Als ich den Kiesweg zu dem riesigen Gebäude meines Vaters hochgehe, drehe ich mich um.
Gegenüber ist das Haus von Coles Familie. Zumindest wohnte er früher dort, bei seinem Vater, genau wie ich heute. Jetzt scheint es etwas verloren, im Gegensatz zu dem imposanten Anwesen meines Vaters wirkt es fast verfallen.
Ich betrete das Gebäude und horche, ob irgendjemand meiner Geschwister zu Hause ist. Ich höre nichts.
Die meisten sind wahrscheinlich noch in der Schule. Meine jüngste Schwester ist mit dem Kindermädchen irgendwo.
Seltsam, allein zu sein. Bei so einer großen Familie, insgesamt sechs Kinder und unser nie anwesender Vater, bin ich selten als einziger hier.
Ich gehe in die Küche und beginne, mir etwas Essbares zu machen. Natürlich haben wir eigentlich eine Köchin, aber ich weigere mich höflich, Essen von ihr anzunehmen. Unser Vater muss seine reiche Position echt nicht so ausnutzen, wie er es immer tut, ich kann ja wohl selbst kochen, danke. Außerdem ärgert es ihn unheimlich, wenn ich genau das mache, was er verabscheut.
Mittlerweile kann ich ganz gut kochen, aber ohne die Wünsche von Noah weiß ich nicht, was ich machen soll. Seufzend sehe ich in den doppeltürigen Kühlschrank und sammle ein paar Zutaten zusammen.
Eine halbe Stunde später sitze ich am Boden des Esszimmers vor der Glasfront, starre auf den sanft fallenden Schnee, esse Spaghetti und denke nach.
Verfluchte Schule. Verfluchte Menschen.
An Josh will ich nicht denken, aber es ist sowieso jemand anderer, der meine Gedanken nicht loslässt.
Wieso wohnt Cole wieder hier?
Erinnerungen durchzucken mich wie kleine Blitze meiner Vergangenheit.
Wir spielten fast jeden Tag in meinem Garten, waren Piraten oder Astronauten, manchmal auch Ritter. Liv war die Prinzessin, die ich beschützen und Cole vor mir retten wollte. Meistens führte das zu einem Streit, weil Liv eigentlich gar nicht gerettet werden wollte und ich es hasste, wenn Cole nicht mehr nur mit mir allein spielte. Ständig stritten wir uns und doch waren wir die besten Freunde.
Bis zu diesem Tag. Und dann war es vorbei und er war weg und...
Schnell springe ich auf und versuche, an etwas anderes zu denken. Irgendwie muss ich mich ablenken. Am besten hilft dagegen backen.
Das ist keinesfalls unmännlich, okay? Noah zieht mich manchmal ein bisschen damit auf, aber er frisst dann sowieso immer die Hälfte von dem, was ich backe.
Ich habe Lust auf Brownies.
Im Hintergrund lasse ich Songs von einer meiner Lieblingsbands laufen, suche Eier und Mehl und Zucker und Schokolade und Butter.
Wirklich erstaunlich, was eine vollgefüllte Vorratskammer so alles hergibt.
Gerade als ich gemeinsam mit dem Frontsänger die Brownies-Masse ansinge, unterbricht mich das Klingeln unserer Haustür.
Genervt verdrehe ich die Augen.
Wahrscheinlich einer meiner Brüder oder Schwestern. Wieso kann niemand in dieser Familie seinen verdammten Schlüssel einfach mitnehmen und auch verwenden?Mit dem Schneebesen in der Hand öffne ich die Tür.
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boy stories
Teen FictionEr war die Art von Freund, mit der man Astronaut spielt, mit der man zum Mond fliegt, in einem selbst gebastelten Raumschiff. Ein Freund, mit dem man nachts Glühwürmchen fängt und sie freilässt, damit sie zu Sternen werden können. Mondgesicht x Ste...