15. Kapitel

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Meine Wunde war doch weitaus schlimmer, als ich es in Erinnerung gehabt zu haben schien. Wie hatte ich nur jemals von einer kleinen Verletzung ausgehen können?

Weil es nicht wehtut. Es ist das gesamte Blut von der gesamten Zeit, was nun getrocknet auf meiner Haut zu finden ist.  

Vom Handgelenk aufwärts, bis zum Ellenbogen hin, erkannte ich es. Rot färbte es meine Haut, als gehörte es schon immer dorthin. Aber es klebte und das war unangenehm. Wie hypnotisiert starrte ich darauf und versuchte es abzuwischen. Natürlich wollte ich den Augenkontakt zu meinem Gegenüber nicht halten. Ausweichen und ignorieren hieß es und doch gefiel genau dies Crowley nicht.

„Du...", knurrend klang seine Stimme wie eine Sirene in meinen Ohren. Es war das Einzige was diese stille Bibliothek ansatzweise mit Tönen füllte, während ich deutlich zusammenzuckte. Zum Glück und darüber war ich wirklich froh, ließ er meinen Kragen los. Er kannte mich oder wusste es eben viel besser. Es gab für mich keine Möglichkeit zu fliehen und wieso sollte ich es auch tun? Er würde mich so oder so kriegen. Egal wie.  

Habe ich mich nicht schon an ihn gewöhnt? Wieso also habe ich jetzt Angst?

Kalt lief es mir den Rücken hinab, während ich meine Augen weit aufriss. Was sollte ich tun? Was war das Beste? Er verlangte eine Erklärung und genau damit hatte ich meine Probleme. Ich wusste nicht, ob ich ihm die Wahrheit sagen sollte. Täte ich es, würde ich sterben. Also wäre eine Lüge besser. Nur, was für eine Lüge? Wenn sie nicht glaubhaft genug wäre, dann würde er es ebenfalls merken und mich töten. So drehte ich mich im Kreis. Es war grauenhaft. Ich rechnete mit keiner Begnadigung von seiner Seite aus. Auch wenn wir einen Vertrag hatten, so konnte er mich doch noch schnell erledigen.

„I-Ich...", ich wusste wirklich nicht, was ich tun sollte. Es gab so viele Möglichkeiten, doch Jede erschien mir nicht richtig genug. Egal was ich sagen würde, es würde Konsequenzen nach sich ziehen. Was also tun?

Ich weiß es nicht. 

Wie in eine Ecke gedrängt, fühlte ich mich. Auch wenn ich wusste, dass dem nicht so war. Wir standen immer noch frei im Raum. Seitlich von mir befand sich der Tisch und das aufgeschlagene Buch, auf der anderen Seite erkannte ich die breiten Gänge mit den vielen Regalen. Bücher um Bücher und genau das bereitete mir Probleme. Der Raum wurde kleiner und die Wände kamen näher, so kam es mir zumindest vor.

Nur noch stoßweise ging mein Atem. Es war schwer sich zu beruhigen, wenn das Monster dir direkt gegenüber stand. Ein falsches Wort und ich wäre nicht mehr unter den Lebenden.

So vergingen endlose Minuten, die qualvoll erschienen, ehe ein leises Rascheln meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Einen Schritt von mir entfernend wandte sich der Große ab und blickte aus eine der großen Fenster hinaus.

„Es ist auch egal."

„Was?", wollte ich völlig verwirrt wissen und fragte deshalb nach, ohne groß nachzudenken. Mein Mund hatte schneller reagiert, wie es mein Kopf hatte verarbeiten können.  

Was meint er nur damit?

Ich verstand seine Worte zunächst nicht und auch nicht, wieso er sich von mir entfernte. Aber es half mir sehr, denn dadurch schenkte er mir Raum. Auch wenn er das nicht mit Absicht gemacht hatte, so fühlte ich mich ein wenig entspannter.

„Du hast schon richtig gehört. Es ist auch egal. Ich will es nicht wissen", gab er monoton wieder. Mit gerunzelter Stirn blickte ich zu ihm auf. Wenn er einem Gegenüber stand wirkte er wahrlich riesig, sodass man sich selbst wie ein kleines Insekt fühlte.

Ein Insekt, was jederzeit zertreten werden kann.

Bei dem Gedanken grauste es mir. Aber noch viel mehr machte sein Kommentar mir Angst. Denn ich verstand nicht genau, was er nun wollte.

BlutrotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt