Kapitel 37

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Lissa

Als der Bus nach gefühlten 100 Jahren endlich vor dem großen Gebäude, auch bekannt als Hotel, stehen blieb, atmete ich erleichtert aus.
Die Fahrt hatte sogar länger gedauert wie gedacht.Zweimal in einem kilometerlangen Stau gesteckt, die unzähligen Pausen, wobei wir bei einer erst eine Stunde später weitergefahren sind da sich irgendwelche Vollspasten vom Platz geschlichen haben. Natürlich mussten wir sie suchen gehen und haben sie letztendlich auf'm Jungsklo gefunden mit jeweils einer Kippe in der Hand.
Während die sich irgendwelche Hirnzellen weggekifft haben, mussten wir eine Stunde nach denen suchen. Vorallem frag ich mich jetzt, warum wir nicht gleich von Anfang an bei den Toiletten nachgeschaut haben.
Aufjedenfall hatte dann mein Handy kurzfristig beschlossen sich von mir zu verabschieden und da ich meine geliebte Powerbank dummerweise in meinen Koffer gepackt habe, konnte ich dem Gebrüll der Anderen zuhören.
Essen konnte ich auch Nichts mehr, da mein Proviant nicht mal die Ersten drei Stunden überlebt hatte, außerdem hatte ich meine letzte Chipstüte an Dylan verloren, als ich geschlafen habe.
Das waren meine Lieblingschips.

Ein Gespräch mit Tyler anzufangen hat auch nicht geklappt. Entweder schlief er, oder er tat nur so, oder blockte ab. Ich hatte es erst mit Smalltalk probiert, zum Beispiel, wie es ihm geht. Als Antwort bekam ich 'Den Umständen entsprechend gut'.
Dabei hatte er mir so intensiv in die Augen geschaut, sodass ich nicht weiter auf ihn eingehen wollte.Wenn er reden will, dann soll er kommen. Langsam reicht es mir. Er benimmt sich wie der letzte Idiot und wenn hier jemand sauer sein sollte, dann ja wohl ich. Ich weiss echt nicht welche Probleme er hat. Ich bin definitiv nicht wütend oder sonst was. Nur verwirrt, enttäuscht und verzweifelt. Ja, genau das.
Und trotzdem will er nicht mit mir reden?
Eigentlich sollte er doch froh sein, dass ich überhaupt ein Gespräch mit ihm anfangen wollte. Tja, sein Problem.

Da ich nicht mit ihm reden konnte, hatte ich keine andere Möglichkeit als einfach die ganze Fahrt über zu schlafen. Und nein, ich bin nicht auf seiner Schulter wieder wach geworden, so klischeehaft es auch sein mag. Mein Gesicht hatte anscheinend die ganze Zeit am Fenster festgeklebt, denn als ich ruckartig wach wurde konnte man die leicht beschlagene Scheibe deutlich erkennen.

"Liss? Kommst du?", riss mich die Stimme meiner besten Freundin aus meinen Gedanken.

Mein Blick schweifte im Bus umher. Weder Tyler saß noch neben mir, noch kein Anderer war zu sehen. Ups.

Ich schulterte meine Tasche, stieg mit Luz aus dem Bus und zusammen betraten wir das riesen Gebäude von dem ich ehrlich gesagt ziemlich überrascht war. Ich hätte eher mit so einem heruntergekommenen Hotel gerechnet, so eins an welches wir vorher vorbei gefahren sind.
Und glaubt mir, wenn ich Nachts in dieser Gegend rumlaufen würde, hundemüde, würde ich da trotzdem nicht reingehen wollen.
Sagen wir es so, es ging schon zu der Richtung Horrorfilm.
Fenster zerstört, einzelne Ecken abgebrochen, der Parkplatz leer. Ganz zu schweigen von dem creepy Türsteher. In der einen Hand hielt er einen Becher, der Inhalt ist mir nicht bekannt, in seinem rechten Mundwinkel eine Zigarette und seine Augen dunkel. Sein Gesicht blass, wie bei einem Vampir.
Irgendwie erinnerte er mich an Edward von Twilight.
Und ich weiss zwar nicht wie die dort ihre Arbeitskleidung wählen, aber ob eine schwarze, durchlöcherte Hose mit einem ebenfalls schwarzem T-Shirt plus Lederjacke so ganz den Kleidungsstil eines Türstehers beschreibt, ist mir unbekannt. Wer weiss, vielleicht war er gar kein Türsteher, vielleicht arbeitet dort keiner, vielleicht sollte ich mal aufhören mir über so etwas den Kopf zu zerbrechen, da ich wichtigere Dinge erledigen muss. Und das wäre nämlich, das Hotel, in dem wir eine Woche bleiben werden, genauer unter die Lupe zu nehmen.

In Gruppen verteilt standen wir in der Lobby. Wenn man durch die große Drehtür kam, befanden sich auf der linken Seite kleine gemütlich aussehende Sofas. Den Drang unterdrückend, mich auf eines davon zu schmeißen und zu schlafen, schweifte mein Blick auf die andere Seite. Eigentlich genau dasselbe, nur das die dunkelbraunen Ledersessel Spiegelverkehrt aufgestellt wurden. Eigentlich wurde alles hier in eher dunkleren Farben gehalten. Von bordeauxrot bis hin zu den verschiedensten brauntönen. An der Decke ragten große, helle Kronleuchter herunter, welche den Eingangsbereich in ihrer wahren Pracht zeigten. Auf der einen Seite befanden sich die Aufzüge und daneben die Treppen. Während auf der anderen Seite, Schilder zu den Toiletten und zum Speisesaal hinweisten. Abgesehen davon hatte man von hier einen tollen Einblick auf den Springbrunnen draußen, um ihn herum ein Weg aus kleinen,glitzernden Kieselsteinen die den Weg schmückten. Anfangs hatte ich gedacht, wir hätten uns schlichtweg verfahren und würden prompt wieder zurück zu diesem Horrorhaus fahren, doch tatsächlich standen wir hier und warteten bis wir endlich unsere Zimmerkarten bekamen.
Es war alles echt und glasklar vor meinen Augen, genauso wie der Boden, der nur so durch gründliche Sauberkeit glänzte, sodass ich mich auch hätte darin spiegeln können.

Anscheinend war ich schon wieder in Gedanken versunken, denn als ich aufsah waren wir, abgesehen von den Lehrern, noch die Einzigen, die hier Wurzeln schlagen. Naja, eher ich.
Gott, ich brauche meinen Schlaf dringend.
Und ein weiches, bequemes Bett.

"Von mir aus können wir die ganze Nacht hier stehen bleiben um das Hotel genauer unter die Lupe zu nehmen aber ich bin müde und will jetzt endlich ins Bett!", quengelte Lu aber verzog ihr Gesicht trotzdem zu einer Grimasse.

Leicht lachend nahm ich meinen Koffer und lief hinter den beiden hinterher zu den großen Aufzügen.
Als das Geräusch erklang und wir somit im dritten Stock angekommen sind, suchten wir unser Zimmer.
Zimmer Nr.215.

Wenn der Eingangsbereich schon richtig glamourös aussah und schick, wie sehen dann die Zimmer aus?
Aufgeregt scannte Luz die Zimmerkarten an einem Sensor, welcher an der Tür befestigt war und mit einem Klick wurde sie geöffnet.
Ich quetschte mich an den beiden vorbei, da sie nicht weiterlaufen wollten und kam erstmal in einen langen Flur.
Die eine Seite war einfach mal von der einen bis zur anderen Ecke ein großer Spiegel.
Weiter vorne fing dann die richtige Besichtigung an.
Meinen Koffer beförderte ich gleich in irgendeine Ecke des Zimmers, die Anderen taten es mir gleich.
Auf dem ersten Blick sah es schon mal sehr gemütlich aus. Ein großes Doppelbett stand auf der rechten Seite des Zimmers, daneben ein weiteres Einzelbett. Da wir aber eh in einem schlafen würden, wird das einfach eine Ablage für unsere Koffer.
Neben dem riesen Bett war ein kleiner Gang, welcher zu einem anderen Raum führte.

Dicht gefolgt von den anderen Beiden näherte ich mich dem weiteren Teil des Zimmers. Eine große Eckcouch, davor ein ebenfalls großer, runder Tisch auf dem sich etwas essbares befand. Gleich Pluspunkte gesammelt. Davor stand ein kleiner Fernseher auf einer Art Kommode, daneben ein kleiner Kamin, welcher diesen Raum noch gemütlicher machte.
Wieder zurück im Schlafbereich steuerten wir auf die Tür zu, die sich gegenüber der Betten befand.
Ein geräumiges Badezimmer sprang uns entgegen, mit Dusche und Badewanne, Waschbecken, Spiegel und einem Klo eben.

"Leute! Kommt schnell, das müsst ihr euch ansehen!", hörten wir Lu's Stimme von draußen rufen.

Wir rannten raus, nur um zu sehen, wie sie begeistert auf unserem Balkon, den sie entdeckt hatte, auf und ab hüpfte.
Wir traten raus an die frische Luft und der Anblick der sich hier ereignete war atemberaubend schön.
Der Tag neigte sich dem Ende zu, die Sonne ging langsam unter und tauchte den Himmel in ein schönes orange.
Davor die einzelnen Gebäude, der Big Ben, das London Eye.
Einfach alles versuchte ich in mein Gehirn einzuprägen.

Ein Klopfen von Innen riss uns von diesem schönen Ausblick und widerwillig schlenderten wir wieder rein, während Lu zur Tür ging warfen Luz und ich uns aufs himmlisch aussehende Bett. Es sieht nicht nur gemütlich aus, das ist es auch. Sogar sehr.

"Hello Ladies!", paar Sekunden später stand Kyle vor uns, hinter ihm Lu.

Da ich mein Gesicht in eins der Kissen vergraben hatte hob ich zur Begrüßung nur meinen Arm und murmelte etwas unverständliches vor mich hin.

"Woher wusstest du in welchem Zimmer wir sind?", vernahm ich die Stimme von Luz neben mir.

"Euer Balkon grenzt an unserem, außerdem hab ich euch eben draußen beobachtet."

"Spanner!", nuschelte ich, in der Hoffnung, er habe es nicht gehört.

"Ich höre alles, das weisst du auch", hörte ich ihn lachen.

Völlig übermüdet lag ich wenig später auf dem Rücken und stützte mich auf meinen Ellbogen ab um ihn besser ansehen zu können.
"Willst du hier weiter Däumchen drehen, oder wie sieht dein Plan aus? Was machst du hier überhaupt? "

"Eigentlich wollte ich nur eure Freundin entführen", dabei warf er Lu ein amüsiertes Grinsen zu.

"Tu dir keinen Zwang an, jetzt verzieht euch, ich bin müde. Oder soll ich euch eigenhändig raus werfen?", ich ließ mich wieder zurück fallen und starrte die Decke an.

Kyle lachte vor sich hin."Nett wie eh und je, die Kleine!"

"Ich bin immer nett und nenn mich nicht Kleine", schnaubte ich, daraufhin lachten die anderen auch und wenig später fiel die Tür ins Schloss.

Kurz darauf verschwand Luz im Bad und ließ mich somit für ein paar Minuten allein. Ruhe. Wenn auch nur kurz. Nur kurz die Augen schließen bis sie wieder raus kommt, damit ich mich endlich fertig mache kann um endlich meinen Schlaf zu bekommen.

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