Ich wachte auf, weil sich etwas um meinen Hals schlang und mir kurzzeitig die Luft raubte. Hastig tastete ich danach und stellte erleichtert fest, dass es bloß Tim war, der mich im Halbschlaf an sich drückte. Trotzdem löste ich seinen Arm jetzt vorsichtig, was ihn unzufrieden brummeln ließ. "Großer, du erwürgst mich fast! Mach mal ein bisschen Platz!"
Tatsächlich hörte er selbst das und gab mich endgültig frei. Noch ein wenig verträumt schielte ich zu seinem Wecker und erschrak mächtig. Es war viertel nach um acht, wir würden uns unendlich verspäten! "Tim! Tim, wach auf! Wir müssen zur Schule, der Unterricht fängt schon an!"
Hastig sprang ich aus dem Bett und schnappte mir meine Klamotten, während Tim sofort hochschnellte und sich an den Kopf griff: "Fuck, wie konnten wir nur beide das Klingeln überhören?"
Ich rannte mittlerweile schon ins Bad, schlüpfte in Tshirt und Hose und versuchte verzweifelt, noch irgendwas anständiges mit meinen Haaren hinzubekommen. Vergeblich, wer hätte es gedacht.
"Stegi, ich muss auch noch da rein!", drängelte mein Freund von draußen.
"Ja, warte kurz, bin gleich fertig!"
"Beeil dich!"
"Dann komm doch mit rein!"
"I-ich muss noch duschen..."Ja, und? War er halbnackt oder was?
"Ach komm, was soll ich dir schon weggucken?" Als er nicht antwortete, seufzte ich augenverleiernd: "Okay, ich halte mir ja schon die Augen zu. Kannst reinkommen!"
"Ehrlich?"
"Oah ja man! Komm jetzt, wenn du dich weiter zierst, sind wir zu spät beim Test!"Ich hielt mir wie dieser Whatsapp Affe die Handflächen vor die Augen und hörte kurz darauf, wie die Tür aufging. "Sorry", murmelte Tim leise, während er an mir vorbeischlich und in dem kleinen abgetrennten Nebenraum verschwand. Mit dem Schnappgeräusch der Duschentür ließ ich die Hände wieder sinken, putzte mir schnell die Zähne und hielt dann inne. Hunger hatte ich durch die Hektik keinen mehr, meine Schultasche bunkerte unten im Erdgeschoss und auch sonst musste ich eigentlich nur noch auf meinen Freund warten. Das Wasser plätscherte noch fröhlich vor sich hin und die Verlockung, einmal einen kurzen Blick um die Ecke zu werfen, war unanständig groß. Also huschte ich auf Zehenspitzen zur anderen Seite des Raumes. Bei dem vorgenommenen einmaligen Blinzeln blieb es dann aber nicht. Weil... Ehm... Klingt jetzt mega versaut, aber das Glas der Dusche war sehr gut durchsichtig und dahinter war noch etwas anderes... unanständig groß. Innerlich schüttelte ich seufzend meinen Kopf. Sein Ernst? Hatte er echt nur wegen einer Morgenlatte darauf bestanden, dass ich ihm um Gottes Willen nichts weggucken durfte? Dieser Kerl ey, dieser jedoch zugegeben verdammt sexy heiße Kerl. Ich riskierte verschmitzt noch einen Blick.
"Hör auf zu sabbern Stegi, ich weiß, dass du guckst!", dröhnte Tims Stimme verstärkt durch den Hall der engen Wände zu mir und ertappt sprintete ich zurück zum Waschbecken. "Tu ich gar nicht", rief ich zurück, konnte jedoch nichts dagegen machen, dass meine Wangen knallrot anliefen bei dieser Lüge. So gut auszusehen wie der sollte verboten gehören!
Keine fünf Minuten später kam Tim dann mit einem Handtuch um die Hüfte aus dem Raum, mit einem zweiten trocknete er sich gerade im Schnelldurchgang die Haare. Er schenkte mir ebenfalls mit glühend rotem Gesicht einen kurzen Blick, ehe er wieder in seinem Zimmer verschwand und kurz darauf fertig angezogen die Treppen nach unten polterte, wo ich mir schon die Schuhe anzog. "Los komm schon, wir brauchen mindestens zehn Minuten für den Weg und in fünfzehn Minuten beginnt die zweite Stunde! Und der Test! Los los los!", feuerte ich ihn an, während ich schon meine Tasche schnappte und die Haustür aufriss. Nie wieder innerhalb der Woche beieinander Übernachten, wenn chronisches Verschlafen die Folge darauf war. Zum Glück hatte ich schon gestern Nachmittag den ganzen Stoff gelernt, den wir nachher nur noch auf das Blatt zu klatschen brauchten. Verstanden hatte ich ähnlich wie in Mathe zwar kaum etwas, aber bei den Arbeiten passte das schon, die Chemietante verlangte kaum, dass wir selbstständig nachdenken sollten, sondern nur dass wir unseren kompletten Hefter abschrieben. Mein Glück.
Und endlich hatte auch Tim seine Schuhe an, hechtete nach draußen und packte meine Hand, während wir zusammen das erste Mal in unserem Leben zur Schule rannten, als wäre der Teufel hinter uns her.
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Blinded & Muted (#Stexpert)
Fanfiction"Ich war blind, du warst stumm. Und wir fanden einfach keine Möglichkeit, einander über diese Hindernisse hinweg zu helfen." Tim und Stegi sind seit ihrem Outing die klassischen Außenseiter. Sie werden gemobbt, geschlagen und beschimpft. Stegi sieht...