31. Kapitel

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Die Sonne schien und erhellte die Umgebung. In einem sanften Ton zeigte sie die zerstörten Ruinen der Stadt, welche sich nicht verstecken ließen. Noch immer war es so, wie ich es in Erinnerung gehabt hatte und doch wirkte es anders.

Befremdlich

Nach so langer Zeit war ich nun wieder an der Oberfläche. Zwar nur für eine begrenzte Zeit, doch dies war das Schönste was ich erleben durfte. Einen ganzen Tag durfte ich mich frei bewegen, doch sobald es erneut Dunkel wurde und die Nacht einbrach, musste ich zurückkehren. Aber dieses Mal kannte ich den Weg und natürlich hielt ich mich an die Abmachung. Denn die Drohung des großen Vampirs war eindeutig gewesen.

Er findet mich sonst und bringt mich um. Langsam und voller Qualen wie er es mir gesagt hatte.

Auch wenn es erschreckend klang, so war ich ihm noch immer sehr dankbar. Er hatte mir meinen Wunsch erfüllt, wobei ich es noch immer nicht ganz verstand. Wieso hatte er es getan? Wieso erfüllte er mir diese Sehnsucht, wo es in seinen Augen nur unbedeutend gewesen war? Was dachte er sich nur dabei? Doch egal wie ich es drehte und wendete und auch wenn ich keine Antwort fand, so stand ich hier. Weit weg von Sanguinem, welches ich erst am Abend wiedersehen würde. Eine kühle und doch leichte Brise spürte ich auf meiner Haut, während ich an den vielen Ruinen vorbeiging. Es war kein Winter mehr, dafür stand die Sonne hoch, aber noch lag der Frühling in weiter Ferne. Man sah vereinzelt an den Bäumen die ersten Knospen, welche eine neue Jahreszeit versprachen und doch entdeckte ich auch ein wenig Schnee. Weiß, teilweise aber auch braun, lag er verkümmert auf dem dreckigen Boden. Alles kannte ich aus meiner Vergangenheit. Vor Crowleys Zeit hatte ich es schon sooft gesehen, wie die Jahreszeiten sich geändert hatten und die Jahre verstrichen, aber nun fühlte es sich anders an. Noch intensiver nahm ich meine Umgebung war. Blieb sogar stehen und betrachtete die zerstörten Häuser, als hätte ich sie noch nie gesehen.

Nein das ist es nicht. 

Ich sah sie an, weil ich jeden Augenblick aufnehmen wollte. Jedes Bild wollte ich mir abspeichern und nie mehr vergessen. Denn ich wusste nicht, ob mir irgendwann noch einmal eine Gelegenheit geboten werden würde.

Deswegen muss ich so viel wie es nur geht, erleben und sehen.  

So war ich mit genau diesem Grund sehr früh aufgebrochen. Auch wenn die Sonne schien, so war es noch am Morgen. Ruhe fand man überall und nur einzelne Vögel schrien in der Ferne. Jedoch war ansonsten nichts los. Niemand anderes konnte ich sehen.

Zum Glück.  

Denn noch immer konnte ich auf die Armee und andere Menschen sehr verzichten. Ihre Nähe brauchte ich nicht und doch blickte ich mich um. Manchmal fuhr ich mir nervös über mein Pflaster, wenn ich ein befremdliches Geräusch vernahm.

Ich muss auf der Hut sein.  

Niemand durfte mich sehen, schon gar nicht jetzt. Das Pflaster war mehr wie auffällig und so ging ich in geduckter Haltung. Schutz suchend hechtete ich von Stelle zu Stelle. Auch wenn ich meine mir bekannte Kleidung trug, da ich die vorgegebenen Sachen abgelegt hatte, so durfte ich nicht auffallen.

Deswegen und nur aus diesem Grund war ich über die vielen Schatten der großen Ruinen, froh. Sie boten mir noch mehr Schutz, auch wenn ich eher die Sonne genießen wollte. Doch diesen Kompromiss musste ich machen.

Entweder sie sehen mich und nehmen mich gefangen oder aber ich kann den Tag in Ruhe genießen.  

Das Militär war überall. Auch wenn sie momentan nicht zu hören und zu sehen waren, so konnten sie jederzeit auftauchen. So war ich froh, als sich mir eine gute Gelegenheit bot, mit der ich die Hauptstraße verlassen konnte. Weg von dem breiten Weg und hinein in eine der vielen kleinen Seitenstraßen, die überall in dieser verlassenen und zerstörten Stadt zu finden waren. Kleine Geschäfte, soweit ich es sehen konnte, waren dort zu finden. Wie automatisiert suchte ich jeden Bereich nach etwas Brauchbarem ab. Diese Art hatte ich mir einfach nicht enteignen können. Es war in mir drin, jeden noch so kleinsten Strohhalm zu packen, der mir das Überleben sicherte.

BlutrotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt