"Tschuldigung, aber Sie wären ja schon fast weggestürmt", plauderte die Angestellte munter weiter, während ich innerlich tausend Tode starb und äußerlich mit Sicherheit blass wie Quark wurde. Bitte nicht. Bitte nicht. Bitte sag nichts über die CD in meiner Jacke. Lass mich einfach mit einem blauen Auge davonkommen! Wie sollte ich das alles sonst meiner Mom oder Tim erklären?!
"Sie haben Ihre Kappe verloren. Hier bitte, fast wäre noch jemand nach Ihnen darauf getreten", klärte die Frau mich auf und vor Erleichterung wäre ich ihr beinahe um den Hals gefallen. "Ehr-ehrlich? Dankeschön, v-vielen vielen Dank!", stotterte ich überwältigt und nahm mein 'Schutzschild' entgegen. Dass es mir runtergefallen war, hatte ich überhaupt gar nicht mitbekommen. "Danke, danke nochmal", nuschelte ich ohne klar nachzudenken und erntete einen besorgten Blick. "Geht es Ihnen nicht gut? Sie sind ja ganz bleich, alles okay?"
Ich nickte nicht bloß, stattdessen schüttelte ich viel eher meine ganze Welt über Kopf, da ich noch immer im Freudentaumel darüber war, nicht (oder zumindest noch nicht) erwischt worden zu sein. Meine Reaktion verunsicherte sie aber sichtlich weiter, also fügte ich hinzu: "Jaah, ja alles okay. Ich-ich muss mich nur beeilen, meine Oma, verstehen Sie? Sie w-wollte, dass ich sie besuche, sie ist krank und ich bin eigentlich schon viel zu spät..."
Und endlich verschwand die Verkäuferin mit verständnisvollem Lächeln und ließ mich gehen, mich aus dem Laden rausstürzen, als wäre eine ganze Meute Polizisten hinter mir her. Erst drei Häuserecken weiter wurde ich langsamer, stemmte meine Arme in die Seiten und atmete all die angestaute Panik und Furcht aus meinen Lungen. "Coole Aktion", rief Dagi kurze Zeit später, als sie mich gegen eine Häuserwand gelehnt fand, und zog mich in eine Umarmung. "Mega, ich wäre an deiner Stelle wahrscheinlich vor Schiss tot umgefallen, alter!"
Ich lachte ausgelassen und spürte einen riesigen Stein von meinem Herzen fallen. Apropos Herz. Hastig löste ich mich wieder von ihr und tastete nach dem Versteck, aber die CD war zum Glück heile geblieben.
"Weißt du, wo Tobi und die anderen hin sind?", erkundigte ich mich, denn auf dem Weg hierher und auch nirgendwo sonst hatte ich sie jetzt finden können. Dagi nickte, fasste nach meiner Hand und lief voraus, einem strikten unsichtbaren Pfad folgend, bis wir wenige Minuten später urplötzlich in Tobis direkter Nachbarschaft angekommen waren.
"Junge Junge Junge, du hast echt Eier in der Hose!", kommentierte der Anführer beeindruckt, als ich ihm die CD reichte. Mit der Übergabe des Diebesguts fiel noch einmal eine riesige Last von mir und ehe ich mich versah, konnte ich nicht anders, als laut zu Lachen. Bibi schaute mich entgeistert an und ich rang nach Atem für eine Erklärung. "Wenn ihr wüsstet, was ich beinahe am Ende noch verbockt habe", teaserte ich sie an und Dagi übernahm den Rest der Erklärung: "Ihr hättet das sehen sollen! Die Dicke, Bertha, hat ihn kurz vorm Eingang aufgehalten und ich dachte schon, wir dürften Stegi nächstes mal im Kittchen besuchen! Aber sie hatte bloß seine Scheiß Mütze gefunden und zurückgegeben. Boah, ich wär fast ausgerastet in dem Moment!"
Jetzt bekam ich sogar noch einige respektvolle Schulterklopfer von Rafi und fühlte mich für eine kurze Sekunde unbesiegbar. Bis auf das ich mich die ganze Zeit selbst fertig gemacht hatte, war alles eigentlich super easy gewesen! Und jetzt trennte mich vermutlich nur noch einmal Überwindung aufbringen von einem festen Platz in der Clique, zwischen Bibi, Melina, Dagi, Taddl, Rafi und Tobi. Das würde ich auch noch irgendwie meistern und dann... und dann... dann musste ich erst einmal Tim zurückgewinnen, damit wir beide vom Schutz der Truppe profitieren konnten. Ich würde mich darum kümmern, dass wir wieder mehr zu zweit unternahmen, er von denjenigen, die ihn verprügelten, in Ruhe gelassen wurde und natürlich auch dass wir einander wieder vertrauten. Das war das Wichtigste.
"Wer hat Bock auf Party?", holte Tobi mich zurück aus meinen Gedanken und grinsend hob ich wie alle anderen die Hand über den Kopf. "Super, so muss das auch! Bibi, gibst du noch Melina Bescheid? Dann hören wir uns zusammen mal an, was Stegi da tolles für uns ergattert hat!"
DU LIEST GERADE
Blinded & Muted (#Stexpert)
Fanfiction"Ich war blind, du warst stumm. Und wir fanden einfach keine Möglichkeit, einander über diese Hindernisse hinweg zu helfen." Tim und Stegi sind seit ihrem Outing die klassischen Außenseiter. Sie werden gemobbt, geschlagen und beschimpft. Stegi sieht...