war relativ. Sie war so voll, dass es ein Wunder wäre, wenn sie ihren eigenen Namen noch fehlerfrei buchstabieren könnte.

"Ich glaube ich sterbe..." Stöhnte sie nuschelnd.

"Sollte ihr Tod Flecken auf meinem Anzug hinterlassen, stelle ich Ihnen trotzdem eine Rechnung." Wies ich meine kleine Assistentin an, die es nicht einmal mehr fertig brachte, auf eigenen Beinen zu stehen. Sie klammerte sich so verzweifelt an mich, dass ich mir vorkam wie die nächstbeste Straßenlaterne. "Warum haben Sie denn auch jeden Wodka mitgetrunken? Sie hätten aussetzen können. Oder es machen wie jeder normale Russe und ihn in die Topfpflanze hinter sich kippen."

Die Summe des GlücksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt