Prolog - so ungefähr 6 Monate und 29 Tage vorher

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„Ehrlich, da wollte man mal anständig und veranwortungsbewusst sein und Gott bestrafte einen. Da musste sich der Herr da oben nicht wundern, dass es so viele Alkoholiker gab. Der trieb einen ja gerade zu in die Sucht.“

                                                                                       - Felicitas Cannon

Sich an zwei Abenden von zwei verschiedenen Typen aufs Zimmer bringen zu lassen, hatte schon etwas Schlampiges an sich, oder?

Aber der arme Mann sah so heillos verloren aus, das ich dieses Mal schon fast ein richtig schlechtes Gewissen hatte, ihn hier draußen stehen zu lassen. Gestern? Da hatte ich es voller Genugtuung getan, ja sogar die Tür ein bisschen geknallt. „Ich würde dich ja fragen, ob du noch mit rein kommen willst, aber...“ Den Rest des Satzes ließ ich einfach offen, denn es bedurfte keiner weiteren Erklärung. Es würde eh nichts passieren, für das es sich lohnen würde mit rein zu kommen. Und wahrscheinlich würde ich ihn ohnehin wieder raus werfen, weil ich mich mit Männern in geschlossenen Räumen generell unwohl fühlte.

„Schon klar.“ Fin zuckte mit den Schultern und sah mit leichtem Stirnrunzeln auf seine Schuhspitzen hinunter. Ein hübscher Mann, schoss es mir durch den Kopf. Ein Mann, dem sicher schon viele Hotelzimmertüren von anderen Frauen offen gestanden hatten. Scheiße, die Frauen hätten die Türen wahrscheinlich sogar mit Leuchtreklame ausgestattet, damit er am Ende nicht doch die Tür verfehlte und zu einer anderen reinging.

Aber er war so süß und so verloren, wie ein Hundewelpe. Den wollte man einfach nur in den Arm nehmen und knuddeln, bis er nicht mehr so traurig guckte. Mitchs bester Freund war wirklich mal ein Mann mit einem riesigen Herzen, das er sicher gern versteckte, aber das trotzdem da war.

„Ich mag dich wirklich, Fin.“ Das musste jetzt einfach mal gesagt werden. Er hatte mir den Abend über eine wirklich ganz rührende Geschichte erzählt, von sich und seiner Jugendliebe Haley, die auch auf der Hochzeit war und das mit einem anderen Mann, für den sie oben drein auch noch viel zu gut war. Brach einem ja fast das Herz, zu hören welchen Herzschmerz Fin immer noch wegen ihr hatte.

„I only want the sympathy in the form, of you crawling into bed with me.“

Aber trotz seiner ganzen Niedlichkeit, war er halt doch nur ein Mann. Ich lachte, denn was anderes blieb mir gar nicht über zu tun. „Du bist witzig.“ Damit legte ich ihm noch kurz meine Hand auf den Arm und verschwand in mein Zimmer. Er blieb draußen stehen.

So wie der andere Mistkerl gestern auch.

Bei Fin tat es mir schon ein bisschen leid, gestern jedoch hatte ich mich gerade so zurück halten können, meinem Boss mal eine gehörige Backpfeife zu verpassen. Warum ich es nicht getan hatte? Na weil er mein Oberster Boss war.

Und weil er der Scheißboss, der Scheißfirma war in der ich arbeitete, hatte ich ihm heute auch keine Standpauke gehalten, dass er mich gefälligst nicht die ganze Zeit über anstarren sollte.

Leider war der Typ unignorierbar. Allein diesen Blick spürte man trotz einem Raum voller Menschen, der einen von ihm trennte. Und ich hatte wirklich penibel darauf geachtet nicht in seine Reichweite zu stolpern, denn wie er gestern bewiesen hatte, war er einfach unberechenbar.

Dabei...

Dabei machte es Spaß mit ihm zu diskutieren, einfach weil er so gut mit Worten umgehen konnte und so intelligent war. Wäre er kein arrogantes Arschloch, hätte ich dem zweiten Bier zugestimmt, einfach um noch ein bisschen mehr mit ihm zu streiten.

Aber da er so ziemlich das arroganteste Arschloch auf dem Planeten war, hätte ich das zweite Bier nicht mal angenommen, wenn ich es ohne ihn auf meinem Zimmer hätte trinken können.

Die Summe des GlücksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt