Punkt 6 der Tagesordnung

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„Die tragen da Heckler&Koch unter ihren Anzügen, anstatt Unterwäsche von David Beckham! Ich wusste ja, dass Russen eine andere Mentalität haben, aber so?!“

            - Felicitas Cannon

„Aber jetzt mal ganz im Ernst...“ Begann Mitch und wedelte mit einer großen Tafel Schokolade in der Hand rum, als sie wieder zurück zum Sofa kam. Die anderen drei – Elijah, Hales und Fin – waren schon vor Stunden verschwunden und kurze Zeit später hatte sich dann auch Tim verabschiedet. Ty war wahrscheinlich gerade irgendwo auf der Golden Gate Bridge und hetzte zum nächsten 24-Stunden-Supermarkt, um wie ein braver kleiner Ehemann dafür zu sorgen, dass seine schwangere Frau das Eis bekam, dass sie unbedingt haben wollte.

Oder besser gesagt, dass wir beide unbedingt haben wollten. Mitch hatte vorhin schmunzelnd gefragt, ob ich nicht auch Lust auf einen riesigen Ben & Jerries Eisbecher hätte und wie eh und je, hatte ich den überflüssigen Kalorien begeistert zugestimmt. Nach einem ernüchterndem Blick ins Gefrierfach, der zeigte, dass Ty wohl gestern den letzten Becher aufgefuttert hatte, täuschte Mitch mit ziemlich wehleidigem Blick eine Heißhungerattacke vor und sofort sprang Ty - der mit seiner Rolle als Sklave während der Schwangerschaft rund um  zufrieden war - auf und fuhr los. Ohne zu Murren, ohne zu Meckern, ohne irgendeinen dummen Spruch. Er wirkte regelrecht begeistert davon, irgendwas für Mitch tun zu können und das war so verdammt liebenswert, dass man darüber nur schmunzeln konnte.

Meine Exchefin packte erstmal die Schokolade aus und hielt mir ein riesiges Stück Schoki hin, bevor sie fort fuhr. „Im Ernst... Erzählst du mir, was in Russland passiert ist? Irgendwie kann ich mir gar nicht vorstellen, dass du...“ Sie schnitt mir eine Grimasse.

„Sturzbesoffen warst?“ Vervollständigte ich ihren Satz und schob mir ein Stück braunes Gold in den Mund, bevor ich kopfschüttelnd fortfuhr. „Ich weiß auch nicht was in mich gefahren ist. So besoffen war ich das letzte Mal zu Highschoolzeiten, glaub mir.“

„Also, versteh mich nicht falsch, ich finde es schön, dass du dich auch mal gehen lässt, aber... Irgendwie ist das schon ein bisschen untypisch für dich.“

Ja, das war es tatsächlich. Es war so verdammt untypisch für mich, dass ich meinen Namen nicht wegen dem ganzen Alkohol vergessen hatte, sondern weil ich mich selbst nicht wieder erkannt hatte. „Ich... Keine Ahnung, der ganze Scheißstress letzte Woche hat mir einfach zugesetzt und...“ Ich fuhr mir durch die Haare, als ich nicht wusste, wie ich den Satz beenden sollte.

„Ist es so schlimm mit ihm?“ Fragte Mitch betrübt nach und nahm sich selbst noch ein Stück Schokolade. „Wenn es dir zu viel wird mit ihm, dann musst du es mir sagen. Bringt ja nichts, wenn es dich so fertig macht, mit ihm zu arbeiten. Ich weiß, dass er... einen ziemlich schwierigen Charakter hat und wenn er anfängt rumzubrüllen, da bekomm sogar ich es manchmal mit der Angst zu tun.“

„Ja... Nein... Naja, so schlimm ist es nicht. Ich meine, mich brüllt er ja nicht an. Er macht mich einfach nur nervös, so richtig nervös, wegen dieser ganzen Stimmungsschwankungen. In einem Moment ist er ein formvollendeter Gentleman, im nächsten entlässt er die halbe Firma, kurz darauf hält er mir dann stundenlang mein Fehlverhalten in Russland vor, bevor er wieder anfängt alles und jeden um sich rum anzupöbeln. Er ist einfach... Ach, keine Ahnung.“ Ich zuckte hilflos mit den Schultern und wusste nicht so recht, welches Adjektiv hier das Richtige war. Ich schwankte zwischen geisteskrank, verkorkst, unberechenbar, cholerisch, impulsiv, unkontrollierbar und auf Platz eins rangierte im Moment wieeinetickendezeitbombe.

„Hast du gerade gesagt, wie ein formvollendeter Gentleman?“ Fragte Mitch stirnrunzelnd nach und drückte mir noch ein Stück Schokolade in die Hand. „Na das musst du mir jetzt aber erklären, weil der Elijah den ich kenne, Allgemeine Höflichkeit nämlich für Zeitverschwendung hält.“

Die Summe des GlücksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt