13. Kapitel

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Elraya fiel und fiel. Sie brauchte einen Moment, um sich zu orientieren, dann entdeckte sie Kili unter sich. Der Zwerg strampelte in der Luft. Sie presste die Arme an den Körper und kam ihm immer näher. Da entdeckte er sie. "Elraya!", schrie er entsetzt, was sie dank des starken Windes kaum hören konnte. Sie holte tief Luft, dann sprach sie in seinen Geist: "Bitte, erschrick nicht und denk nicht schlecht von mir. Ich werde dir alles erklären." Und dann tat sie etwas, was sie seit Jahren nicht mehr getan hatte. Sie zwang ihren Willen auf einen einzigen Gedanken: das Gefühl zu fliegen. Ein heftiges, unangenehmes Kribbeln durchfuhr ihren ganzen Körper. Sie wuchs, umgeben von einem seltsamen blauen Wirbel. Ihre Haare verschwanden, genauso wie ihre Kleidung. Aus ihrer Haut wuchsen mit einem schmerzhaften Ziehen Schuppen, ihr Kopf wurde länger und bekam Hörner, aus ihrem Rücken wuchsen Flügel und an ihrem Hinterteil bildete sich ein Schwanz. Und dann legte sich der farbige Nebel und gab den Blick frei auf einen tiefschwarzen Drachen mit blauen Flügeln und einem Kamm aus Membran, der den Rücken entlang bis zum Schwanz verlief. Am Schwanzansatz und -ende waren Segel aus derselben Membran und auch die Flügel bestanden daraus. Davon ging ein Leuchten in einem grünlichem Blau aus, das die Dunkelheit erhellte. Auch der Bauch und die Augen hatten diese Farbe, wenn sie auch nicht leuchteten. Es war dieselbe Farbe, die Elrayas Augen auch in Menschengestalt hatten. Sie breitete weit die Schwingen aus, erinnerte sich an lange zurückliegende Flüge und fing ihren Sturzflug ab. Gleichzeitig streckte sie die Vorderbeine aus und packte Kili sanft mit ihren Klauen. Dann senkte sie den Kopf auf ihn herab. Er starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. "Jetzt habe ich dir zum dritten Mal das Leben gerettet", neckte sie ihn. Dann schlug sie kraftvoll mit den Flügeln und schoss gen Himmel. Sie rauschte über die Kante der Klippe und breitete weit die Schwingen aus. Vorsichtig landete sie auf den Hinterläufen und hielt mit einem Vorderbein das Gleichgewicht, mit dem anderen hielt sie Kili fest. Sie sah, dass einige Zwerge sich jetzt einen Kampf mit den Orks lieferten. Thorin lag reglos auf einem Stein, Bilbo saß neben ihm. Und in der Ferne konnte sie die riesigen Adler, Gandalfs Freunde, ausmachen, die sich rasch näherten. Sowohl Zwerge, als auch Orks und Warge hielten inne und starrten den Drachen an, der plötzlich zwischen ihnen gelandet war. Elraya war nicht sehr groß, reichte aber dennoch schon fast mit dem Kopf bis zur Spitze der umstehenden Bäume. Drohend fletschte sie in Richtung der Orks die Zähne. "Verschwindet und lasst die Gemeinschaft in Ruhe, oder ich werde euch die Haut abziehen, sie verbrennen und euch anschließend wieder reinstopfen!", drohte sie. Die Orks wichen zurück, doch stoppten, als Azog einen Befehl schrie. "Wie ihr wollt", grollte Elraya, dann öffnete sie ihr Maul. Blaue Flammen schossen aus ihrem Maul und umschlossen die schreienden Orks. Doch diese Flammen waren nicht nur heiß, sie waren gleichzeitig auch kalt. Elrayas Feuer war anders als bei anderen Drachen, da sie selbst auch kein normaler Drache war. Sie knurrte, als ihr Feuer erlosch, dann drehte sie den Kopf und suchte nach Gandalf. Sie entdeckte den Zauberer, der mühsam verhinderte, dass Dori und Ori, wenn sie sie nicht verwechselte, in den Abgrund stürzten. "Gandalf! Die Adler kommen!", teilte sie ihm mit. Gandalf sah sie an und lächelte, als er sie in ihrer ganzen Pracht als Drache sah. "Zeig ihnen, was ein Drache kann! Zeig ihnen dein Feuer!", rief er und wechselte beim letzten Satz in die Drachensprache. Was denkt er, was ich hier tue? Den Mondaufgang bewundern?, dachte sie genervt, dann schleuderte sie mit dem Schwanz einen Ork von den Felsen und brach einem weiteren durch einen unbarmherzigen Tritt das Genick. Knurrend packte sie einen Warg mit den Zähnen, schüttelte ihn kräftig und ließ ihn in den Abgrund fallen, ehe sie die restlichen mit Feuer überzog. Und dann kamen die Adler. Sie glitten dicht über den Boden hinweg und ließen bei jedem Überflug Orks und Warge in die Tiefe fallen. Prompt brach Chaos aus. Die Orks und Warge flohen, Azog vorneweg. Elraya grollte tief in der Kehle und richtete sich auf, um ihn zu verfolgen, doch Gandalf rief erneut nach ihr. Sie drehte den Kopf. Die Adler sammelten nacheinander die Zwerge auf, nur Gandalf saß noch im Baum. Kili immer noch festhaltend, schwang sich Elraya in die Luft und glitt langsam unter dem Baum entlang. Der Zauberer ließ sich fallen und landete auf ihrem Rücken. Sie waren die letzten. Die Adler drehten alle in eine Richtung ab, die Zwerge nahmen sie mit. Elraya folgte ihnen und schloss rasch zu ihrem Anführer auf, dem Fürst der Adler. "Gwaihir! Schön, dich wiederzusehen", begrüßte sie ihn. "Es ist mir auch eine Freude, Elraya Lichtschwinge und Gandalf Graurock!", krächzte der riesige Vogel. Elraya brummte gutmütig, dann wurde sie langsamer. Mit einem kurzen Blick vergewisserte sie sich, dass Gandalf sicher auf ihrem Rücken saß, dann blickte sie zu Kili. Der dunkelhaarige Zwerg klammerte sich krampfhaft an ihrem Bein fest. Sie beschloss, ihn anzusprechen. Drachen konnten mit ihrer Art zu sprechen in den Köpfen aller Umstehenden zu hören sein, sie konnten aber auch nur zu bestimmten Personen sprechen, ohne dass andere mithörten. "Geht es dir gut?", fragte sie. Kili antwortete nicht. Verunsichert gab sie den Versuch auf.
Sie flogen stundenlang. Erst als die Sonne aufging, führte Gwaihir sie in einen Sinkflug. Einer nach dem anderen landeten die Adler auf einer einzelnen, hohen Felsspitze und setzten die Zwerge ab, ehe sie ohne ein Wort des Abschieds fortflogen. Nur Gwaihir stieß einen spitzen Schrei aus, was Elraya mit einem Brüllen beantwortete. Dann flog sie als letzte auf den Felsen zu, sie krallte sich mit den Hinterbeinen und dem freien Vorderbein am Gestein fest und legte Kili vorsichtig ab. Dann kauerte sie sich nieder. Die Zwerge wichen vor ihr zurück. Fili half Kili auf die Beine, der sich anschließend ebenfalls von ihr zurückzog. Elraya unterdrückte den schmerzhaften Stich, den dieser Anblick ihr versetzte. Gandalf kletterte von ihrem Rücken und eilte auf Thorin zu. Er beugte sich über ihn und murmelte einige Worte. Elraya legte sich auf den Felsen, um kleiner zu wirken. Abwartend sah sie zu Thorin. Der schlug plötzlich die Augen auf, dann rappelte er sich mühsam auf. Elraya sank der Mut, als sie den Blick sah, den er ihr zuwarf. Mühsam verwandelte sie sich zurück. Sie wankte leicht, als sie der Kraftverlust der Verwandlung traf. "Tötet den Drachen!", zischte Thorin. "Nein!", rief Gandalf sofort und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Er strahlte eine Autorität aus, die selbst Elraya selten an ihm gesehen hatte. "Ihr werdet ihr nichts tun!" Thorin fuhr zu dem Zauberer herum. "Ihr wusstet, dass sie ein Drache ist?!?", fragte er ungläubig. "Halbdrache, um genau zu sein", korrigierte Gandalf. Mit gesenktem Kopf sagte Elraya laut: "Gandalf hat recht. Ich bin kein richtiger Drache, sondern nur ein Halbdrache." Sie hob den Blick und sah Thorin fest an, der sie voller Abscheu anstarrte. "Meine Mutter war ein Mensch. Und mein Vater... ist Smaug."

Dramatische Wendung, aber wahrscheinlich haben ein paar von euch schon geahnt, was sie ist. So oder so, jetzt ist es raus. Mal sehen, wie Thorin darauf reagiert. Aber was sagt ihr zu diesem Kapitel?

Fate ~Hobbit FF~ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt