1. Kapitel

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Lautlos schlich Elraya über den Waldboden am Rande des Auenlandes. Es war schon dunkel, aber das war für sie die beste Zeit zum Jagen. Ihre dunkle Kleidung ließ sie mit der Dunkelheit verschmelzen und nur ihre unnatürlich wirkenden, blauen Augen blitzten aus einem blassen, schönen Gesicht hervor, das von langen schwarzen Haaren umrahmt wurde. In der Hand hielt sie einen Bogen und auf ihrem Rücken hing ein schmales Schwert in einer einfachen Scheide neben einem Köcher voller Pfeile. Ihre scharfen Sinne nahmen das Geräusch eines Tieres wahr, das vor ihr durchs Unterholz streifte. Vorsichtig näherte sie sich, doch dann hielt sie inne als sie von fern Stimmen wahrnahm. Sie blieb stehen. Wer war das? Sie kam selten in dieses Gebiet, das ziemlich weit von ihrem derzeitigen Zuhause entfernt war und kannte sich hier deshalb nicht wirklich aus. Sie beschloss herauszufinden, ob ihr möglicherweise Gefahr drohte. Elraya folgte den Stimmen, die langsam lauter wurden. Sie wunderte sich, als sie nah genug war um zu hören, dass sie darüber stritten, wie sie mit ihrem Essen verfahren sollten. Wahrscheinlich sind es ein paar Orks. Wieder, dachte sie bei sich und hängte sich ihren Bogen um, zog aber stattdessen ihr Schwert aus der Scheide. Es schimmerte leicht im Licht eines Feuers, das durch die Bäume schien und war seltsamerweise von einem tiefen Blau, das dem Farbton von Elrayas Augen entsprach. Leise und halb geduckt Schlich Elraya bis ganz nah ans Feuer heran und erblickte zu ihrer Überraschung drei Trolle. Sie stanken furchtbar und Elraya verzog angewidert das Gesicht. Sie hasste Trolle. Forschend ließ sie ihren Blick schweifen und blinzelte verwundert, als sie vierzehn Säcke mit Köpfen bemerkte. Als sie genauer hinsah erkannte sie, dass es kleine Menschen waren. Oder eher Zwerge. Naja, in ihren Augen waren die Völker Mittelerdes sowieso alle gleich. Sie selbst gehörte zu keinem. Sie war langlebig, schlank und schön, war aber keine Elbin und hatte runde Ohren. Für einen Menschen war sie zu klein und hatte zu scharfe Sinne und Reflexe, doch für einen Zwerg war sie zu groß. Sie wusste was für ein Wesen sie war, wollte es aber niemanden wissen lassen. Deshalb lebte sie allein in der Wildnis. Jetzt muss ich wohl erstmal Zwerge retten, dachte sie und umrundete die kleine Lichtung, bis sie hinter den Trollen stand. Selbstbewusst richtete sie sich auf und trat auf die Lichtung. Die Zwerge sahen sie, aber die Trolle waren zu sehr mit Streiten beschäftigt. Das blaue Schwert locker in der Hand, hob Elraya den Kopf und rief: "Ich bin ja dafür, dass ihr sie nicht kocht. Zumindest nicht in meinem Land." Die Trolle fuhren herum und entdeckten sie. "Was ist das?", fragte einer. "Kann man das essen?", ein anderer. Genervt verdrehte Elraya die Augen. "Was ich bin ist nicht wichtig. Wichtig ist ja wohl eher, dass ihr tut was ich sage. Mor'ranr hier wird euch sonst eine Lektion erteilen", verkündete sie und hob ihre Klinge leicht an. "Packt sie!", schrie der größte der Trolle und griff nach Elraya, doch sie wich rasend schnell zur Seite aus und rammte ihm das Schwert in den Arm. Mor'ranr schnitt mühelos durch die dicke Trollhaut und erfüllte seine Trägerin mit tiefer Befriedigung. Adrenalin pumpte in Elrayas Körper und sie spürte die altbekannte Kampfeslust. Grinsend duckte sie sich weg und sah zu dem Troll auf, der sich schreiend dem Arm hielt. Schwarzes Trollblut lief über seine Finger und er funkelte sie wütend an. "Na, tut's weh?", fragte sie spöttisch und sprang zurück, da der nächste Troll sie zu packen versuchte. Bei dem Ausweichmanöver rutschte ihr die Kapuze vom
Kopf. Die drei Trolle wichen zurück, denn sie hatten schonmal von der schwarzhaarigen Frau mit den seltsamen blauen Augen gehört. "Das ist die Schattentänzerin! Ich hab euch doch gesagt, dass es sie gibt!", rief einer von ihnen aus. Elraya schnaubte und hob die Klinge. Doch da sah sie eine Bewegung aus dem Augenwinkel, hob den Kopf und sah eine Schattengestalt auf einem Felsen mit einem erhobenem Stab in der Hand. "Der Tag soll euch treffen!", dröhnte eine Stimme, die Elraya sehr vertraut vorkam. Der Stab traf den Stein, welcher zerbrach und gleißendes Sonnenlicht auf die Trolle fluten ließ. Die erstarrten sofort zu Stein. Die Schattengestalt trat ins Licht und Elraya erkannte das alte Gesicht und die grauen Kleider sofort. Lächelnd stützte sie sich auf ihr Schwert. "Gandalf der Graue, lange ist es her", begrüßte sie ihren alten Freund. Sie war bei ihm und Radagast dem Braunen aufgewachsen und war viele Jahre mit ihm gereist. Denn sie war wesentlich älter als sie aussah. Gandalf hob den Blick und sah sie an. Einen Moment wirkte er verwirrt, dann lächelte er. "Elraya! Schön, dich wiederzusehen. Du bist genauso sarkastisch und eigenwillig und selbstsicher wie eh und je. Es mag der Tag kommen an dem du dich umbringst. Allein gegen drei Trolle!", schimpfte er, aber seine Augen leuchteten. Elraya seufzte theatralisch. Sie ließ sich nicht gern bemuttern, erst recht nicht von Gandalf, der sich selber ständig in Gefahr brachte. "Ich glaube, dasselbe könnte ich dir sagen", grummelte sie. "Ich störe Euer Wiedersehen ja nicht gern, aber vielleicht könntet Ihr uns endlich befreien, Gandalf!" Der ironische Kommentar stammte von einem relativ großen, kurzbärtigen Zwerg mit dunklen Haaren und eindringlichen Augen. "Natürlich. Elraya, das ist Thorin Eichenschild, der Anführer dieser Gemeinschaft", stellte Gandalf ihn vor und half ihm aus dem Sack. Elraya nickte grüßend, steckte Mor'ranr in die Scheide und half ihm. Sie holte erst einen kräftigen Zwerg mit schwarzen Bart und Halbglatze aus einem Sack, der sie misstrauisch anstarrte, dann einen seltsamen, kleineren mit krausem Haar und großen, haarigen Füßen ohne Schuhe. "Du bist kein Zwerg", stellte sie verwirrt fest. Der Kleine räusperte sich und verbeugte sich dann. "Bilbo Beutlin, zu Ihren Diensten. Und herzlichen Dank für die Befreiung. Ihr habt Recht, ich bin kein Zwerg, ich bin ein Hobbit", sagte er. Elraya musterte ihn überrascht und schmunzelte dann. Der Hobbit gefiel ihr. "Gandalf, was macht ein Hobbit hier? Und überhaupt, was machst du mit dreizehn Zwergen und einem Hobbit hier, in der Nähe des Auenlands?", fragte sie. Die Zwerge wechselten Blicke und ihr war klar, dass sie ihr nicht trauten. "Das geht Euch nichts an!", blaffte Thorin, doch Gandalf räusperte sich und meinte: "Ich vertraue Elraya vollkommen." Thorin schnaubte abfällig. "Einer Frau?", wollte er wissen. "Einer Frau die Euch den Hals gerettet hat", bemerkte Elraya kühl und erntete einen vernichtenden Blick von Thorin. "Nun, meine Liebe, ich hatte gehofft dich hier anzutreffen. Deshalb trennte ich mich auch ursprünglich von der Gemeinschaft um nach dir Ausschau zu halten, als sie diesem Weg folgten. Ich hätte hier keine Trolle erwartet. Diese Gemeinschaft... nun...", begann Gandalf, hielt dann jedoch inne und musterte sie besorgt. "Jetzt sag schon", drängte sie, worauf Gandalf seufzte. "Nun, sie sind auf dem Weg zum Erebor um ihren Schatz von Smaug zurückzuholen." Elraya starrte ihn an. Smaug. Der Drache, der ihr alles genommen hatte, ihre Familie, ihr Glück, ihr Leben. Sie hasste ihn. Sie wollte sich schon immer an ihm rächen und dies schien ihr endlich eine Gelegenheit dazu zu sein. Wie von selbst platzte es aus ihr heraus: "Ich komme mit!"

Was haltet ihr von Elraya? Was, denkt ihr, ist sie? Schreibt eure Vermutungen in die Kommentare! ;p Das Bild ist übrigens, wie ich mir Elraya vorstelle (nur etwas blasser und mit anderen Augen)

Fate ~Hobbit FF~ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt