Mira bediente gerade einen älteren Kunden, als Falrey eintrat. Er vertrieb sich die Zeit, bis er an der Reihe war, indem er die Pflanzen auf einem Regalbrett musterte. Einige wuchsen auch in den Wäldern am Sevedra, andere waren ihm gänzlich unbekannt. Schliesslich verliess der Mann mit einem kleinen Paket den Laden und Falrey trat an die Theke. „Ich soll das hier zurückbringen", sagte er und stellte das Gefäss hin. „Und fragen, was der Rest gekostet hat."
Mira ergriff das kleine Glas und schob es zu Falrey zurück. „Behalt es", sagte sie. „Ein Anschlag kommt selten allein. Und was den Preis betrifft – sag Emila, sie soll es als Treuegeschenk betrachten, weil sie eine zuverlässige Kundin ist."
Falrey nickte und hob das Glas hoch, um die darin befindlichen Kügelchen zu betrachten. „Was ist das eigentlich?", fragte er. Sah eigentlich aus wie Kohle.
„Kohle", antwortete Mire prompt. „Eine spezielle Form davon."
„Wie wirkt es?"
„Es nimmt das Gift, das sich noch im Magen und Darm befindet, in sich auf. Wäre bereits zu viel davon ins Blut übergegangen, hätte es ihm nicht mehr geholfen."
Falrey schluckte leer und verstaute das Gefäss in seiner Gürteltasche.
„Wie geht es ihm?", fragte Mira. „Hat er sich ganz davon erholt?"
Falrey nickte. „Er ist wieder ganz der Alte. Ging ziemlich schnell. Drei Tage später konnte er mich schon wieder verprügeln."
„Dann war es wohl tatsächlich Nikotin", meinte Mira. „Wirkt heftig, aber hinterlässt keine bleibenden Schäden, wenn man es überlebt."
„Was ist dieses Nikotin?", fragte Falrey.
„Eine bräunliche Flüssigkeit", antwortete Mira. „Wenn es konzentriert ist, braucht man nur sehr wenig davon, um jemanden umzubringen. Man gewinnt es aus Tabak, deshalb ist es recht einfach zu bekommen."
„Das heisst, das Zeug ist in ganz normalem Tabak drin?", fragte Falrey ungläubig.
„Genau", antwortete Mira. „In jedem Pfeifchen, das in der Stadt gepafft wird, ist ein wenig von dem Gift enthalten."
„Das muss ich Jaz sagen", meinte Falrey. „Wundert mich, was er dazu sagt, dass er mit dem Zeug vergiftet wurde, das er raucht." So wie er ihn kannte, würde er irgendeine makabre Antwort bereit haben.
Mira schien die Sache nicht so amüsant zu finden. „Er hat angefangen zu rauchen?"
„Ja", antwortete Falrey. „Er findet die Idee mit dem Schilf irgendwie witzig."
„Sag ihm, er soll damit aufhören", sagte Mira ernst.
„Wieso?", fragte Falrey.
„Jemand wie er wird, wenn er einmal damit anfängt, in kürzester Zeit zum Kettenraucher", sagte Mira. „Und das wird ihn umbringen."
„Wieso das?" Falrey wusste, dass er alles andere als begeistert klang. Wenn das so weiterging wurde er wirklich noch zu Jaz Aufpasser. Und auf jemanden wie Jaz aufzupassen war echt ein Scheissjob.
„Es zerstört die Lunge", antwortete Mira. „Und mit ihr die Kondition. Er wird schneller ausser Atem kommen, weniger lange durchhalten. Und ich schätze, du weisst, was dann als nächstes passieren wird."
„Er ist am Arsch", fasste Falrey zusammen. Und ich auch, fügte er in Gedanken hinzu.
„So könnte man es sagen", meinte Mira.
Sie stellte ihm die Sachen für Emila zusammen, Falrey bezahlte und machte sich auf den Weg zurück. Er wählte nicht die direkteste Strecke und so begann es bereits einzudunkeln, als er das Haus erreichte. Jaz wartete auf ihn. Er sass auf dem Tisch, die Füsse auf die Bank gestellt und wirbelte seinen Dolch zwischen den Fingern herum, seine Augen folgten Falrey, während er die Waren und das Rückgeld für Emila auf den Tisch legte und sich ein Brot mit Cuff bestrich, dann sprang er auf und ging ihm voran nach draussen.
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Niramun I - Nachtschatten
FantasyNiramun, die ewige Stadt, Kessel und Spitze, ein Schmelztiegel am Rande der Wüste. Ein Ort ohne Herrscher und Gesetze, an dem das Schicksal eines Halbwaisen nur eines ist unter hunderttausenden. Auf der Suche nach seinem Vater landet Falrey mit kau...