25. Kapitel

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Schwärze. Nichts als reine, dunkle Schwärze. Keines, welches ich aus dem Schlaf kannte und doch spürte ich die Müdigkeit in meinen Gliedern. Als würde ich schweben oder gar fliegen und doch bewegte ich mich nicht. Das Grau löste das Schwarz ab und ich erkannte Umrisse. Aber von nichts Bekannten, sondern das Fremde. Zwei Gestalten, die  in einem großen Abstand zu mir standen. Ihre Rücken mir zugewandt, wusste ich nicht wer sie waren und doch sagte es mir mein Instinkt.

Meine sogenannten Eltern.

Auch wenn ich nicht viel von ihnen wusste – da sie mir praktisch nur das Wichtigste beigebracht hatten – so waren sie diejenigen, die mich zur Welt brachten. Aber das war es dann auch.

Weitere Gedanken habe ich nicht.  

Ich wusste nichts über sie. Ihre Namen hatte ich vergessen, ihr Aussehen auch und ihre Stimmen. Nach so vielen Jahren ohne sie, konnte ich mich nicht mehr so recht an sie erinnern. Ob sie überhaupt noch lebten oder gar tot waren, wusste ich nicht. Wohin sie gegangen waren, konnte ich nicht sagen. Aber eines war mir bewusst.

Sie haben mich zurückgelassen, in dieser Welt. Diese miesen Verräter.  

Auch wenn ich nun auf eigenen Beinen stand, so hasste ich sie dafür. Wie viel Leid hatte ich gesehen und erlebt. Wie viel Angst hatte ich ertragen müssen, wie viele Momente des Todes war ich entkommen. Unendlich viele. Doch nun schien ich tot zu sein und war im Begriffe, das Jenseits oder was es war, zu betreten.

Aber bin ich wirklich tot?

Noch immer erschien es mir wie in einem Traum, den ich erlebte. Auch erkannte ich ganz eindeutig wie sich das Bild vor mir änderte. Wie ein Film, den mein Kopf mir zeigte. War so etwa der Tod? Nein!

Doch, was war es dann?

Die beiden Personen verschwanden und auch das Grau löste sich. Was blieb, war nur ein dunkles Rot.

Blutrot.

Über dem gesamten Boden verteilte es sich und es entsprang einer Quelle. Hinab floss es meine Beine, kommend aus meinem Hals. Unendlich viel Blut floss auf dem Boden und blieb dort haften. Solange, bis alles um mich herum in Rot getränkt war. Ich konnte nicht genau deuten, was man mir damit sagen wollte, doch mir war eines bewusst.

Das hier ist nicht der Tod.

Niemals konnte es so sein. Eher erschien es mir wie ein Albtraum, der nicht enden wollte. Ein Albtraum, wo ich darin gefangen war. Relativ ruhig sah ich mich um und entdeckte den Lebenssaft, der mir nun fehlte. Blutleer waren meine Arme, doch erst die sichtbaren Knochen erschreckten mich sosehr, dass ich von etwas weggezogen wurde. Auf Haut folgte Knochen und das war für mich der schlimmste Anblick. Nicht das Blut, welches mir letzten Endes nie gehört hatte.

Es hat mir mal gehört, doch nun ist es im Besitz von Crowley. Dieser Vampir...

Schlagartig schlug ich meine Augen auf und blickte an eine mir vertraute Decke. Mit und mit erwachten meine Sinne und langsam aber sicher wusste ich, was mit mir passiert war.

Ich lebe.

Zunächst spürte ich unendliche Erleichterung, dass ich doch noch nicht hatte sterben müssen. Gleichzeitig überkam mich eine Angst, denn ich wusste nicht, wie viel er sich letzten Endes doch genommen hatte. Automatisch, so wie es eigentlich immer war, wollte ich nach meiner Wunde greifen. Das Bild seines Kopf, an meinem Hals, hatte sich tief in mein Gedächtnis gebrannt. Um ehrlich zu sein, war es bisher das Schlimmste gewesen. Diese Machtlosigkeit, diese Schwäche und gleichzeitig seine Stärke, die er mit mir gemessen hatte. Klar und deutlich hatte er mir zeigen wollen, dass wir uns doch nicht ähnlich waren. Wie hatte ich das überhaupt nur einen Moment denken können? Gerade diese Frage machte mir Angst.

BlutrotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt