Haselnussbraune Augen suchten hektisch den ganzen Raum ab und blieben schließlich bei mir hängen. Der Junge, der im Türrahmen stand, starrte mich so intensiv an, dass ich das Gefühl hatte, mein Innerstes vor ihm zu offenbaren. Wir starrten uns weiter an, es kam mir wie eine Ewigkeit vor, doch plötzlich begann er schnelle Handbewegungen zu machen und schrie mir dazu etwas entgegen, was ich jedoch beides nicht verstand. Was wollte er mir damit wohl klarmachen?
Er unterbrach den Blickkontakt, um die Augen zu verdrehen. Galt auch diese Geste mir? Plötzlich setzte er sich in Bewegung, war mit wenigen großen Schritten bei mir und ging vor mir in die Knie nur um mich wie ein kleines Kind hochzuheben. Ich erwachte wieder zum Leben und begann in seinen Armen zu strampeln.
„Lass mich los! Lass mich sofort los!", schrie ich ihn an und versuchte ihn zu schlagen, doch er wich meinen zu Fäusten geballten Händen geschickt aus, obwohl er mich gleichzeitig in den Armen hielt. Wer war diese Person und für was hielt er sich, hier einfach reinzuplatzen, alles zu zerstören und mich zu tragen. Er hatte mich, ohne zu fragen, einfach hochgehoben.
„Hey", unterbrach eine tiefe Stimme meine Gedanken. „Hey! Hör auf so zu zappeln, verdammt!" Er war anscheinend wirklich verärgert darüber, dass ich versuchte mich aus seinen Armen zu winden. Genau aus diesem Grund begann ich, mich noch stärker zu wehren.
„Hast du mir nicht zugehört? Du sollst dich nicht bewegen. Was ist daran so schwer zu verstehen?", wiederholte er sichtlich genervt, „Ich versuche, hier gerade deinen süßen Arsch zu retten und du hast nichts Besseres zu tun, als mich daran zu hindern? Warum versuch ich es dann eigentlich?" Er machte was? Und hatte er gerade behauptet, ich hätte einen süßen Arsch? Was erlaubte er sich eigentlich?
Ich versuchte, mir noch einmal seine Worte ins Gedächtnis zu rufen: 'Ich versuche hier gerade deinen süßen Arsch zu retten', hatte er mir zu verstehen gegeben. Er wollte mich retten? Etwa vor... „Dankeschön!" Schon wieder wurden meine Gedankengänge unterbrochen. „Hä?", antwortete ich irritiert. Für was hatte er sich gerade bei mir bedankt? Ich hörte ihn genervt seufzen, „Ich sagte danke, dass du aufgehört hast zu strampeln, wäre aber auch ganz hilfreich, wenn du deine Dummheit für einen Moment abstellen könntest." Er hatte mich beleidigt. Erst hochgehoben, Anspielungen gemacht und dann beleidigt!
„Was willst du überhaupt von mir?", fragte ich gekränkt. „Das habe ich schon einmal erklärt. Ich bin hier, um dich zu retten..." Ich schien ihn wirklich aufzuregen, denn er hatte schon wieder einen dieser genervten Seufzer von sich gegeben.
Hinter uns ertönten auf einmal wilde Rufe. „Verdammte Scheiße!", fluchte er murmelnd und begann schnell in Richtung Ausgang zulaufen, die entgegengesetzte Richtung aus der die Rufe gekommen waren. „Ich folge dir ja, aber bitte lass mich runter", flehte ich, während er durch die mir inzwischen so bekannten weißen Flure hetzte. „Versprochen?"
„Versprochen!", erwiderte ich und seufzte erleichtert auf, als er mich sanft aus seinem Griff gleiten ließ und ich wieder den Boden unter meinen Füßen spüren konnte. Doch kaum konnte ich dieses Gefühl wieder spüren, wurde ich schon an der Hand gepackt und weiter gezerrt. Doch dieses Mal wehrte ich mich nicht dagegen. Im Gegenteil. Ich versuchte meine Schritte zu beschleunigen und es ihm damit nicht so schwer zu machen, mich hinter sich herzuziehen. Er schien diesen Wink zu verstehen und lockerte den Griff um mein Handgelenk ein wenig, sodass ich das Gefühl hatte, dass wenigstens wieder Blut hindurchfließen konnte.
Hinter einer Ecke blieb er stehen. „Wieso-", wollte ich nach dem Grund fragen, doch er ließ mich mit einer kurzen Handbewegung verstummen. Kurz spähte er wie ein Spion hinter der Ecke hervor und schien nichts zu entdecken, was ihn beunruhigte, denn als er sich wieder zu mir umdrehte, begann er in leisem Flüsterton zu erklären: „Hinter diesem Gang befindet sich eine Tür, die in die Freiheit führt. Sie steht offen-" Wieder hob er die Hand, als er sah, dass ich etwas einwerfen wollte.
„Hör zu! Die Tür steht zwar offen, aber sie müsste nach meinem Eindringen längst abgesperrt worden sein, verstehst du?" Ich nickte bestätigend. „Gut. Das bedeutet nämlich, dass sie uns eine Falle gestellt haben. Sie wollen dich um jeden Preis hierbehalten, aber ich werde dich trotzdem befreien." „Aber wie willst du dann durch den Ausgang kommen, wenn das wirklich eine Falle ist?" Ich schaute ihn fragend an, während ich den gleichen Flüsterton übernommen hatte, wie er ihn verwendete.
„Ja, das ist eine gute Frage-" Er wurde von einem weiteren Ruf unterbrochen, der sich dieses Mal noch näher anhörte als beim letzten Mal. Auch die Alarmglocke, die ich mit der Zeit gar nicht mehr gehört hatte, drang nun wieder schrill zu meinen Ohren durch. Langsam spürte ich die Panik in mir hochsteigen. Wieso passierte mir das alles? Aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, mir diese Frage schon oft gestellt zu haben.
Ich spürte, dass auch er immer unruhiger wurde und seine genervte Fassade mit jeder Sekunde mehr schwand. Es war als könnte ich in seinen Kopf schauen und sehen, dass er gerade mit sich rang: Sollte er es wagen in die Falle zu tappen oder auf die Verfolger warten? Doch er wartete mit seiner Entscheidung anscheinend zu lange, denn plötzlich ertönten hinter uns laute Schritte und als wir uns beide gleichzeitig umdrehten, sahen wir, wie mit Messern und Schusswaffen bewaffnete Männer, ja fast schon Soldaten, auf uns zugestürmt kamen. Ich spürte eine Bewegung an meinem Ohr und kurz darauf flüsterte er mir ins Ohr: „Bleib wo du bist, könnte ein wenig unschön werden." Mit diesen Worten ließ er mich einfach stehen und rannte den Angreifern entgegen.
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Ich habe es doch noch geschafft, zumindest ein kleines Kapitel für heute zu schreiben. Ich hätte aber noch ein paar kleine Fragen an euch: Würdet ihr es genauso machen wie er? Einfach auf die Angreifer zustürmen, oder doch erst nach einer anderen Möglichkeit suchen und wenn möglich einen Kampf vermeiden? War es mutig oder kopflos von ihm? Schreibt es mir gerne mal in die Kommentare!
Liebe Grüße, Julia❤
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Shadow of your life, the story of a werewolf [Pausiert]
Werewolf»Ich habe mir Sorgen um dich gemacht, Allison«, flüsterte Alec und ich schaute ihn für einen Moment ausdruckslos an, während sich in mir die ganze aufgestaute Wut und die Enttäuschung sammelte. »Du hast dir also Sorgen gemacht?«, fragte ich nach ein...