11. Kapitel

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Unregelmäßig ging mein Atem, während ich inmitten der großen Halle stand. Ein weiteres Stück entfernt befand sich die Türe. Eine Tür, die unscheinbarer nicht hätte sein können und doch war sie von großer Bedeutung. Mit ihrem dunkelbraunen Holz zog sie mich hypnotisierend an. Sie grenzte das Anwesen von der Stadt ab und bot mir Schutz.

Und genau diesen Schutz will ich für einen Moment aufgeben? Bin ich denn verrückt geworden?

Ich wusste, dass meine Idee mehr als nur tödlich war. Sie war komplett daneben und niemand würde sie verstehen, aber da war dieser Drang. Etwas zog mich zu sich und meine Neugierde war geweckt.

Wie wird es wohl draußen sein? Wie ist dort die Luft?

Alles wollte ich wissen. Die Gegend, ich wollte die Kinder sehen, ich wollte Sanguinem durchqueren und doch wusste ich gleichzeitig, dass es lebensmüde war. Was würde passieren, wenn ich entdeckt werden würde? Konnte ich mich wirklich so einfach überall verstecken? Und was war mit den anderen Vampiren, die Crowleys selbige Position besaßen?

Langsam senkte ich den Kopf und sah an mir runter. Im Gegensatz zu den Mädchen in Sanguinem, trug ich kein Kleid. Es waren eher die Sachen der Jungen, die jedoch sehr bequem waren. Wieso mir der große Vampir gerade diese gegeben hatte, konnte ich nicht sagen, aber ich war ihm doch ein wenig dankbar dafür. Zumal konnte ich durch meine Figur eh das andere Geschlecht vortäuschen. Für welchen Zweck, dies wusste ich nicht, jedoch würde niemand direkt mein Geschlecht sehen können.

„Ich tu es jetzt. Was habe ich schon zu verlieren, außer mein Leben", mit entschlossenem Willen hob ich den Kopf und ging zur Türe. Ich wollte wirklich nicht lange wegbleiben, eben nur ein bisschen durch diese Stadt laufen und schauen wie es dort draußen war. Es sollte wirklich nicht lange dauern. Zudem wollte ich es bei dieser einmaligen Aktion belassen.

Somit legte ich meine rechte Hand auf dem goldenen Türgriff und drückte ihn leicht runter, während ich heftig schlucken musste. Auch wenn mir bewusst war, dass Crowley nirgendwo zu sehen war, so rechnete ich stets mit ihm. Woher ich diese Annahme hernahm, konnte ich auch nicht sagen. Etwas in mir drinnen aber wusste, dass er wahrlich unterwegs war.

Weder ein Quietschen des Griffs, noch ein anderes Geräusch war zu vernehmen. Lautlos glitt diese scheinbar normale Türe auf und gewährte mir den ersten bleibenden Eindruck der Stadt.

Grünlich schimmerte es von den Steinen her, obwohl die vielen Laternen ein weißes Licht abgaben.

Es ist kalt.

Sofort umschlang ich meinen Körper, denn dieses Licht ließ bei mir Gänsehaut entstehen. Es war kein angenehmer Lichtspender, obwohl er seinen Zweck diente. Nur, fühlte ich mich nicht sonderlich wohl. Selbst das Licht im Anwesen gefiel mir mehr.

Und doch will ich mich davon nicht aufhalten lassen.

Zurückgehen kam für mich nicht infrage. Noch nicht. So stieg ich die steinernen Stufen hinab. Wie ein Countdown zählte ich langsam hinunter, ehe ich auf dem Weg stand, der mich überallhin führen konnte. Doch sogleich fiel mir die Türe wieder ein, die noch immer offen stand. Da hier kein Wind zu spüren war, fiel sie auch nicht zu.

Das konnte ich definitiv nicht so lassen. Aber da es hier genügend Steine gab, auch Kleinere, konnte ich mir mühelos einen aussuchen, den ich im Türspalt legte, sodass die Türe auf den ersten Blick verschlossen erschien. Und doch würde ein Spalt zurückbleiben, der mich wieder hineinlassen konnte.

Zufrieden darüber lenkte ich meine gesamte Aufmerksamkeit auf diese verrückte Stadt, die hässlich erschien. Hässlich und Kalt. Aber doch war es aufregend sie zu besuchen und es gab unendlich viele Wege. Wie ein Teppich schlängelte sie sich unter der Erde entlang.

BlutrotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt