38. Kapitel

113 10 0
                                    

Angst. Mehr als das. Nicht die normale Angst, die ich verspürte. Nein, Alvar hatte Todesangst. Er fürchtete sich vor den Konsequenzen, weil er etwas getan hatte und wahrscheinlich war es etwas Fatales gewesen.

Nur was? Was hast du getan Alvar?

Kurz öffnete ich den Mund. Ich wollte ihn fragen und es von ihm hören, doch er ward es, der mich unterbrach. Kurz hob er die Hand, sah sich um und suchte in meinen Augen etwas.

„Bitte...", flehte er mich an.

„Was? Was ist? Alvar, ist es Fe..."

„Nein... ich hab was getan. Du musst fliehen, sonst..."

Sonst was?

Fragend sah ich ihn an. Ich wusste nicht was er meinte oder gar warum ich fliehen sollte. Immerhin floh ich doch schon vor den Menschen. Gab es da also noch etwas anderes? Etwas Gefährlicheres?

„Dann komm mit, wir beiden fliehen aus Sanguinem und...", schlug ich vor, worüber ich selber erstaunt war. Für den Anfang konnten wir zusammenarbeiten, es würde nicht schaden in Begleitung nach einem Ausgang zu suchen. Immerhin musste es ja nicht dauerhaft sein.

„Nein. Ich kann nicht...i-ich...wenn ich bei dir bin, dann wirst du sterben...", begann er und es verfestigte sich immer mehr in meinen Gedanken, das Alvar etwas getan hatte. Der Junge, der von Anfang nicht so wirklich hierher gepasst zu haben schien, den ich stets mit anderen Augen betrachtet hatte. Der Junge, der mich bei Ferid verraten und mich ihm ausgeliefert hatte. Irgendetwas verbarg er, worüber er nicht reden konnte.

Mein Umgebung um mich herum vergessend, wollte ich es wissen. Ich wollte wissen, was er getan hatte.

„Alvar...", begann ich so deswegen mit ruhiger Stimme zu sprechen. Im Hintergrund vernahm man die Schreie und den Lärm des Chaos, doch dies war in diesem Augenblick für mich völlig vergessen.

Er sollte es mir sagen und doch kam er nicht dazu zu reagieren. Nein, stattdessen war es eine weitere fremde Stimme die auftauchte und mit ihr der Mann, dem sie gehörte. Tief und bedrohlich klingend ließ sie mich erstarren und auch der Junge sah mit großen Augen in die Richtung, von der sie zuerst zu hören war.

„Hier steckst du also, mein lieber Alvar", kam es aus dem Mund des Schwarzhaarigen. Kalt und bedrohlich wirkte seine Stimme, aber auch sein Auftreten ließ mich erstarren. Groß und die typische Uniform die man im Militär der Menschen trug. Allerdings bediente er einen höheren Rang, sofern man es von seinen Abzeichen und Orden deuten konnte. Abwartend blieb er wenige Schritte von uns entfernt stehen und sah nur auf den Jungen hinab, der mit angsterfüllten Augen sich zu ihm umdrehte. Dabei sah er mich kurz und ich erkannte so viel in diesem Blick.

Er will nicht sterben.

Genau das waren seine Gedanken und trotz all dem konnte ich erneut nichts machen. Mich selber nicht bewegen könnend, konnte ich der Szene nur folgen. Gleichzeitig fühlte ich mich aber deswegen schlecht und hasste mich selber dafür, dass ich unfähig war. Aber eine Flucht würde nichts bringen und Alvar zurücklassen konnte und wollte ich auf einmal nicht mehr.

So blickte ich hoch und hinein in die rötlichen Augen des Mannes, der mich bisher noch immer nicht beachtet zu haben schien. Doch trotz all dem wusste er bestimmt, dass ich hier war. Ich war es eben nicht würdig, seine Aufmerksamkeit zu bekommen und gerade das regte mich innerlich auf.

[style]Wie er dort steht.[/style]

Als würde ihm die Stadt gehören., das Land und die Welt. Wie ein siegreicher König, der erfolgreich die Schlacht eines Krieges gewonnen hatte und nun die Lorbeeren sammelte. Überzeugt von sich selber atmete er langsam ein, ehe er noch einmal mit seiner rauen Stimme erwiderte: „Alvar..."

BlutrotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt