Kapitel 31

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Aubreys Sicht

Es war ein tiefer Kuss.
Mein Herz klopfte zum Zerspringen. So schnell wie noch nie. Unsere Oberkörper waren sich so nah wie nur möglich und ich spürte, das sein Herz genauso heftig pochte.

Es dauerte lange Zeit, bis wir wieder ein Stück voneinander abrückten. Mit jedem weiteren Kuss hatte ich das Gefühl er konnte noch besser küssen. Wie betäubt lief ich neben ihm zu seinem Auto zurück. Jeder schien in seinen Gedanken vertieft zu sein.

Vor meiner Wohnungstür hielt er.
Langsam drehte ich mich zu ihm. Wenn ich ihn ansah und an den Kuss vorhin dachte, konnte ich das Prickeln in meinem Bauch nicht mehr leugnen. Würde er mich zum
Abschied wieder küssen?
Ich wünschte es mir so sehr...
Erwartungsvoll hielt ich die Luft an, als er sich zu mir rüber beugte. Leider steiften seine Lippen nur meine Wange, während er mich abschnallte.
"Ich bringe dich noch hoch..." murmelte er mit einer sehr rauen Stimme, warf mir noch einen Blick zu und stieg aus.
Ziemlich enttäuscht stieg ich aus.

Oben vor der Tür angekommen trat ich verlegen von einem Fuß auf den anderen. "Also dann..."
Nate strich mir die Haare aus dem Nacken und fuhr zart mit den Lippen über meine Haut hinter dem Ohr.
Ein Schauer überfuhr mich als ich seinen Atem nur allzu deutlich spürte.
"Gute Nacht..." flüsterte er und wand sich langsam ab.
Eine Schwere legte sich auf meine Brust und der Drang ihn zu küssen wurde unerträglich.
"Nate!" rief ich ihm nach.
Sofort drehte er sich um, und bevor er noch etwas sagen konnte oder ich meine Entscheidung ändern konnte, schlang ich meine Arme um seinen Hals und küsste ihn.
Überrumpelt erwiderte er meinen Kuss.
"Gute Nacht..." murmelte ich verlegen als wir uns wieder lösten. Schnell schloss ich ohne einen Blick zu ihm zu wagen die Wohnungstür auf und verschwand dahinter.
Nur um direkt vor Ashley zu stehen.

"Was...?" stammelte ich erschrocken. Kurz sah sie ertappt aus, verschrenkte dann aber ihre Arme wütend vor der Brust.
Ich sah zwischen ihr und dem Türspion mehrmals hin und her.
Ashley hob fragend eine Augenbraue.
"Gehts noch??" schrie ich sauer. Sie musste gar nicht so unschuldig tun.
Verächtlich schnaubte meine Schwester und stemmte ihre Hände in die Hüfte. "Wie war das noch gleich...? Neeein zwischen dir und Nate läuft gar nichts..."
Ich fuchtelte ärgerlich mit den Händen in der Luft herum. "Was soll das hier?"
Sie spionierte mir eindeutig hinter her!

"Du machst dich an meinen Ex ran!"
"Das stimmt überhaupt nicht..." verteidigte ich mich gleich.
"Das sehe ich!" rief Ashley beleidigt.
Mir reichte es. "Schön...ok, ja es läuft etwas zwischen uns. Aber wie du sagtest...er ist dein Ex!"
"Das ist abartig!"
Ich schenkte ihr keine Beachtung mehr und ging an ihr mit erhobenem Haupt vorbei zu meinem Zimmer. Bevor ich die Tür hinter mir schloss hörte ich nur noch wie Ashley eifersüchtig kreischte: "In die Wohnung hier kommt er ganz sicher nicht mehr! "

In der Nacht schlief ich unruhig. Mein schlechtes Gewissen gegenüber meiner Zwillingsschwester hielt sich in Grenzen. Keine Ahnung was das über mich aussagte. Immerzu musste ich an Nates Lippen denken. Weswegen ich Ashely jetzt mal außen vor ließ. Ich hatte noch nie so starke Gefühle für jemanden, wie für Nate. Ich hatte das Gefühl....es bedeutete etwas mit ihm.

Völlig in Gedanken versunken erschreckte ich mich als Ally mich plötzlich vom hinten umarmte.
"Und wie wars?"
Da es gleich zum Unterrichtsanfang klingelte, erzählte ich ihr alles in Kurzfassung. Dabei haftete mein Blick auf Nates Auto. Er war also schon da.

Kurz bevor Ally und ich das Klassenzimmer betraten sah ich ihn auch von weitem an den Schließfächern mit seinem Kumpel Trey.
"Hallo, Erde an Aubrey?" Ally schnipste vor meinem Gesicht herum und entdeckte dann auch die Quelle für meine Unaufmerksamkeit.
Sie stieß ihren Ellenbogen leicht in meine Rippen und zog mich ins Klassenzimmer.
Kopfschüttelnd betrachte sie mich. "Du strahlst die ganze Zeit."

Unbeirrt lächelte ich weiter."Ich schätze ich bin glücklich..."
"Das ist schön. Aber mach es nicht so auffälig, sonst denkt jeder hier noch du wärst auf Crack..." murmelte sie.
Wir setzten uns und wohl oder übel ließ ich den ätzenden Unterricht über mich ergehen. Auch am Nachmittag, auf dem Weg zur Bibliothek, grübelte ich über Nate nach. Vielleicht konnte doch noch etwas aus uns beiden werden...

Ein Mann namens Ted, der auch ab und zu eine Bibliotheks Schicht übernahm, saß hinter dem Tresen.
Ich löste ihn ab und griff nach ein paar Büchern die unordentlich herum lagen.
"Ich bleibe noch eine Weile...will das hier noch zu Ende lesen.." meinte er völlig vertieft in ein Buch. Ich nickte und machte mich daran ausgeliehene Bücher wieder in die Regalreihen zu sortieren. Um die Uhrzeit waren zum Glück immer nur sehr wenige Schüler in der Bibliothek.

Leise vor mich hin singend lief ich durch die Reihen.
Plötzlich packten mich zwei Hände von hinten an den Schultern. Erschrocken zuckte ich zusammen und fuhr auf alles gefasst herum.
Mein Herz stand kurz vor einem Herzinfarkt und beruhigte sich auch nur langsam als ich in Nates funkelnde Augen blickte.
"Mein Gott!" Zitternd holte ich Luft. "Du hast mich vielleicht erschreckt..."
Lächelnd steckte er die Hände in die Hosentaschen." Hey."

"Hi." erwiderte ich und versuchte mich durch seinen brenenden Blick nicht aus der Ruhe bringen zu lassen.
Ich tat besser mal so als würde es mich nicht wahnsinnig freuen ihn hier zu sehen...
"Wie geht's dir?" fragte er. Überrascht warf ich einen Blick über die Schulter zu ihm und schob ein weiteres Buch ins Regal.  "Ähm gut, danke..."

Nervös drückte ich das Buch in meiner Hand an meine Brust, als er näher trat. Sofort umfing mich sein einzigartiger Geruch bei dem ich glatt dahinschmelzen hätte können.
"Und...dir?" fragte ich ganz atemlos.
Lässig lächelte er und betrachtete ausgiebig mein Gesicht."Auch gut."
Mein Gesicht lief rot an. Ich riss meinen Blick von seiner stahlharten Brust los und umklammerte das Buch in der Hand heftiger. Höchste Zeit das ich meinen Körper mal in den Griff bekam..."Jetzt sag schon endlich Nate...warum bist du hier?"

Für eine Millisekunde berührte er meine Wange mit den Knöcheln seiner Finger. Bevor ich es überhaupt realisieren konnte war die sanfte Berührung schon vorrüber.
"Ich wollte dich sehen..."
Skeptisch hob ich eine Augenbraue um meine Freude zu überspielen.
"Und..." Mit einer Hand stützte er sich links von meinem Kopf am Bücherregal ab. "...weil ich dich fragen wollte ob wir zusammen Hausaufgaben machen wollen. Ich könnte deine Hilfe echt gebrauchen..."
"Hausaufgaben...?" Wow. Nate bat mich um Hilfe und dann ging es sogar noch um Hausaufgaben.
"Ernsthaft?" hakte ich nach. Nate nickte.
Ich scannte sein Gesicht. Meinte er es wirklich ernst?
"Wir reden hier aber schon von schulischen Hausaufgaben oder nicht? "vergewissert ich mich.
Nates Mundwinkel zuckten leicht, während er nickte. "Über Kunst, ja."

Als er eine Hand ausstreckte, hielt ich automatisch die Luft an.
Langsam fuhr er mit seinen Fingern durch meine Haare.
"Gegen eine andere Art von Hausaufgaben hätte ich aber auch nichts einzuwenden..." murmelte er und kam mir noch näher.
Früher hätte ich gleich postwendent protestiert und ihm den Vogel gezeigt aber jetzt war ich viel zu paralysiert um überhaupt einen Ton heraus zu bringen.

Seine Schulter streifte meine, als er sich vorbeugte. Ich konnte nur noch auf seine Lippen starren.
Gerade als sich unsere Nasenspitzen berührten wurden wir unterbrochen.
Von Ted.
"Aubrey? Hey, du sollst hier arbeiten und nicht herum turteln!"
Sofort trat ich erschrocken einen Schritt zur seite von Nate weg. Sofort vermisste ich seine Nähe. "Wir turteln nicht..." murmelte ich peinlich berührt.

Nate schien überhaupt kein Problem damit zu haben, das wir in der Bibliothek zurechtgewiesen wurden...
Wie selbstverständlich schob er seine Finger zwischen meine. "Und, was ist jetzt? Ich brauch echt Hilfe bei dem Interpretieren dieses 400000 Euro Bildes..."
Ich stimmte zu, dass wir es gemeinsam machen konnten, nur die Frage war noch bei wem wir uns treffen würden.

"Bei mir ist nicht aufgeräumt...wir können nachher notfalls aber trotzdem zu mir."
"Nachher gleich? " fragte ich überrascht und durchforstet mein Gehirn. "Meine Schwester müsste sich gleich mit ihren Freundinnen zum shoppen treffen...das heißt bei mir wäre es auch ok."
Nate nickte lächelnd. "Gut, alles klar."
Ted warf noch einmal einen neugierigen Blick zu uns.
Schnell schob ich das letzte Buch ins Regal. "Ich hab hier um 16 Uhr schluss..."
Nate nickte. "Ich warte draußen auf dich."
Bevor ich protestieren konnte, weil er so lange auf mich warten wollte, war er schon weg.

Seufzend sah ich ihm nach und machte mich dann mit einem glückseligen Lächeln weiter an die Arbeit.

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