Ruckartig sackten meine Beine zusammen. Kontrollieren konnte ich es nicht und doch wusste ich, dass ich zu reagieren hatte. Mir blieben wenige Sekunden, die über meine Zukunft entscheiden konnten. So ließ ich meinen Körper automatisch agieren und wählte die Methode des Ausweichens. Am Boden angekommen, dessen Kühle ich nur nebenher wahrnehmen konnte, spürte ich einen starken Windzug kurz über meinen Haaren und dann ein gefährliches Knacken. Als würde Holz zerbersten.
Egal wie er es gemacht hatte und wie stark seine Krallen waren, denn ich sah sie nicht mehr als Fingernägel an, sie hatten etwas Großes zerstört. Ein Regal wurde getroffen, dessen Holz nachgab und tiefe Kratzer zu sehen waren. Viele Bücher fielen zu Boden, während mein Angreifer sichtlich desinteressiert darüber war, doch mir blieb die Angst im Halse stecken.
Weit waren meine Augen geöffnet, als ich meinen Kopf wandte und das Chaos entdeckte. Natürlich war mir ihre Stärke bewusst und dies sah ich nicht das erste Mal. Aber es so nah zu erblicken war dann doch etwas anderes.
Er kann mich mit einem einzigen Schlag töten. Ich muss hier weg, irgendwie.
Kurz erreichte mich dieser Gedanke, der in mir Panik auslöste. Meine Furcht setzte sich in alle Glieder und doch wurde es noch verstärkt. Erst seine Stimme, die nur ein: „Ah... verfehlt", wiedergab, ließ in mir komplett die Panik ausbrechen.
Solange er – so dachte ich es mir – mit dem Zerstörten beschäftigt war, hatte ich zu fliehen. Doch anstatt erneut aufzustehen und vor ihm weg, in Richtung rettenden Ausgang zu laufen, entschied ich mich für etwas anderes. Etwas, was in meinen Augen weniger Zeit in Anspruch nahm.
Wie durch ein Nebel nahm ich meine Umwelt war, während ich zwischen seinen Beinen durchkrabbelte. Diese Idee war völlig unverständlich und ich konnte ja selber nicht einmal erklären, wieso ich es tat.
Es war noch gefährlicher, ihm so nahe zu kommen und doch hatte ich Glück. Ich passte hindurch und schlängelte mich gekonnt an seinem gespaltenen Umhang vorbei. Dabei war mir sichtlich egal, dass ich nicht sonderlich leise vorging. Meine Schuhe und Hände konnte man deutlich auf dem Marmorboden hören. Natürlich bemerkte er es schnell, doch da ward ich bereits unter ihm vorbei und direkt unter einem der riesigen Tische gekrabbelt.
„Oh?", war zunächst sein Kommentar, ehe er belustigt auflachte. Ich wusste nicht, ob es ernst gemeint war, aber ehrlich gesagt war es mir auch egal. In diesem Moment hatte ich weitaus andere Sorgen, als sich mit seiner Ehrlichkeit auseinanderzusetzen und sein Verhalten zu studieren.
Unter der großen Tischplatte fühlte ich mich ungewöhnlich sicher. Immerhin konnte ich dort seinen Kopf und damit sein Gesicht nicht sehen. Jedoch wusste ich gleichzeitig, dass er ohne große Mühe diesen Tisch hier umwerfen konnte und doch tat er es nicht. Vielleicht, weil er auch kein Aufsehen erregen wollte, denn immerhin war es in der Umgebung leise.
Jedes noch so kleinste Geräusch konnte man bestimmt vernehmen und da die Vampire noch viel schärfere Sinne besaßen, blieb es garantiert nicht unentdeckt.
Trotzdem nur für eine Sekunde habe ich Ruhe.
So atmete ich tief aus und wieder ein, während ich seine Beine nicht aus den Augen verlor. Diese waren mittlerweile in meine Richtung gewandt worden, aber er schien noch nichts zu machen. Schnell blickte ich mich um. Ich konnte natürlich überall wieder rauskommen und doch war mir klar, dass er mich auf jeden Fall überall erwischen würde.
Jetzt sitze ich noch mehr in der Falle. Toll gemacht, wirklich.
Im Nachhinein betrachtet war diese Idee doch sehr dumm gewesen. Was hatte mich nur dazu getrieben? Vielleicht die Tatsache, dass ich auf jeden Fall ein wenig länger leben wollte. Denn wäre ich vor ihm geflüchtet, hätte er mich garantiert erwischt. Jetzt besaß ich noch ein wenig Zeit, bevor er mir auch hier das Leben nehmen konnte. Er musste sich nur ebenfalls auf den Boden begeben und mit seiner Schnelligkeit mich ergreifen.
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Blutrot
FanfictionEine Welt die nur von Chaos geprägt ist. Man lebt und überlebt. Wenn man es nicht macht, dann stirbt man. So hat man sich anzupassen, doch manchmal, da fordert einen das Schicksal hinaus. Manchmal, da ist man gezwungen von seinem gewohnten Pfad sich...