27. Kapitel

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Elraya ließ den Weinkrug sinken und beobachtete Kili und Fili, die sich mit einigen Frauen amüsierten. Eine saß auf Kilis Schoß und grinste ihn dümmlich an. Sie wusste, dass diese Frauen nur an dem Reichtum der beiden interessiert waren, sie fand es erbärmlich. Aber Kili schien auch nicht ganz abgeneigt von der weiblichen Aufmerksamkeit zu sein, denn er lachte gemeinsam mit seinem Bruder und ihnen, während Elraya ihn verletzt beobachtete. Sie wurde von niemandem angesprochen, dank ihres ungewöhnlichen Äußeren, aber das war ihr nur recht. Frustriert wandte sie den Blick ab und starrte auf die Musiker, die eine gut gelaunte Melodie spielten. Ihre Stimmung war am Tiefpunkt angelangt und passte kein bisschen zu dieser Musik. "Ähm... Entschuldigung? Miss?", sprach sie auf einmal jemand an. Elraya wandte sich gereizt um und blinzelte überrascht, als sie einen kräftigen, blonden Jungen entdeckte. Über die eine Hälfte seines Gesichtes zog sich eine großflächige Verbrennung. Misstrauisch starrte Elraya ihn an. "Was willst du?", raunzte sie. Der Junge blinzelte, dann sah er sich rasch um und setzte sich neben sie. "Miss, ich muss Sie um etwas bitten. Ich habe schon versucht, den Zwergenkönig darum zu bitten, aber er will nicht hören. Wenn ihr in diesen Berg geht... dann wird da noch ein anderer Drache sein. Bitte, tut ihm nichts, sie ist harmlos!" Sofort wurde Elraya hellhörig. "Sie? Woher weißt du, dass es ein Weibchen ist?", fragte sie scharf. Der Junge zögerte, dann holte er ängstlich tief Luft und flüsterte: "Weil ich sie kennengelernt habe, wenn ich am anderen Ufer nach einer Heilpflanze gesucht habe. Sie hat mich über Zweibeiner, wie sie uns nennt, ausgefragt und über das Leben in der Stadt. Sie ist anders als Smaug. Sie spricht über Gedanken. Sie hat mir die wahre Geschichte der Drachen erzählt und sie hat mir das Leben gerettet, als Smaug mich angegriffen hat. Seither habe ich sie nicht mehr gesehen. Bitte, falls sie im Berg ist, verschont sie wenigstens! Und wenn sie Hilfe braucht, helft ihr, ich flehe Euch an!" Elraya starrte ihn an. Die wahre Geschichte der Drachen? Das bedeutete doch... nein, die letzten freien Drachen waren schon längst ausgerottet worden. Aber vielleicht gab es ja noch welche? "Hat sie gesagt, sie wäre einer der letzten freien Drachen?", wollte sie von dem Jungen wissen. Der sah sie überrascht an. "Ja, sie glaubte, Smaug und sie wären die letzten." Elraya musterte ihn scharf. "Wie heißt du, Junge?" "Cliff." Elraya nickte, dann erhob sie sich und sagte: "Sollte sie noch im Berg sein und keine Gefahr für uns darstellen, werde ich ihr helfen. Aber ich kann nichts versprechen. Erst recht nicht, wenn Thorin sie zuerst findet. Er hasst Drachen zu sehr, um einen in seinem Berg zuzulassen." Damit wandte sie sich um und machte sich auf den Weg auf ihr Zimmer. Dabei dachte sie über ihre eigenen Worte nach. Er würde nicht mal einen freien Drachen im Erebor erlauben. Was würde er dann mit mir, Smaugs Tochter, anstellen, wenn ich den Berg betreten will?

Am nächsten Tag brachen sie früh auf. Das ganze Volk hatte sich versammelt, um sie zu verabschieden. Elraya kletterte in ihrem neuen, eleganten Reiseumhang in das Boot. Neben Mor'ranr hatte sie jetzt wieder ihren Dolchvorrat aufgestockt und sich Pfeil und Bogen besorgt. Sie waren lange nicht so gut wie ihre alten Waffen, aber sie waren besser als nichts. Auf einmal hörte sie Thorin und Fili streiten. Sie sah auf. "Wenn Kili hierbleibt, bleibe ich auch!", sagte Fili wütend und sprang an Land. Elrayas Blick fiel auf Kili, der so erschreckend blass aussah, dass sie begann, sich Sorgen zu machen. Da trafen sich ihre Blicke. "Elraya... bleib bei mir", formte der dunkelhaarige Zwerg mit dem Mund. Elraya war hin und her gerissen, das sah man ihr deutlich an. Zum einen war da ihre Rache, auf die sie immer mehr versessen war, je näher sie dem Berg kamen. Auf der anderen Seite war da Kili, der Zwerg, in den sie sich verliebt hatte. Doch dann dachte sie an den Vorabend, als er nur Augen für dümmlich kichernde Menschenweiber gehabt hatte. Schweigend wandte sie den Kopf ab und sah nicht zurück, während das Boot sich in Richtung Erebor auf den Weg machte.

Der Rest der Reise verlief größtenteils schweigend. Zwei Tage wanderten sie durch das Ödland, wobei sie Smaug nicht ein Mal sahen. Elraya fragte sich, warum. Gegen Mittag des letzten Tages des Jahres, des Durinstags, kamen sie am Rabenberg an, wo sie eigentlich auf Gandalf hätten warten müssen. Doch Thorin wollte nicht, auch wenn Balin, Bilbo und Elraya ihn dazu drängten. Und so liefen sie bis zum Fuß des Bergs und machten sich auf die Suche nach der versteckten Tür. Es war Bilbo, der die Stufen in einer der Statuen entdeckte, die in den Berg geschlagen worden waren. Die Gemeinschaft kletterte mühsam hinauf, wobei Elraya ihnen half. Fyrn, der sich ihnen am Ufer wieder angeschlossen hatte, kam als letzter, um, wenn nötig, fallende Zwerge aufzufangen. Es war schon spät, als sie endlich an einer glatten Felswand ankamen. Die Zwerge begannen die verzweifelte Suche, versuchten die Tür einzuschlagen, als die letzten Sonnenstrahlen darauf fielen und sie sich nicht zeigen wollte. "Elraya! Ich glaube, wir machen es falsch! Der letzte Strahl am Durinstag... das ist der Mond!", zischte Bilbo ihr zu. Elraya sah ihm in die Augen. "Du hast recht! Hey, Thorin! Es sind nicht die letzten Strahlen der Sonne! Bilbo hat es verstanden, es ist das Mondlicht!" Thorin drehte sich mit neuer Hoffnung zur Felswand und sie warteten, als die Sonne unter- und der Mond aufging. Und dann begann die Wand zu schimmern, feine Linien erschienen im Gestein und ein Schlüsselloch zeichnete sich ganz deutlich ab. Fyrn trat näher und stieß Elraya triumphierend die Schnauze in die Hand. Lächelnd sah sie zu, wie Thorin vortrat und die Tür aufschloss, die knirschend aufschwang. Dahinter lag ein langer, dunkler Gang. Wilder Hass überkam Elraya und drohte, sie zu überwältigen. Sie wollte Smaug tot sehen, so schnell wie möglich. Die Zwerge betraten den Berg bedächtig, Elraya wollte ihnen gerade folgen, als Balin sie aufhielt. Sorgenvoll sah er ihr in die Augen. "Vergiss bei all deinem Hass nicht, wer du bist", murmelte er ernst.

Jetzt, endlich, haben sie den Berg erreicht. Wie das wohl ausgehen wird? Wird Elraya sich in ihrem Hass verlieren? Was wird Tiamat tun, wenn es zum Kampf zwischen der Gemeinschaft und Smaug kommt?

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