Kapitel 34- Wo? Wie? Wer? Warum?

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Hallo! 

Kurzes Kapitel, ich weiß, aber ich wollte diese Woche unbedingt nochmal posten und vom Inhalt her passt es sowieso besser so. 

Viel Spaß beim Lesen und bis zum nächsten Kapitel, 

Eva x 

...

NOCH NICHT KORRIGIERT

Als ich aufwache, sehe ich zuerst mal nichts, sondern spüre vor allem etwas. Die Kälte. Ich spüre sie bis in die Knochen und ein Schauer schüttelt meinen ganzen Körper durch.

Der Grund, warum ich zuerst etwas spüre und dann etwas sehe, ist ganz einfach, weil es extrem dunkel hier ist. (Wo auch immer hier ist.) Meine Augen brauchen ein paar Minuten, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, und als sie es tun, erkenne ich, dass ich mich auf dem Boden eines kleinen, dunklen Raums befinde.

Der Raum ist so ziemlich der abstoßendste und hässlichste Ort, an dem ich je war: Die Wände sind braun und voller Flecken- manche davon in merkwürdigen Farben, und ich will wirklich nicht wissen, woher sie kommen-, der Boden ist aus kalten, ungemütlichen Fliesen und ich bin mir ziemlich sicher, dass diese sich bewegenden, glänzenden Dinger da Käfer sind. Außerdem riecht es hier ähnlich wie auf der öffentlichen Toilette, was ich als kein gutes Zeichen sehe.

Doch das Gruseligste am Raum ist immer noch die Tatsache, dass hier nichts ist außer ich. Keine Möbel, keine Dekoration, keine Fenster, nichts. Noch nicht mal eine Scheißlampe. Nur eine Tür. Eine Tür und ich.

Ich frage, wozu dieser Raum gedacht ist. Ein Raum kann doch nicht einfach leer sein. Und wenn man mal annimmt, dass das ich gefangen geworden bin –was höchst wahrscheinlich der Fall ist- und das hier also mein Gefängnis ist, dann ergibt das immer noch keinen Sinn. Selbst Gefangene werden doch nicht in solchen unmenschlichen Umständen festgehalten.

Oder?

Plötzlich fängt mein Herz an, schnell zu klopfen.

Wer hat mich hierher entführt? Wo bin ich überhaupt? Wie lange bin ich schon hier? Wo zum Teufel ist Chaz?

Das Blut gefriert mir in den Adern, als ich an meinen Lieblingsmenschen denke, sein Gesicht im hellen und grünen Wald, glücklich und entspannt und liebevoll. Und wie es dann in einer Sekunde zu besorgt gewechselt hat... Hat Chaz gesehen, wer uns entführt hat? Falls er überhaupt mitentführt wurde. Was, wenn sie ihn einfach nur umgebracht haben?

Meine Hände werden ganz verschwitzt, und ich versuche, mich selber zu beruhigen. Die Situation ist auch so schon scheiße genug, ich kann jetzt nicht auch noch hyperventilieren.

Chaz geht es sicher gut. Obwohl, gut ist wahrscheinlich ein starkes Wort, aber er wurde ganz sicher nicht umgebracht. Warum sollte man ihn umbringen und mich nicht? Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Wir wurden sicher beide entführt. Was könnten unsere Entführer schon von mir wollen, was sie nicht auch von Chaz haben könnten?

Ich debattiere mit mir selber, ob die Europäer oder die Australier unsere Entführer waren. Jemand anders könnte es nicht sein, andere Feinde hat der Staat gerade nicht. Natürlich gibt es auch innerstaatliche Feinde –Serienmörder, Psychopathen, und so weiter- aber ich sehe wirklich nicht, was die von Chaz und mir wollen sollten. Außerdem sagt mir mein Gefühl, dass ich, wo auch immer ich mich gerade befinde, nicht mehr auf amerikanischem Boden bin.

Die Europäer sollten eigentlich gar nicht über meine Existenz Bescheid wissen, nicht, dass ich wüsste jedenfalls – sicher, ich bin schon ein paar Mal in den Serien vorgekommen, aber immer nur in Verbindung mit Selena oder weil ich das Turnier gewonnen hatte. Nichts Besonderes, und vor allem nichts, was die Europäer jetzt besonders provoziert oder anspricht. Sicher, ich habe mich schon mehrmals gegen ihre Angriffe auf uns gewehrt, aber jedes Mal inkognito. Sie sollten eigentlich nichts gegen mich haben.

Die Australier hingegen hassen mich viel mehr. Für sie bin ich einer ihrer größten Staatsfeinde, und sowohl ist es Chaz. Ihrer Meinung nach haben wir Kings Tod von Anfang geplant. Ich soll ihn in eine Falle gelockt und Chaz ihn umgebracht haben. Das ist natürlich kompletter Schwachsinn – Kings ist durch Chaz Hand gestorben, das ist wahr, aber es war Zufall und Selbstverteidigung und kein hinterhältiger Plan- und die Australier ignorieren immer gerne die Tatsache, dass Kings eigentlich meinen Tod geplant hatte und nicht andersrum, aber es ändert nichts daran, dass alle Australier Chaz und mich hassen und uns einen grausamen Tod wünschen. Wenn schon, dann würde es also mehr Sinn ergeben, dass die Australier uns entführt haben.

Mein Rücken brennt, und ich ächze. Ich hatte noch nie in meinem Leben so starke Rückenschmerzen, schließlich habe ich einen jungen und gesunden Körper. Um jetzt solche Schmerzen zu haben, muss ich sehr lange bewusstlos und in dieser ungemütlichen Position –auf dem Boden, mit dem Rücken an der kalten Wand liegend- gewesen sein.

Nachdenklich streiche ich über das Pflaster, das sich auf meiner Schulter befindet. Ich vermute, dass mir meine Entführer mir im Wald da irgendeine Art von Einschläferungsmittel reingeschossen haben. Es kann nicht sein, dass mein Körper natürlicherweise so lange ohnmächtig war.

Da mir klar wird, dass ich hier wahrscheinlich eh noch verdammt lange alleine rumhocken werde, beschließe ich, darüber nachzudenken, wie ich mich jetzt eigentlich fühle. Das mache ich auch immer in Alltagsituationen, und das hier ist zwar keine Alltagssituation, aber meinen Kopf ein wenig aussortieren würde mir trotzdem guttun.

Ich habe Angst, das ist klar. Ich meine, wen wundert's? Ganz alleine bin ich hier, und ich habe keine Ahnung, warum. Keine der einzigen W-Fragen, die ich mir jetzt stelle, kann ich beantworten, und das ist beängstigend. Daran bin ich nicht gewöhnt. Der schlimmste Moment meines Lebens –nach diesem hier- war, als ich im Flugschiff von Kings aufgewacht bin, und selbst damals wusste ich wenigstens ganz genau, wo ich war, wer meine Feinde waren, und was ich zu tun hatte.

Jetzt bin ich schlicht und einfach ratlos.

Zu dieser Angst, die ich habe, kommt deshalb auch die mich wahnsinnig machende, fast zerfressende Neugier. Ich kann es kaum erwarten, mehr zu erfahren, denn auch wenn mir das nicht unbedingt gefallen wird, ist es immer besser als das hier.

Schlimmes zu wissen ist besser, als gar nichts zu wissen.

Genau, als ich das denke, wird die Tür aufgeschwungen, und meine Augen fahren sofort hoch. Vor mir steht eine Frau mit fettigen blonden Haaren und mehr Piercings als Haut.

„Komm mit mir," sagt die Frau, und ich kann sofort ihren Akzent raushören: Sie ist Europäerin. Ich lag also falsch mit meiner Vermutung.

Ich stehe auf und lasse mich von ihr wegführen. Ich spüre, dass es besser für mich ist, wenn ich ihr keine Fragen stelle. Sie führt mich durch einen dunklen Gang nach dem anderen, und ich versuche, mir ihren Weg für spätere Fluchtversuche zu merken, doch schnell verliere ich den Überblick. Es scheint ein wahres Labyrinth hier zu sein. Fast so schlimm wie im Kriegerzentrum.

Beim Gedanken an das Kriegerzentrum bekomme ich einen Stich ins Herz. Ah, wie sehr ich mein Zuhause vermisse. Und meine Freunde. Und Selena. Ob es ihnen gut geht? Haben sie schon gemerkt, dass Chaz und ich fehlen? Wenn ja, was werden sie dagegen tun?

Wir scheinen unser Ziel erreicht zu haben, denn die Frau hält in einem großen, königlich aussehenden Raum an. Und am anderen Ende des Raums... ich kneife die Augen zusammen. Ist das etwa ein verfickter Thron? Ich wusste gar nicht, dass es heute so etwas noch gibt.

Auf dem Thron sitzt ein Mann, der mich mit grimmiger Miene anstarrt, als ich mit der Frau gemeinsam auf ihn zulaufe, und neben ihm erkenne ich einen blonden Lockenschopf. Erleichterung breitet sich in mir aus. Gott sei Dank.

Chaz lebt, und es scheint ihm gut zu gehen, jedenfalls ist er in der Lage, ganz normal zu stehen. Als er mich erkennt, taucht Hoffnung in seinen meerblauen Augen auf und lässt die Wellen in ihnen stärker werden, und er schenkt mir ein müdes Lächeln.

Er sagt aber weder meinen Namen noch rennt er auf mich zu, wie es eigentlich tun sollte. Ein mulmiges Gefühl breitet sich in mir aus. Irgendetwas läuft hier gewaltig falsch.

Ich werde gleich erfahren, warum ich hier bin, und irgendetwas sagt mir, dass mir die Antwort darauf nicht besonders gefallen wird. 

Monique Vasquez: Der Junge, der verloren gingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt