Kapitel 36

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Zeitsprung: Klassenfahrt nach London

Lissa

"Das wird die geilste Klassenfahrt ever, Baby!", Lu schob sich ein kleines Stück von ihrer Schokolade in den Mund und hüpfte aufgeregt an Ort und Stelle auf und ab.
Das war ihre zweite Tafel Schokolade die sie genüsslich aß.
Ich hab ja nichts dagegen aber ob das so gut ist, gleich früh am Morgen zwei davon zu essen, weiss ich auch nicht.

Wir waren, abgesehen von unseren Aufsichtspersonen, welche aus 5 Lehrern und Lehrerinnen bestanden, die Ersten.Lu kam auf die großartige Idee ein bisschen früher aufzustehen, weil sie eine von den Ersten sein wollte.
Hat ja geklappt.
Sie war glücklich aber von Luz und mir konnte man das nicht grad behaupten.
Klar, wir freuten uns wirklich auf London aber 7 Uhr früh ist einfach nicht unsere Zeit.

Völlig übermüdet lehnten wir an einem Baum, während wir dabei zusahen wie unsere Koffer in den Bus eingeladen wurden.
Nach ner Zeit wurde es immer unruhiger und hektischer was das Einladen anging.
Der große Parkplatz war überfüllt von den anderen, welche gleich in ihre jeweiligen Gruppen gingen, so wie damals.
Ich versuchte ein mir bekanntes Gesicht zu entdecken, doch vergebens.

Seit dem Vorfall vor 2 Wochen hatte ich ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen.Und es tat weh.Seine dreiste und kalte Art hatte mich tiefgründig verletzt, doch sehnte ich mich so sehr nach ihm.Seine meeresblauen Augen, welche mich so faszinierten.Sein göttliches Lächeln bei dem sich meine Beine in Wackelpudding verwandelten.
Seine neckenden Anspielungen mir gegenüber.
Ich wollte den alten Tyler wieder zurück.
Doch fragte ich mich was in ihn gefahren war. Eigentlich sollte ich ihn hassen, doch ein klitzekleiner Teil in mir konnte es einfach nicht.
Es gab bestimmt eine logische Erklärung für sein Verhalten.
Wenn er sich 2 Wochen lang von uns allen distanzierte, sich nicht blicken ließ, dann muss es wohl was sehr schlimmes sein.

Als Dylan uns erzählte hatte, das er im Krankenhaus lag, wollte ich gleich los zu ihm, doch beließ es dabei, aus Angst, er würde mich nicht sehen wollen, mich anschreien und mich wegschicken.
Auch wenn er gemeint hatte das es nichts schlimmes sei, machte ich mir Sorgen um ihn.
Es hätte ja schlimmer kommen können, ich mein, wenn er schon deswegen im Krankenhaus landete.

Jedenfalls hatte ich mir ein Ziel vor Augen gesetzt:
Auf der Klassenfahrt mit ihm reden.Es wenigstens versuchen.

Ich brannte so sehr nach einer Antwort, wenn ich sie schon nicht aus Dylan heraus bekam, dann offensichtlich nur von ihm.
Und wenn ich sie hier nicht kriege dann gebe ich endgültig auf.
Dann hatte ich ihm seine nötige Zeit gegeben, doch wenn er sie verspielte, dann musste er halt dafür gerade stehen. Wenn er wirklich der Meinung sei, das der Kuss ein einziger Fehler gewesen war, dann war er das eben. Hinterherrennen werde ich ihm dann nicht mehr. Doch dann braucht er nicht mehr zurückzukommen.

Schon fingen die hitzigen Gespräche der anderen an, sie lachten, jaulten und freuten sich genauso wie wir endlich von hier losfahren zu können.

Lilly und Laura wollten eigentlich mit uns warten aber beide mussten in die Schule, deshalb wurde daraus, außer einer flüchtigen Verabschiedung, nichts.

Ein schrilles quitschen ließ sowohl mich als auch Luz zusammenzucken und ehe wir uns versahen war Luz schon losgerannt. Und wir wussten auch zu wem. Die Personen, die sich ihr in den Weg stellten, schubste sie beachtlos zur Seite und war dann auch schon in der Menge verschwunden.

Luz und ich warfen uns vielsagende Blicke zu als sie wieder zurückkam. Sie hatte sich, wie's auch die Affen taten, an Kyles Rücken festgeklammert.
Als sie bei uns angelangt waren, setzte er sie behutsam ab und gab ihr einen Kuss auf die Wange und sie lächelte ihn verliebt von unten an.
Jap,die beiden waren ein Paar. Aber das war vorherzusehen.
Stundenlang hat sie uns die Ohren vollgelabert, wie toll er doch ist und süß. Da war es glasklar. Und auch bei Kyle, die Sache mit der plötzlichen Näherung, wobei ich dachte, sie galt mir. Naja, wie dem auch sei, sind sie glücklich verliebt, seit einer Woche.
Und natürlich freuten wir uns für sie.

Hinter Kyle tauchten plötzlich Dylan und Tyler auf. Dylan nickte uns kurz zu, da es zwischen Luz und ihm immer noch angespannt war, was ihre Beziehung zueinander betrifft, doch ganz wahr nahm ich es nicht. Zu sehr war mein Blick auf den Jungen fixiert, welcher mir nicht aus dem Kopf ging und ich so sehr vermisst hatte.
Sein Blick war starr auf dem Boden gerrichtet, nicht einen Blick würdigte er uns und ich hatte so meine Vermutung, das er von Dylan regelrecht gezwungen wurde mit zu uns zu kommen.

Völlig neben der Spur wegen meiner Müdigkeit und dem aufkommenden Schmerz wegen seiner Abwesenheit,legte ich meinen Kopf auf Luz' Schulter ab und schloss kurz die Augen.
Ich hörte die einzelnen Gruppen laut über irgendetwas diskutieren, das Gebrüll der Lehrer von wegen 'Seit gefälligst leise, hat noch irgendjemand einen Koffer abzugeben?' und Lu's ununterbrochenes Kichern.
Nicht mal 5 Minuten, nachdem ich meine Augen geschlossen hatte, später, wurden wir alle zum Bus gerufen. Und da wir insgesamt zwei große Gruppen waren, gab es dementsprechend auch zwei Busse.
Jeder hatte eine kleine Tasche mit seinem Handgepäck dabei, wir auch.
Ohne mein Handy und meine Kopfhörer wäre ich aufgeschmissen gewesen und ohne meine Nervennahrung ebenfalls.
Als uns dann gesagt wurde, das wir einsteigen durften, stürmte alle wie aufs Stichwort rein, außer wir.
Brav wartend standen wir vorne dran, Plätze gab es genug und da wir nicht so die Leute waren, die gerne hinten sitzen wollten, war uns alles Recht, somit hieß es dann auch das alle Plätze vorne so gut wie frei waren.

Als sich der Tumult etwas gelegt hatte, stiegen dann auch wir ein. Lu und Kyle liefen händchenhaltend vor uns und saßen nebeinander.
Bedeutet das Luz und ich die Plätze hinter ihnen besetzen wollten, ja, wollten. Grad als ich neben ihr Platz nehmen wollte drängelte sich ein gewisser Jemand an mir vorbei und setzte sich prompt auf den, eigentlich für mich reservierten, Platz. Mit zusammengekniffenen Augen sah ich auf Dylan herab der mich entschuldigend aber auch bittend ansah, wobei er von Luz nur einen empörten Blick kassierte.

Augen verdrehend nahm ich dann hinter ihnen Platz, egal, mehr Freiraum für mich. Außerdem kann ich mich breit machen soviel ich will und vielleicht ein bisschen schlafen.
Meine Tasche verstaute ich unter meinem Sitz am Fenster und lehnte meinen Kopf dagegen.
Man, war ich wirklich so müde?
Plötzlich war die Müdigkeit wie weggeblasen, als Tyler den Bus betrat.
Ist er vorhin nicht mit uns eingestiegen?
Er schritt selbstbewusst den schmalen Gang entlang und suchte einen freien Platz.
Schnell richtete ich meinen Blick neben mich, wird er vielleicht..?
Nein, warum sollte er?
Außerdem waren hier noch viele Plätze frei, warum dann ausgerechnet neben mich?
Ich schüttelte die Gedanken ab und sah wieder zu ihm.

Auch er sah in meine Richtung und für einen Moment vergaß ich wie man atmete. So sehr hatte ich mich nach diesem blau gesehnt. Er war so nah aber doch irgendwie so fern. Sein Blick haftete eine Weile auf mir als er an seiner Schulter angetippt und aufgefordert wurde weiter zu laufen.
Und wie es das Schicksal so wollte nahm er ohne zu zögern neben mir Platz und verstaute ebenfalls seinen Rucksack unterm Sitz.
So sehr hatte ich mir gewünscht ihn bei mir zu haben und jetzt war er nicht mal einen halben Meter von mir entfernt.
Wie gern ich ihn jetzt einfach umarmen wollte, nur um seine Wärme zu spüren, diese Geborgenheit.

Irgendwie befand ich mich in einer Art Trance, wo ich mir alle möglichen Szenarien vorstellte wie diese Busfahrt verlaufen würde. Als der Bus sich dann in Bewegung setzte wurde ich aus ihnen herausgerissen und starrte einfach auf meine Hände.
Ein kurzer Blick zur Seite verriet mir das Tyler seine Augen bereits geschlossen hatte und durch seine Kopfhörer laut Musik hindurch drang, weshalb ich laut seufzte, ebenfalls nach meinem Handy griff und irgendeine Playlist abspielte,welche kurz darauf die stille Leere meiner Gehörgänge füllten.

Während mein Kopf wieder an der kalte Fensterscheibe klebte, stöhnte ich innerlich genervt auf. Erst die ca. 15 stündige Busfahrt, welche mir so zu schaffen machte die aber nichts im Gegensatz zu meinem Sitznachbar war.
Jetzt hatte ich ihn schon bei mir, fehlte nur noch das Reden.Auch wenn er wahrscheinlich während der gesamten Fahrt kein Wörtchen mit mir reden wird, legte ich die Hoffnungen trotzdem nicht beiseite.

Still schweigend lauschte ich den Klängen der Musik und bemerkte von Mal zu Mal wie meine Augenlider immer schwerer wurden.

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