17. Kapitel

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Wie erstarrt blickte ich hinab. Unfähig mich zu bewegen, traute ich mich nicht, meinen Blick abzuwenden. Dieser Vampir, namens Mika stand noch immer dort unten und sah hinauf. Genau in meine Richtung, genau zu diesem Anwesen. Inmitten der Straße stand er und doch schien es niemand anderes zu interessieren

Wieso nicht?

Jeder ging oder lief an ihm vorbei, aber keiner schien neugierig zu sein. Selbst für die Kinder schien er Luft zu sein.

Ist es aus Ehrfurcht oder wollen sie es wirklich nicht wissen?

Das war eine Frage, die mich durchaus interessierte, während ich heftig Schlucken tat. Was sollte ich nur tun? Einfach vom Fenster sich entfernen, würde auch nichts bringen. Er hatte mich schon gesehen. Einfach fliehen? Bestimmt konnte er locker die Türe des Anwesens eintreten, auch wenn er gegenüber Ferid und Crowley nicht wirklich stark zu sein schien. Ich wusste nicht genau wieso, aber es wirkte nicht so für mich, als würde er mit ihnen gleichziehen können.

Zumal sich auch seine Uniform deutlich unterscheidet.

Weniger geschmückt und doch war sie weiß, im Gegensatz zu den grauen Farben der anderen Vampire.

Stolpernd ging ich nach hinten und erkannte wie in Zeitlupe, dass er langsam den Kopf senkte. Schien er etwa nachzudenken? Was er nun machen würde?

Vielleicht versperre ich doch die Türe um ihn ein wenig aufzuhalten.  

Es würde ihn nicht aufhalten, aber ich konnte nur hoffen, dass Crowley bald wiederkam. Ja, ich hoffte auf seine Rückkehr. Dieses Mal betete ich dafür, denn ich wollte nicht länger hier alleine sein und ich wusste genau, dass er diesem Mika Einhalt bieten konnte. Hoffentlich war die Sache bei Ferid schnell erledigt, denn länger würde ich es nicht mehr aushalten.

Noch einmal sah ich nach oben und blickte erneut auf den Blonden hinab, dessen Aufmerksamkeit allerdings schon lange nicht mehr mir galt. Zwei weitere Blutsauger standen bei ihm. Einer, dessen Haare fliederfarben waren und irgendwie hochgesteckt zu sein schienen. Lässig mit einer Hand in der Hüfte, stand er so dort, dass er mich sofort hätte sehen müssen, sobald er den Kopf angehoben hätte. Doch, genauso wie der andere – dessen Haare schwarz waren und ebenfalls zusammengebunden zu sein schienen, nebenbei erkannte ich einen sogenannten Undercut, den ich schon öfters in Büchern gesehen hatte – beachtete man mich nicht. Im Gegensatz zu Mika besaßen sie rote Augen und die typischen spitzen Ohren. Bei diesen Beiden wurde mir noch mehr Angst und Bange. So war ich froh, dass der blonde Vampir mit ihnen redete, bevor sie sich umdrehten und über die große Brücke verschwanden. Mika folgte ihnen, nicht ohne aber noch einmal stehen zu bleiben. Ein weiteres Mal drehte er sich um, sah zu mir hoch. Zu mir, die noch immer wie erstarrt gewesen war.

Abfällig war sein Blick und doch war ich ihm auf einer gewissen Weise sehr dankbar.

Er hat mich nicht verraten. Noch nicht.

Denn genauso hätte er auch diesen beiden anderen außergewöhnlichen Blutsaugern etwas sagen können und doch hatte er es nicht getan. So folgten meine Blicke ihm, während sich nur langsam mein Herz beruhigte. Erst, als er nicht mehr zu sehen war, konnte ich tief und lange ausatmen. Allerdings hielt dieser entspannte Moment nur kurz an.

Ich wusste nicht genau wieso, aber nun fühlte ich mich noch verletzlicher.

Ohne Crowley ist das eine Tortur.

Ohne den großen Vampir musste ich doppelt so vorsichtig sein. Es war erschreckend dies zuzugeben, aber irgendwie erschien es für mich ungewohnt zu sein unter so vielen Vampiren alleine gut auszukommen. Wieso? Vorher hatte es mich auch nicht gestört. Lag es wirklich an der Tatsache, dass ich nun seit einigen Tagen unter den Blicken eines Blutsaugers hier in Sanguinem verweilte? Gewöhnte ich mich wirklich sosehr an ihn, dass ich auf seine Hilfe hoffte?

BlutrotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt