Kapitel 45

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Lissa

"So sieht man sich also wieder"

Ich wusste sofort von wem diese Stimme war, welche hinter mir erklang.

Ich warf einen kurzen Blick über meine Schulter und sah wieder nach vorne.
"Ja, setz dich doch"

Er nahm vor mir Platz und schenkte mir ein amüsiertes Lächeln. Warum auch immer.

"Was ein Zufall das unser Aufeinandertreffen zweimal am selben Ort ist, nicht wahr?", er lachte leise, doch ich konnt' nicht anders als eine Augenbraue fragend nach oben zu ziehen.

"Ja, James, was ein Zufall aber auch", warf ich mit einem Hauch Ironie ein.

Er schaute verwirrt. "Denkst du, ich stalk' dich?"

"Wer weiss, ich kenn' dich ja nicht so gut. Du könntest auch ein kranker Psychopath sein", ich zuckte unschuldig mit den Schultern.

"Wir könnten uns ja besser kennenlernen, was hältst du davon?", er wackelte mit den Augenbrauen und das sah wirklich scheiße aus. Ganz ehrlich jetzt.

"Du bist verrückt, James"

"Ja, nach dir, Baby!", er presste seine Lippen zu einem Kussmund zusammen und ich sah ihn einfach mit geweiteten Augen an.

Sekunden vergingen ehe wir in schallendes Gelächter ausbrachen und uns die anderen Leute schräg musterten.
Kurz vergaß ich meine "Probleme" dabei, lachte ehrlich und scherte mich nicht einmal um die schrägen Blicke der Gäste um uns herum.
Ich kannte James nicht lange, naja, 2 Treffen, die nicht mal geplant waren, sind nicht wirklich viel aber trotzdem habe ich das Gefühl, ihm vertrauen zu können. Ich weiss, es klingt wahrscheinlich komisch aber ich kann es selber nicht beschreiben.

Nachdem wir uns etwas beruhigt hatten nahmen wir wieder unsere normale Position ein, doch das breite Grinsen im Gesicht blieb.

Er lehnte sich nach hinten und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
"Jetzt sag schon! Warum sitzt du hier so allein und warum gehst du allein in die Stadt?", fragte er mich.

Ich zuckte mit den Schultern. "Niemand wollte mit, morgen fahren wir auch schon wieder zurück und ich wollte nicht im Hotelzimmer verotten" Beim letzten Teil des Satzes verdrehte ich die Augen wodurch er einen empörten Blick aufsetzte.

Verwundert sah ich ihn an. Was war los? Hatte ich was falsches gesagt?

"Und da fragst du jeden aber vergisst mich?", er zeigte mit seinen Händen auf sich und sah mich weiterhin einfach empört an.

"Tut mir ja leid, wie soll ich dich denn erreichen wenn ich deine Nummer nicht habe?!"

Also echt! Wie dumm ist dieser Typ?

Er ist absolut heiß.

'Hat dich jemand gerufen? Nein.'

Komm schon, gib's zu!

'Warum sollte ich?!'

Weil es stimmt?! Jetzt sag es!

'Ist ja gut, Nerv mich nicht, ja, ja er ist heiß! Zufrieden?'

"So ist das also, das du so von dem anderen Typ denkst, ist wahrscheinlich klar aber jetzt gehöre auch ich dazu, hm? Das hätte ich echt nicht von dir erwartet"

Ich schreckte auf und sah ihn an. Fuck.
Habe ich...?

"Ja, hast du", er lachte.

Oh nooo.

Ich lief wahrscheinlich rot an. Rot wie ein Tomate was ihn umso mehr zum lachen brachte.
Warum war ich immer so peinlich?
Verdammt.

"Vergiss das einfach wieder!", sagte ich leise.

Jetzt wäre mir ein großes schwarzes Loch im Boden recht.
Boden, tu dich auf. Danke.

"Ach, ist doch nicht so schlimm. Denn weißt du was? Ich finde dich auch sehr heiß"

Dieser durchdringende Blick von ihm ließ mich noch mehr erröten.
Gott, er soll damit aufhören. Er sieht doch was es mit mir anstellt.

"Ich würde jetzt gerne noch eins drauflegen aber habe zu große Angst, dass dein Gesicht sich noch dunkler färbt als möglich und du dann vor meinen Augen platzt"

Er meinte das mit einer so ernsten Stimme das man es gleichzeitig einfach nicht glauben konnte. Denn innerlich machte er sich nur noch mehr über mich lustig doch versteckt es vor mir. Ach, wie lieb von ihm.

Paar Minuten saßen wir stillschweigend da. Mitarbeiter huschten an uns vorbei, von Tisch zu Tisch. Der Laden war mal wieder extrem voll.
Das Klingeln der Glocke über der Tür ertönte bei jeder Person, die das Café entweder betrat oder verließ.

"Alles ok, kleine Tomate?", fragte er mich nach ner Zeit und konnte sich das Grinsen nicht verkneifen.

Ob er mit dem 'klein' auf meine Größe abspielte wollte ich ehrlich gesagt nicht wirklich wissen. Ja, ich bin nicht grad die größte aber so klein bin ich jetzt auch wieder nicht das man sich darüber lustig machen kann, auch wenn es zum Teil nur Spaß ist.
1,68 fand ich für mich perfekt, klar, ich komme nicht an alles dran aber mir war das manchmal auch einfach egal..naja, mehr oder weniger.

Mir wurde eine weiße Serviette zugeschoben und ich blickte auf.
Braun traf auf blaugrün. Löste es etwas in mir aus?
Nein, nicht mal ein bisschen. Logisch aber auch, nicht wahr?

"Falls du mal wieder hier in der Gegend bist und keine Freunde hast", er zwinkerte mir lachend zu und ich nahm das kleine Tuch aus Stoff mit seiner Handnummer drauf.

Lange haben wir noch dagesessen und geredet. Über verschiedene Sachen, über unsere Familie, Freunde, Gott und die Welt.
Als ich raus sah war es bereits dunkel und wir verließen das Café zu zweit.
Er beschloss, mich noch bis zum Hotel zu begleiten, weil es wirklich schon recht spät war und er mich nicht alleine gehen lassen wollte, egal, wie oft ich versuchte ihm einzureden, dass es ok sei.

Der Weg war nicht besonders lang und kurz darauf standen wir von dem Eingang des Hotels.

Mit einer urplötzlichen Umarmung verabschiedete er sich von mir und wünschte mir noch eine gute Heimfahrt.
Ich glaube, ich habe einen guten Freund dazu gewonnen.

Mit einem Lächeln ging ich rein, zu den Aufzügen.
Als ich endlich oben ankam wollte ich gerade auf unser Zimmer zu steuern als ich etwas am Ende des Ganges bemerkte.

Die riesige Glastür, die ich letztens gesehen hatte, stand offen und so neugierig wie ich nunmal bin führten mich meine Füße zu dem riesigen Balkon.

Leise, um ja kein Geräusch zu erzeugen, da ich nicht alleine war, machte ich die Tür noch mehr auf.
Ich hielt inne und kämpfte gegen mich selbst an.
Sollte ich gehen oder vielleicht doch bleiben?
Braucht er vielleicht jemanden zum reden?
Oder möchte er alleine sein?

Ich überlegte lange und seufzte letztendlich kurz auf.
Leise trat ich in die kalte Dunkelheit, welche von den Lichtern Londons beleuchtet wurden und schloss ebenso leise die Tür.
Mit zögerlichen Schritten ging ich auf ihn zu und legte eine Hand auf seine Schulter.

Er zuckte kurz zusammen,  sah mich an und entspannte sich wieder.
Sein Blick nach vorne gerichtet.
Es war lange still und ich hatte endlich ein gutes Gefühl dabei.
Vielleicht rückte er endlich mit der Wahrheit raus,

"Erzählst du mir endlich was los ist?", meine Stimme war nichts weitere als ein flüstern in der Nacht.

Er ring mit sich selbst, dass sah man ihm an. Er lockerte seine gestraften Schultern etwas und sah mich an.

"Ja"

Real Shit?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt