16. Kapitel

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"Du hast dich erstaunlich zurückhaltend erwiesen", lobte Gandalf Elraya. Sie warf dem Zauberer einen genervten Blick zu. Sie waren jetzt seit zwei Tagen unterwegs. Die Zwerge mieden Elraya und immer zwei waren dicht in ihrer Nähe und bewachten sie. Mit Kili hatte sie bisher kein einziges Wort gewechselt und es schmerzte sie und machte sie reizbarer als sonst. "Vor zwei Tagen habe ich Azog davonkommen lassen, und du reibst es mir ausgerechnet jetzt unter die Nase?!", zischte sie. Gandalf seufzte. "Bewahre mich vor einem gereizten Drachen! Sie sind schlimmer als sture Zwerge." Das entlockte ihr nur ein abschätziges Schnauben. Gandalf kannte sie gut genug um zu wissen, dass das kein guter Moment war, um mit ihr zu reden. Schweigend schloss er zu Thorin auf. "Sieht aus, als hättest du jetzt deinen letzten Freund verloren", murmelte Dwalin, der sie gerade bewachte, leise. Vermutlich wusste er nicht, wie gut ihr Gehör war. "Ich zeig dir gleich wie es ist, wenn dich dein engster Freund verlässt!", grollte sie und warf ihm einen genervten Blick zu. Dwalin murmelte etwas Unverständliches und musterte sie abschätzend.

Etwa eine Stunde später hielt die Gemeinschaft plötzlich an. Wer muss denn jetzt schon wieder aufs Klo?, fragte sich Elraya. Ihre Laune war immer noch so tief, wie sie nur sein konnte. "Thorin! Hier sind seltsame Spuren", rief Bofur von der Seite. "Sehen nach Wargspuren aus", mutmaßte Bombur wenig begeistert. Elraya wurde hellhörig. Wargspuren so nah am Gebiet der Adler? Sie streckte sich und erhaschte einen Blick auf leichte Krallenspuren, die an die einer Raubkatze erinnerten. Sie kamen ihr mehr als vertraut vor. Ein Lächeln breitete sich in ihrem Gesicht aus, als sie verstand, zu welchem Wesen diese Spuren gehörten. "Haltet den Drachen fest!", befahl Thorin. Das Misstrauen in seiner Stimme brachte Elraya zur Weißglut. Wie konnte er es wagen, sie so abschätzig zu behandeln?! Mein Vater hat dein Zuhause gestohlen, na und?!? Denkst du, es ist toll, wenn dein eigener Vater deine Familie umbringt? Sie hasste es für das verurteilt zu werden, was ihr Vater getan hatte. Ein tiefes Knurren entschlüpfte ihr. Und es blieb nicht ungehört. Dori wich vor ihr zurück und Dwalin griff nach ihrem Handgelenk. Doch noch etwas hatte sie gehört. Ein leises Rascheln war zu hören. "Lasst sie los!", rief Gandalf warnend, aber zu spät. Aus dem Unterholz löste sich ein Schatten und kam langsam und geduckt auf sie zu. Es war ein wenig kleiner als ein Warg, aber länger. Und dann trat ein Wesen ins Licht. Es hatte eine dicke, braune Schuppenhaut. Über den Rücken verlief ein breites Band gelber Stacheln, direkt darunter war die Haut schwarz. Es hatte Panzerplatten an der Brust und strahlenähnliche Hörner um den großen Kopf. Schnauze und Kinn besaßen jeweils ein dickes Horn und auch aus den Schultern ragte jeweils ein langes Horn. An den Achseln spannte sich etwas, das aussah wie die Überreste von zurückentwickelten Flügeln. Der Schwanz endete in einer Stachelkeule und die Augen, die von kleinen Hörnern geschützt wurden, waren grün. Es richtete seinen Blick direkt auf Dwalin und fletschte drohend die Zähne. "Fyrn!", rief Elraya überglücklich, riss sich von dem überrumpelten Dwalin los und eilte zu dem Wesen, das stark einem flügellosen Drachen ähnelte. Es brummte und schmiegte kurz die Schnauze an sie, ehe es sich drohend neben ihr aufbaute und die entsetzten Zwerge anknurrte. "Fyrn, ich bin so glücklich dich zu sehen! Was machst du hier, mein Freund? Ich dachte, du wärst im Norden", grüßte sie ihn strahlend in der Drachensprache. Kurz sahen die grünen Augen sie an, dann duckte er sich kampfbereit in Richtung der Zwerge, die wagemutig ihre Waffen auf ihn richteten. "Stopp! Das sind keine Feinde. Sie trauen mir nicht, aber sie haben dasselbe Ziel wie ich. Du kannst aufhören, sie werden mich nicht verletzen. Gandalf ist ja da", erklärte Elraya rasch und trat zwischen das Wesen und die Zwerge. Da trat Gandalf vor und neigte lächelnd den Kopf vor dem knurrenden Wesen. "Sei gegrüßt, Fyrn", sagte er respektvoll. "Was ist das für eine Kreatur?", wollte Thorin wissen und schaute Elraya misstrauisch an. Sie war viel zu glücklich, um ihm das übel zu nehmen. "Das ist Fyrn. Was er ist, weiß ich nicht so genau. Ich nenne ihn einen Bodendrachen. Ich habe ihm zweimal das Leben gerettet und er meines viel häufiger, seither sind wir oft Weggefährten gewesen. Er hasst eigentlich alles und jeden, was er nicht fressen kann, aber mir vertraut er inzwischen, weil ich ihn gerettet habe und ein Halbdrache bin. Er ist im Grunde so wie ein echter Drache, nur dass er kein Feuer spucken kann und auch nicht sprechen, aber er versteht was wir ihm sagen und die Drachensprache sowieso. Allerdings mag er keine Zweibeinersprachen. Ihr braucht ihn nicht zu fürchten, solange ihr ihm und mir nicht droht. Aber nehmt es ihm nicht übel, wenn er euch nicht mag", erläuterte sie rasch. Gandalf lächelte und stützte sich auf seinen Stab. "Mich mag er auch nicht. Aber diese beiden haben eine Verbindung zueinander, die ich nicht verstehen kann. Pferde mögen Elraya nicht und das weiß Fyrn und lässt sie manchmal auf sich reiten. Er ist in gewisser Weise ihr Wegbegleiter, Beschützer, Reittier, Bruder und Freund zugleich." "Sein Name bedeutet übersetzt Krieg", ergänzte Elraya noch und strich Fyrn sanft über die Schnauze. "Du nennst dein Schwert Frieden und dein Haustier Krieg?", fragte Fili irritiert. Fyrn zeigte ihm daraufhin die Zähne. "Er ist alles, aber kein Haustier. Und er heißt Krieg, weil er sein ganzes Leben lang kämpfen musste. Es ist zu einem Teil von ihm geworden. Genau wie bei mir", den letzten Satz flüsterte sie nur, aber Fyrn hörte es und stieß sie sanft an. "Ihr erwartet doch nicht, dass ich noch einen Drachen mitnehme?", fragte Thorin ungläubig. "Thorin Eichenschild! Eure Ignoranz macht mich verrückt! Folgt mir, wir müssen reden", herrschte Gandalf den Zwerg an, worauf die beiden sich entfernten. Der Rest der Gemeinschaft beschloss, erstmal Rast zu machen, etwas anderes konnten sie ohnehin nicht tun. Elraya kümmerte sich nicht um die anderen, sondern setzte sich auf den Boden. Fyrn ließ sich neben ihr nieder und warf einen missbilligenden Blick zu den Zwergen. "Du wirst dich an sie gewöhnen. Bevor sie die Sache mit meiner Mutter wussten, waren sie wirklich nett." Und dann erzählte sie Fyrn alles, was in seiner Abwesenheit geschehen war. Nach einer Weile trat Bilbo zu ihnen. Fyrns Schwanz zuckte bedrohlich, aber Elraya brachte ihn mit einem strengen Blick zur Ruhe. "Was gibt es, Bilbo?", fragte sie freundlich. "Ich... ich wollte dich nach der Sprache fragen, die du sprichst", antwortete der Hobbit zögernd. Fyrn kräuselte die Lefzen. Sie sah ihm in die Augen. "Ich mag Bilbo. Er ist nett, also lass ihn bitte in Ruhe", bat sie ihn. Dann klopfte sie auf den Boden vor sich. Während der Hobbit sich setzte, ließ sie kurz ihren Blick schweifen. Jeder der Zwerge beobachtete sie. Sie beschloss, dass es egal war, wenn sie zuhörten und begann. "Die Sprache, die ich spreche, ist die Alte Sprache, die Sprache der Magie und Macht. Drachen sprechen sie schon, solange man sich erinnern kann. Sie hilft uns, unsere Magie zu beeinflussen, über die Drachen gewöhnlich keine Kontrolle haben. Sie ist uralt und so mächtig, dass niemand sie leichtfertig jemandem beibringen sollte. Denn das Wort, das in der Alten Sprache etwas beschreibt, ist der wahre Name dieses Objekts. Zum Beispiel Feuer. In der Drachensprache bedeutet es Brisingr, das ist der wahre Name des Feuers. Dadurch, dass ich diesen Namen kenne, habe ich Kontrolle über das Feuer, wenn ich es so will. Zauberer und Magier, die früher eng mit den Drachen befreundet waren, können dadurch mächtige Zauber wirken. Drachen sprechen die Alte Sprache normalerweise, weil es für uns schon immer eine Art Eigensprache ist. Sie alle, und auch ich als Drachenblütige, werden mit der Kenntnis der Alten Sprache geboren. Drachen sind von jeher Quelle der stärksten Magie, doch sie können sie nicht kontrollieren. Wenn ein Drache seine Magie ohne die Alte Sprache gebraucht, dann sind das meist unglaublich mächtige und unberechenbare Zauber, die höchst selten sind und nicht wenige Drachen umgebracht haben. Mit der Alten Sprache können wir die Magie in uns das tun lassen was wir wollen, aber es hat ihren Preis. Wenn ich zum Beispiel einen heftigen Wind heraufbeschwöre, muss ich dafür meine eigene Kraft nutzen und Magie verbraucht nicht gerade wenig. Ich habe sie im Goblinkönigreich genutzt. Aber ich bin noch jung in den Augen meines Volkes und habe kaum Kontrolle über die Zauber, die ich wirke. Deshalb tue ich es in der Regel nicht. Tiere verstehen auch die Drachensprache, aber anders als ich oder Fyrn. Sie wissen instinktiv was es etwa bedeutet, aber den genauen Wortlaut verstehen sie nicht. Das sind in etwa die Grundlagen der Alten Sprache." Als Elraya endete herrschte Schweigen. Alle Zwerge hatten ihr zugehört. Da kehrten Thorin und Gandalf zurück. "Schlagt hier das Lager auf und schlaft, wir brechen morgen früh auf." Mit diesen Worten wandte Thorin sich ab, als Ori fragte: "Was ist mit Elraya und Fyrn?" Schweigend wartete die Gemeinschaft auf Thorins Antwort. "Sie sind frei uns weiter zu begleiten oder auch zu gehen. Aber wir sollten froh sein, wenn Elraya mitkommt. Ohne einen Drachen unter uns haben wir keine Chance gegen Smaug", sagte der schließlich und sah Elraya fest an. Sie neigte leicht den Kopf vor ihm. Sie würde sich an Smaug rächen, koste es was es wolle. Und wenn Gandalf Thorins Meinung geändert hatte und sie nun mit Verbündeten gegen ihn stand, umso besser.

So, das Kapitel ist ein bisschen länger, aber das ist ja auch mal ganz nett. Ich freue mich, euch einen meiner Lieblinge dieser Story vorzustellen, Fyrn! ^^ Ich hoffe ihr mögt ihn. In den nächsten Kapiteln werdet ihr mehr von ihm erfahren. Das Bild am Anfang soll ihn übrigens darstellen. Ich freue mich immer über Feedback :D

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