Kapitel 1.

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Ich stellte meine Tasche auf dem Empfangstresen ab und und schloss den Tanzsaal und das Büro auf. So konnten die Schüler direkt in die Umkleide, während ich noch etwas am PC arbeiten konnte. Da Victor krank geworden war, musste ich seinen Hiphop-Kurs übernehmen. Dabei hatte ich total Stress mit den Abschlussprüfungen meines Studiums... Aber was tat man nicht alles für seinen besten Kumpel...

Erschöpft, da ich die letzte Nacht ziemlich lange gelernt hatte, setzte ich mich an den Schreibtisch und klappte meinen Laptop auf. Sobald er hochgefahren war, startete ich meine Abschlussarbeit und begann, den Fehler, der mir heute Morgen eingefallen war, zu verbessern.

Kinderstimmen erklangen und ich schaute auf. Einige der Tanzschüler liefen am Büro vorbei und winkten mir kurz, ehe sie in den Umkleiden verschwanden. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich noch zehn Minuten bis zum Anfang der Stunde hatte. Nach dem Hiphop-Kurs hatte ich eine Viertelstunde Pause, ehe mein Salsa-Kurs begann. Danach konnte ich eine Kleinigkeit zum Mittag essen und dann war der Anfänger-Tanzkurs. Vollgepackter Tag...

Seufzend packte ich den Laptop wieder in die Tasche und schloss die Tür, um mich rasch umziehen zu können. Dann verließ ich das Büro, verschloss die Tür und betrat den Tanzsaal. Die zehn Mädchen, die im Kurs waren, waren bereits da und dehnten sich. "Guten Morgen!", meinte ich gut gelaunt und band meine langen, blonden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen, "heute dürft ihr mal wieder mit mir Vorlieb nehmen. Victor ist krank."

Die Mädchen strahlten mich an und schienen sich richtig zu freuen. Okay, klar. Von einer Frau unterrichtet zu werden war vielleicht etwas besser als von einem Mann, wenn man selbst ein Mädchen in der Pubertät war. Aber immerhin sah Victor nicht schlecht aus. Und solange keine Eltern zusahen, trainierte er die Mädchen immer mit nacktem Oberkörper, sodass sie seine Muskeln bewundern konnten. Was natürlich ablenkend war.

"Dann zeigt mal, was ihr schon so habt!", lächelte ich und schloss die Musik an. Hiphop war zwar nicht ganz mein Spezialgebiet, aber es machte hin und wieder Spaß, es zu tanzen. Also würde ich heute vielleicht sogar mitmachen...

Am frühen Abend war ich dann mit allen Kursen für heute durch und trank keuchend vor Anstrengung meine Wasserflasche leer. Der Anfängerkurs, den ich im Moment hatte, war echt sehr schwierig. Die meisten verstanden gar nicht, was ich von ihnen verlangte. Selbst wenn ich es ihnen vormachte, checkten manche es nicht. Daher musste ich viel Geduld mit ihnen haben und ihnen Schritt für Schritt alles zeigen. Zu schade, dass ich keine Überstunden an Geduld ausbezahlt bekam...

Ich schloss die Tür des Tanzsaals ab und drehte mich um, nur um mit einem gut aussehenden, dunkelhaarigen Mann zusammenzustoßen. "Huch!", meinte ich überrascht und trat einen Schritt zurück, "bitte entschuldigen Sie. Ich habe niemanden hinter mir erwartet..."

"Ich muss mich entschuldigen," erwiderte er und trat ebenfalls einen Schritt zurück, "ich hätte mich bemerkbar machen sollen. Habe ich Sie erschreckt, Miss?" Aufmerksamer Brite. Der hatte direkt bemerkt, dass ich nicht verheiratet war. Aha. Er war es allerdings auch nicht, auch wenn er am linken Zeigefinger einen interessanten Ring mit einem Wappen trug.

"Nein, alles gut," schüttelte ich den Kopf und strich mir eine Haarsträhne aus den Augen, "wie kann ich ihnen helfen, Sir? Ich bin zwar nicht die Chefin, arbeite aber lange genug hier, um alles zu wissen." Klappe Rose, sonst vertreibst du ihn vielleicht noch!

Er lächelte auf eine charmante Art und Weise und erwiderte: "Ich suche eine Tanzlehrerin für Privatunterricht. Man sagte mir, ich solle hier fragen, da hier eine der besten, nationalen Tänzerinnen unterrichtet. Könnten Sie mir ihre Nummer geben oder sagen, ob sie Privatstunden gibt?"

Schon alleine wegen seinem Aussehen müsste ich ja sagen. Gut gebaut, groß, braune Haare und himmlische, blaue Augen. Aber ich hatte keine Zeit dafür. Meine eigenen Kurse hatten gerade erst begonnen und ich musste meine Abschlussarbeit und meine Abschlussprüfungen schreiben... Wo sollte ich also die Zeit hernehmen?

Ich biss mir auf die Unterlippe und kratzte mich am Nacken. "Zwei Monate früher hätte ich ja gesagt," erwiderte ich und schaute ihn entschuldigend an, "jetzt ist es etwas kompliziert... Ähm... Was genau wollen Sie denn lernen?"

"Verzeihen Sie, ich wusste nicht, dass..." Stumm winkte ich ab und hob eine Augenbraue. "Eigentlich alle Paartänze... Außer Walzer kann ich nichts," entgegnete er, "und ich würde mir ja einen anderen Lehrer suchen, aber mir fehlt eine Partnerin, weshalb ich eher eine Lehrerin möchte."

Warum mussten Briten immer so verdammt charmant sein? Zähne knirschend öffnete ich die Bürotür und nahm meinen Kalender aus der Tasche. Dann schaute ich, an welchen Tagen ich am meisten Zeit hatte. "Ich kann ihnen auch mehr bezahlen, als Sie normal für Einzelstunden nehmen," meinte er und trat zu mir ins Büro, "bitte. Es ist mir sehr wichtig..."

"Normal gebe ich keinen Einzelunterricht," entgegnete ich, "macht es ihnen etwas aus, wenn es nicht regelmäßig und immer zur selben Uhrzeit am selben Tag ist?" Er schüttelte den Kopf, woraufhin ich seufzte. "Schreiben Sie mir ihre Nummer auf," meinte ich und hielt ihm meinen Kalender und einen Stift hin, "ich schaue, was sich machen lässt. Es kann aber sein, dass es sehr kurzfristig ist."

"Stört mich nicht," grinste er erleichtert und schrieb mir eine Nummer auf, "mein Name ist übrigens Mason. Und ihrer, Tanzlehrerin?" Meine Mundwinkel zuckten amüsiert, während ich Stift und Kalender wieder nahm und einpackte. "Roselyn," entgegnete ich, "Roselyn Adams. Aber alle nennen mich Rose." Er schüttelte meine Hand und fuhr sich dann mit der Hand durch die Haare. "Dann wünsche ich ihnen einen schönen Abend, Rose," verabschiedete er sich und ging, die Hände in den Jackentaschen seiner Jeansjacke vergraben.

Worauf ließ ich mich nur wieder ein?

Royal LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt