Monique Vasquez: Der Junge, der verloren ging

Matt

So, ich dachte, ich zeige euch mal, was im Kriegerzentrum zur selben Zeit so abgeht. Viel Spaß beim Lesen! 

Bis zum nächsten Kapitel,

Eva xx 

...

„Manche von euch müssen sich ein bisschen mehr den Arsch bewegen. Ende des Schuljahres heißt nicht gleich Ende der hohen Leistung, und euch bleiben noch ein paar Wochen. Die Noten wurden noch nicht beschlossen, vergesst das nicht, also Anstrengung bis zur letzten Minute bitte."

Es ist das Ende meiner Schießstunde mit der zweiten Klasse, und ich habe jetzt eine Stunde frei. Ich kann es kaum erwarten. Bevor Chaz und Mona entführt würden, war ich ein Workaholic, ich mochte es, in der Nähe der Jugendlichen zu sein und mit ihnen zusammenzuarbeiten (auch wenn ich ihnen das nicht unbedingt gezeigt habe), doch seitdem Chaz und Mona entführt wurden... die Trauer in mir wird jeden Tag durch die niedergeschlagenen Kinder verstärkt. Ich weiß nicht, wie ich ihnen helfen soll.

Der Schulsenator Harry meint, ich kann ich ihnen gar nicht helfen, sie müssen selber lernen, mit dem Schmerz umzugehen. Ich vermute, dass er mir das gesagt hat, um mich zu trösten, doch ich weiß nicht, wie verfickt mich das trösten soll. Wenn es etwas tut, dann ist es, mich zu deprimieren und zu frustrieren. Die Europäer haben gewonnen. Dank ihnen fühlen wir uns jetzt alle hilflos, und wütend, und einsam.

Als wir erfahren haben, dass es die Europäer sind, die für das Verschwinden von Chaz und Mona verantwortlich sind, konnten wir es zuerst nicht fassen. Wir hätten nie gedacht, dass sie es so weit bringen würden. Dann kam unter den Kriegern erst einmal der Wunsch nach Rache auf, doch überraschenderweise war der Militärssenator Jack Goldman, unter anderem mein großer Bruder, dagegen. Es ginge nicht mehr um Rache, meinte er, sondern einfach nur darum, das Leben zweier unschuldiger Jugendlicher zu retten. Deshalb sind unsere Geheimkräfte dabei, den genauen Standort von Chaz und Mona herauszufinden. Einen großen Angriff gegen die Europäer wird es nicht geben, wie Jack gestern im Fernsehen angesagt hat.

Ich habe mit Jack nicht sehr viel geredet in den letzten Wochen. Wir waren beide beschäftigt, er mit der Planung der Rettung Chaz und Monas, ich als General der Schulbranche damit, eine solche Entführung in der Zukunft zu vermeiden, indem ich die Sicherheitsmaßnahmen für die Schüler verschärft habe. Maßnahmen, über die sich zu anderen Zeiten jeder beschwert hatte, jetzt aber alle ohne Protest hingenommen haben, was ein weiteres Mal den Schock der Schülerschaft beweist.

Jack hat sich relativ gefasst benommen, was schließlich auch seine Verpflichtung als Senator ist, doch seine (wenigen) Freunde haben mir erzählt, dass er sich außerhalb der Arbeitszeiten immer mehr zurückzieht. Ich spüre, dass Jack seine eigenen Gründe hat, von der Entführung Chaz und Monas so betroffen zu sein.

Selena hingegen ist natürlich ein einziges Chaos. Sie verlässt kaum noch ihre Wohnung. Sie schminkt sich nicht mehr, sie trägt keine Kleider mehr, sie pflegt sich allgemein nicht mehr. Sie ist dauerhaft am Weinen. Ihre Generälinnen und Generäle führen im Moment ihre Funktion aus, da sie dazu absolut nicht in der Lage sind. Obwohl ich Selena noch nie sehr gut leiden konnte, habe ich sie in den letzten zwei Wochen, seitdem ihre Schwester und der Freund dieser entführt wurden, oft besucht und mit ihr geredet. Es ist nicht die richtige Zeit, um Leute aus unnötigen Gründen zu hassen, vor allem nicht, wenn es andere Menschen da draußen gibt, für die es wirklich einen Grund gibt, sie zu hassen.

Die Schüler laufen nacheinander bei mir vorbei, sich von mir verabschiedend als sie aus dem Raum gehen. Die zweite Klasse war noch nie eine sehr leistungsstarke Klasse, doch nach der Entführung ist diese Leistung noch weiter runtergegangen, und ich fühle mich schlecht dafür, so zu tun, als wüsste ich nicht genau, warum das der Fall ist, und als könnte ich die Schüler nicht genau verstehen.