„Guten Morgen Mr. Hunter. Ich hoffe ich bin nicht zu früh.“
„Nein, überhaupt nicht. Kommen sie rein, Mrs. O'Kelly.“ Ich winkte die Innenarchitektin durch die Haustür und fragte mich, ob sie wohl gleich nach unserem Termin auf eine Gucci-Modenschau wollte, denn von ihrer Sonnenbrille, über ihr Halstuch, zu ihrem Blazer und ihren Schuhen... Überall konnte man das diskrete Markenzeichen entdecken.
Im Flur drehte sie sich dann mit einem perfekten, höflichen Lächeln im chirurgisch-optimierten Gesicht zu mir um und gab mir die Hand. Das Plastik in ihrem Gesicht war diskret und zurückhaltend, so das man es kaum entdecken konnte. Allerdings war einfach keine Frau Anfang Vierzig so faltenfrei wie sie und das erst recht nicht, wenn sie ihr Leben lang in der kalifornischen Sonne verbracht hatte. „Ich muss gestehen, ich war etwas überrascht, als sie mich angerufen haben. Eigentlich war ich immer der Auffassung, dass Mr. Stuarts ihr privater Innenarchitekt ist.“
„Nur bis er die Bedeutung von Diskretion vergessen hatte und einige Dinge der Presse gegenüber ausgeplaudert hat. Ich mag es nicht unbedingt, wenn die ganze Welt weiß, wie viele Gästezimmer mein Haus hat und wie viel ich für den Umbau ausgegeben habe. Aber wie sie sicher auch gehört haben, habe ich dafür gesorgt, dass Mr. Stuarts die Bedeutung von Diskretion nicht noch einmal so schnell vergisst.“ Der Spacken konnte von Glück sagen, wenn er in Frisco jemals wieder einen noch so kleinen Auftrag an Land gezogen bekäme. Sein Ruf war mittlerweile ruiniert, die Anklage wegen Vertragsverletzung aufgrund der Schweigeklausel lief gegen ihn und ich hatte dafür gesorgt, dass Mrs. Hoppus – die Granddame von Friscos High Society – dafür Sorge trug, alle darüber aufzuklären, was für ein mickriger Speichellecker er ist.
Hauptsache Mrs. O'Kelly wäre da ein bisschen intelligenter als er, was meine Privatsphäre anging.
Die gute Frau lächelte, wenn auch nicht mehr so selbstsicher wie am Anfang. „Ich bin in solchen Angelegenheiten äußerst professionell, Mr. Hunter.“
„Ja, so in etwa hat mir das meine Schwester auch gesagt. Sie meinte sie hätten im Kinderzimmer gute Arbeit geleistet.“
„Ihre Schwester und ihr Schwager waren äußerst angenehme Kunden, mit denen das Arbeiten eine Menge Spaß gemacht hat.“ Sie sah sich interessiert im Flur um, beäugte das Parkett und die Treppe mit sichtlich angetanem Gesichtsausdruck und kam dann endlich zum Geschäft. Eine halbe Minute Smalltalk reichte auch vollkommen und ich war alles losgeworden, was ich hatte loswerden wollen. Wenn sie gegenüber irgendwem auch nur ansatzweise etwas über diesen Auftrag ausplauderte, dann würde sie das gleiche Schicksal erleiden wie Mr. Stuart. Ihr Geschäft würde den Bach runtergehen. „Sie haben gesagt, es ginge um ihr Arbeitszimmer.“
„Ja, kommen sie. Hier entlang.“ Ich führte sie die Treppe hinauf, hörte mir ein paar Komplimente zu meiner Inneneinrichtung an, die nun wirklich nicht so außergewöhnlich war, dass man dazu irgendwas sagen müsste. Als Innenarchitektin der Reichen und Schönen war sie sicher was anderes gewohnt als mein Haus. Keine pompösen Gemälde. Keine Stauen oder irgendwelche Goldverzierungen, keine extravaganten Vasen und altertümlichen Tischchen. Nichts dergleichen. „Das ist mein Arbeitszimmer. Die Unordnung geht nicht auf meine Kappe, also werde ich mich dafür auch nicht bei ihnen entschuldigen.“ Das war ganz allein Felis Verdienst, die sich mit ihrem Haufen-Prinzip jetzt mittlerweile in meinem Arbeitszimmer breit gemacht hatte. Die Frau arbeitete am liebsten auf dem Boden sitzend, zwischen tausenden Stapeln Papieren und Akten, ein oder zwei Whiteboards neben sich und wenn man dann die Dreistigkeit besaß die Unordnung auf einen Schreibtisch zu verlegen, dann maulte sie einen dafür voll, dass man alles durcheinander gebracht hatte.
Fakt war leider, dass ich mich in diesem Raum nicht mehr konzentrieren konnte, wenn alles wie ein heilloses Chaos aussah. Beim Rest des Hauses war es mir schnurzegal, aber arbeiten konnte ich nicht, wenn ich vor mir auf dem Boden lauter lose Blätter liegen sah.
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Die Summe des Glücks
RomanceFrage: Mit welchen drei Worten könnte man Elijah Hunter am Besten beschreiben? Antwort: Das ist eine Fangfrage. Dazu ist mindestens ein Fünfhundertseitiges Buch nötig und selbst dann, bleiben da immer noch scheiße viele Fragen offen. Wer ist der Typ...