Punkt 7 der Tagesordnung

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„Also leiden sie sozusagen unter dem Problem, dass ihnen die Einhaltung der gesellschaftlichen Rollenverteilung wichtiger ist, als Bier, Football und Spaß. Sie sollten da mal psychiatrische Hilfe in Anspruch nehmen, das klingt nach einer ziemlich ernsten und abgefuckten Sache."

- Elijah Hunter

Ich sah mir den Zeitungsartikel an und musste ein bisschen schmunzeln. Das würde sie überhaupt nicht mögen, dass man sie so in den Mittelpunkt stellte und in den Himmel lobte. Der Junge hatte sie anscheinend wirklich den ganzen Tag lang begleitet, sogar bis zum Flughafen, denn das abgedruckte Foto über dem Artikel zeigte sie, wie sie gerade mit Handy am Ohr auf das Flugzeug zu rannte und dabei winkend über die Schulter sah. Man konnte den Schriftzug Hunter Enterprises auf der Maschine klar und deutlich erkennen, aber trotz des riesigen Flugzeugs im Bild, richtete sich der Blick automatisch auf die junge Frau mit den wehenden blonden Haaren davor, die auf dem Foto so verdammt klein und zierlich aussah, dass man kaum glauben konnte, dass sie in der Tat eine der mächtigsten Frauen des Unternehmens war.

Denn so wie sich das in den letzten beiden Wochen zwischen uns eingespielt hatte, war sie eher zu einem Mitch-Ersatz geworden, anstatt meine bloße Tipse zu sein. Was gut war, denn das bedeutete eine ganze Menge weniger Ärger für mich. So wenig Ärger, dass ich gerade vollkommen ungestört Zeitung lesen konnte. Ohne Handyklingeln oder Mails.

„Wie gefällt ihnen der Artikel?" Felicitas schnitt mir auf meine Frage hin nur eine Grimasse und wandte sich demonstrativ wieder ihrem Laptop zu, während ich noch ein bisschen weiter in der Campuszeitung stöberte. Hm, nichts außergewöhnliches in Berkley. Nur Studenten die sich über Studienbedingungen beschwerten. „Also ich bin mit Jerry einer Meinung. Er ist wirklich gute Publicity. Vielleicht hätte er noch irgendwo erwähnen können, wie viel Geld ich jährlich für Stipendien aus dem Fenster werfe, aber man kann halt nicht alles haben, nicht wahr?" Wieder eine Grimasse, wieder keine richtige Antwort. „Miss Cannon? Huhu? Reden sie nicht mehr mit mir?"

„Nachdem sie mir meinen Sonntagabend geklaut haben? Nie wieder." Erklärte sie eisern und hackte weiter auf ihrer Tastatur herum. Ach ja, ihr ergebene Professionalität hatte sie während der letzten beiden Wochen auch irgendwann verloren. Mittlerweile war sie soweit, dass sie mich kritisierte, an mir herum nörgelte und mich in einer Tour ermahnte dies, das und jenes nicht zu vergessen. „Ich war verabredet, wissen sie."

„Ach ja? Mit wem? Eine Frau die ich kenne?" Hoffentlich eine Hübsche, das würde mir schon ein paar Vorlagen geben, wenn ich das nächste Mal meine Fantasie anheizen müsste.

„Mit meiner Badewanne, einer Flasche Bier und einem guten Buch." Erwiderte sie kühl und bedachte mich mit einem strafendem Blick. Der mir während der letzten Wochen ziemlich bekannt geworden war. Vor allem nach der Sache auf Mitchs kleiner Grillparty, da hatte ich ihn bis zum nächsten Freitag ununterbrochen zu spüren bekommen.

Aber das mit der Badewanne würde sicher auch funktionieren. Ob ihr Duschkopf zu diesem kleinen Gettogether auch eingeladen wäre? Na das wäre doch mal eine Nachfrage wert, obwohl sie jetzt schon so guckte, als wollte sie mir gleich den Kopf abreißen. Und wir hatten es gerade einmal 7 Uhr morgens. „Nehmen sie sich doch Montags frei." Schlug ich stattdessen vor um sie ein bisschen versöhnlich zu stimmen.

„Da sind wir in LA. Händeschütteln."

„Ach ja." Hm, seitdem ich sie hatte, hatte sich mein Gehirn daran gewöhnt nicht mehr jede noch so kleine Information speichern zu müssen. Denn sie übernahm das ja. Wie eine Festplatte mit unbegrenzten Speicherkapazitäten. „Es gibt nichts, dass ich mehr hasse als Händeschütteln." Ich hasste es wirklich. Denn da machte man Smalltalk und musste charmant und nett und höflich sein, immer auf irgendwelche Umgangsformen bedacht und darauf seinen Gegenüber einzulullen. Was ich aber ebenfalls während der letzten Wochen bemerkt hatte war, dass sich vor allem Männer viel schneller und effektiver einlullen ließen, wenn Felicitas an meiner Seite stand und hübsch lächelte, schön viel Dekoltee zeigte und sich kleine anzügliche Witzchen gefallen ließ. Irgendwie war das schon ein bisschen Prostitution die ich da von ihr verlangte, aber was sollte man machen? Da musste sie dann halt mal durch.

Die Summe des GlücksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt