Kapitel 30

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Auf dem Weg zu Arda überdachte ich noch einmal alles. Stellte mir Dialoge mit ihm vor. Wie er wohl reagieren wird. Oder was er sagen wird. Ob er überhaupt mit mir sprechen wird. Das wird sich nun heraus stellen. Die Polizei konnte ich nicht anrufen, da er sonst alles mitkommen würde. Er kann ja meine Anrufe mit hören. Schon krass, was er für eine Macht hat. Nach etlichen Minuten später kam ich an seinem Gebäude an und musste feststellen, dass es ein ziemlich kleines Haus ist. Mein Herz pochte so schnell, so laut, dass ich Angst hatte. Ich habe auch Angst. Den ganzen Weg über hatte ich Angst. Wie soll ich reagieren? Was soll ich machen?! Toll! Das fällt mir erst jetzt ein, während ich genau vor seinem Haus stehe?!

Ich atmete laut aus und merkte schon, wie mein Körper zitterte. Wird er mir etwas antun? Wird er das? Wird er das vollenden, was er an dem Abend versucht hat? Verdammt! Wieso fällt mir das jetzt erst ein?! Nein Merve, du wirst jetzt nicht zurück kehren. Vergiss es. Du musst dein Recht suchen. Deine Antworten. Die bekommst du nur bei Arda. Bei deinem Stiefbruder. Das Wort kann ich immer noch nicht ohne Angst und Schrecken sagen!

"Komm schon, du schaffst das.", flüsterte ich zu mir und machte mehrere Schritte auf seine Haustüre zu, wobei ich dann genau davor stehen blieb. Zitternd klopfte ich an der Tür und machte einen Schritt nach hinten. Man weiß nie was einen hinter der Tür erwartet. Ein paar Sekunden kam nichts, weshalb ich vorsichtig noch einmal klopfte. Komm schon, mach die Tür auf.

Als ich wieder gehen wollte, da niemand die Tür aufmachte, hörte ich hinter mir wie sich die Tür plötzlich öffnete. Ich drehte mich schlagartig um und konnte meinen Augen nicht trauen. Arda. Er steht vor mir. Er steht wirklich vor mir. Er sieht mir wirklich sehr sehr ähnlich. Ich hielt meinen Atem an und starrte ihm genau in die Augen. Er sah mich ebenfalls an und sah gar nicht überrascht aus. Er hat mich erwartet. Das merkt man. Krass, dass ich hier und jetzt nun vor meinem Stiefbruder stehe, von dem ich seit Jahren nichts gehört habe. Ich fasse es immer noch nicht. Mein Gehirn will's nicht akzeptieren.

"Arda.", flüsterte ich leise und spürte einen fetten Kloß an meinem Hals.

Er starrte mich ohne jegliche Gefühle an und machte sich wieder aus dem Staub. Er lief in das Haus aber ließ dabei die Tür offen. Er will das ich rein komme. Aber wieso bittet er mich dann nicht herein? Nein, ok. Wieso sollte er auch? Er hat mich belästigt. Er hat keinen Grund. Mit langsamen Schritten lief ich in das Haus hinein und sah mich um. Das Haus ist zwar bewohnbar aber in einem schlechten Zustand. Wieso kam er nie zu mir, oder hat sich mir geöffnet, wenn er doch weiß, das wir eine Familie sind? Dass er mein großer Bruder ist.

Ich folgte ihm und merkte, dass er mit dem Rücken zu mir stand. Wir standen nun im kleinen Wohnzimmer und sagten nichts. Ich konnte nichts sagen. Er sollte reden. Er muss reden.

Genau, als ich meinen Mund öffnen wollte, um Antworten zu verlangen, drehte er sich schlagartig um und hielt etwas in seiner Hand, was mich erschrocken einen Schritt zurück treten ließ. Eine Waffe. Er hält eiskalt eine Waffe auf mich. Automatisch und auch vor Angst hob ich meine Arme hoch und machte ihm damit ein Zeichen, bloß nicht abzudrücken. Das kann doch wohl nicht sein Ernst sein?! Ich komme hier her um mit ihm normal zu reden und er zielt ohne ein Wimpern zucken auf mich! Mein Herz klopft ziemlich schnell und ich sah keinen Ausweg mehr. Abhauen kann ich wirklich gar nicht. Schreien ist auch schlecht, denn das Haus liegt abgelegen.

"Wie konntest du mich finden, ohne das ich etwas mitbekommen habe.", sagte er und es klang gar nicht wie eine Frage. Seine Stimme ähnelt meinem Vater, was meinem Herzen einen Stich verpasste. Meine Augen füllten sich mit Tränen und ich nahm meine Arme wieder runter.

"Ich hatte Kontakte, die dich aufspüren konnten.", flüsterte ich und sah ihm dabei genau in die Augen, die Feuer spuckten. Ich sah nur puren Hass, mehr nicht.

Mein Held - KahramanımWo Geschichten leben. Entdecke jetzt