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Hallo und Willkommen auf meinem Blog. Ich werde hier nichts großartig posten, also keine Bilder von mir und auch nicht meinen Tagesablauf oder sowas in der Art. Nein, ich werde nur eine Entschuldigung an einen ganz bestimmten Menschen schreiben und hoffe, dass er es lesen wird. Immerhin ist die Plattform hier ja relativ bekannt.

Wenn mich jemand für das, was ich veröffentliche, hatet, soll mir das egal sein. Wenn mir jemand sein Mitleid bekundet ebenso. Ich tu das für meinen Freund und der Rest ist egal!

Also, Tim, falls du das wirklich liest, dann hör mir bitte noch einmal zu:


Wir waren Kinder, die besten Freunde der Welt. Wenn ich etwas dachte, sprachst du es im nächsten Moment aus, als teilten wir uns dieselben Gedanken, und wenn du wegen etwas besorgt oder unsicher warst, fand ich die richtigen Worte, um dich wieder aufzumuntern. Und das war schon so lange so, wie ich mich überhaupt erinnern kann.

Du warst damals der Neue in unserem Kindergarten, frisch aus Essen hierhergezogen und hattest keinen einzigen Freund, mit dem du zusammen spielen konntest. Und deswegen fanden wir zueinander, weil auch ich ganz alleine war. Sogar damals wurde ich schon von Spielen ausgegrenzt und saß die ganze Zeit einsam da, während die anderen Klötzchenburgen bauten, mit den Bobbycars herumrannten und alle Backformen im Sandkasten für sich beanspruchten. Irgendwann hattest du sie verscheucht, damit ich mich auch mal mit den ganzen tollen Sachen austoben konnte und dafür war ich dir ewig dankbar. So hat alles angefangen. Der größere, blonde, zurückgezogene Junge und das etwas kleinere, braunhaarige Energiebündel. So unterschiedlich wir auch waren, wir passten zusammen wie zwei benachbarte Puzzleteile! Dann wurden wir älter und älter, ließen den Kindergarten hinter uns und besuchten zusammen die Grundschule, natürlich kam niemand auf die Idee uns zu trennen. Wir kamen in dieselbe Klasse, saßen in jedem Fach nebeneinander und bei Partnerarbeiten schauten wir uns selbstredend sofort nach Ankündigung kichernd an. Ja, es war unglaublich, sogar die Lehrer nannten uns irgendwann ab der dritten Klasse nur noch "die Zwillinge". Du bist plötzlich in die Höhe geschossen und hast eines Tages auf mich herunterblicken können und ich musste mir einen anderen Spitznamen für dich überlegen als Timmi, denn der hat nun wirklich nicht mehr gepasst. Damals hatten sie alle nur den Kopf über uns und unsere Flausen geschüttelt und gemeint, dass das irgendwann wieder vorbei geht und wir noch vernünftig werden. Ja, aber da waren wir noch normal. Da hatten wir noch in das Raster der Gesellschaft gepasst, zwar nur ziemlich nah an der Grenze, aber halt gradeso passend.

Das hat sich mit der vierten Klasse geändert. Als ich bemerkte, dass Mädchen mich kein bisschen interessieren. Ich sah sie an und fühlte nichts, außer vielleicht Gereiztheit über ihr Gekicher, Gekreische und ihre Hotpants, mit denen sie arschwackelnd in den Pausen herumrannten. Stattdessen begann ich langsam mehr als nur freundschaftliche Gefühle zu dir zu entwickeln. Ich hatte anfangs Angst davor, doch gleichzeitig wollte ich mich so gerne an dich kuscheln und deine Wärme spüren und mein Gesicht an deiner Brust vergraben. Einmal, als du mich zum Übernachten eingeladen hast, habe ich mitten in der Nacht meine Matratze verlassen, mich mit meiner Decke umgewickelt neben dein Bett gesetzt und dich beobachtet, wie du schläfst. Deine Lippen haben so verlockend weich ausgesehen und plötzlich konnte ich nicht mehr anders, als dich sanft zu küssen. Ich hatte ehrlich gedacht, dass du schon tief und fest schlummerst, aber das hast du nicht, weißt du noch? Du bist zurückgezuckt und hast die Augen aufgerissen. Ich hab mich peinlich gerührt tausend mal entschuldigt und damit gerechnet, dass ich unsere Freundschaft kaputt gemacht habe, aber du hast auf einmal gelächelt und mir angeboten, neben dir zu schlafen. Und das haben wir schließlich auch gemacht, unter einer Bettdecke, dicht an dicht gekuschelt, beide mit viel zu schnellem Herzschlag und konnten ewig nicht einschlafen.

Seit dem Tag waren wir mehr oder weniger ein Paar. Aber seit dem Tag ging auch alles andere bergab. Mit unserem Outing verloren wir die wenigen Freunde die wir hatten, weil sie nichts mit zwei Schwuchteln zutun haben wollten. Unseren Eltern war es zum Glück relativ egal, doch die Schikanen unserer Klassenkameraden machten uns deutlich spürbar zu schaffen. Wir meldeten uns nicht mehr im Unterricht, standen auf dem Schulhof einsam in einer Ecke weit weg von den anderen und bekamen in Gruppenarbeiten immer jemanden zugeordnet, weil niemand freiwillig zu uns kam. Meistens war unser Partner dann ein kleiner, etwas pummeliger Junge namens Rafael, der vor fast allem Angst hatte, sehr zappelig war und nach dem Ende seiner Zwangszuordnung immer hastig zurück zu seinem Pult stürmte.

Wir hatten gehofft, dass sich alles mit dem Wechsel auf das Gymnasium bessern würde. Kinder sind grausam, aber ab der 5. Klasse sollte sich das doch bessern, die Jugendlichen sollten hier schließlich intelligenter und toleranter sein, nicht wahr? Nun ja, wir hatten uns getäuscht. Auch an der neuen Schule wurden wir von neuen Schülern gehänselt, neue Lehrer schauten uns schräg an und neue Rüpel bestimmten uns zu ihren Mobbingopfern. Wir trauten uns irgendwann kaum noch frühs aufzukreuzen, von Hand in Hand ganz zu schweigen. So oft hattest du blaue Flecken vorzuweisen, weil du dich zwischen mich und die anderen gestellt hast, mich beschützen wolltest, weil du mich gern hattest Timbo. Ganze fünf Jahre haben wir das irgendwie ausgehalten. Die meisten Schläger schlossen ihr Abitur ab oder sprangen nach ihren 10 Jahren Schulpflicht ab. Der Ärger legte sich langsam, und wir waren trotz der langen, schlimmen Zeit noch immer zusammen. Alles hätte so gut für uns beide enden können.

Und dann habe ich den einen dummen Fehler gemacht, für den ich mich bis heute ohrfeigen könnte und wegen dem ich manchmal abends wach liege und mir wünsche, dass das Unmögliche passiert. Dass du mir verzeihst und zu mir zurückkommst.

Blinded & Muted (#Stexpert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt